Schwerin. Die Zeugenaussage von Ministerpräsidentin Schwesig am Montag gilt als Höhepunkt des Wohlfahrtsuntersuchungsausschusses im Schweriner Landtag. Sie widerspricht einem gravierenden Vorwurf.

Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hat am Montag im Wohlfahrtsuntersuchungsausschuss des Landtags den Vorwurf zurückgewiesen, die großen Sozialverbände hätten dem Land diktiert, was in welchem Umfang zu fördern sei. Das Sozialministerium habe immer die Steuerung in der Hand gehabt, auch wenn es zunächst keine Förderrichtlinien gegeben habe, sagte sie in ihrer drei Stunden dauernden Zeugenanhörung. "Niemand konnte machen, was er wollte." Die Förderung habe immer auf starken rechtlichen Grundlagen, wie dem Landeshaushalt und der Landeshaushaltsordnung, gestanden.

Ähnlich äußerte sich ihre Nachfolgerin im Amt von 2014 bis 2016, Birgit Hesse (SPD). "Zu jeder Zeit waren Anträge zu stellen und es konnte auch passieren, dass Anträge nicht bewilligt wurden", sagte die heutige Landtagspräsidentin in ihrer Zeugenvernehmung. Ja, es habe Gesprächsrunden mit Verbandsvertretern gegeben, in denen Ziele gemeinsam abgesteckt worden seien, "aber letztlich mussten doch Anträge gestellt werden".

Schwesig erläuterte, während ihrer Amtszeit als Sozialministerin sei auch an Richtlinien gearbeitet worden. Die Arbeit habe bereits 2007 begonnen; die entsprechende Empfehlung des Landesrechnungshofs 2009 habe man als Bestätigung empfunden. In Kraft traten die Richtlinien für die freie Wohlfahrt allerdings erst 2014. Grund waren laut Schwesig umfangreiche Abstimmungen, die nötig gewesen seien. Schon vor dem Inkrafttreten seien die Richtlinien aber vom Landesamt für Gesundheit und Soziales bei der Bewilligung von Anträgen berücksichtigt worden.

Schwesig war als Zeugin geladen, weil sie von 2008 bis 2013 Landessozialministerin war. Nach ihr und Hesse saß dann auch noch die amtierende Sozialministerin Stefanie Drese (SPD) im Zeugenstand. Nach ihren Worten gab es seither doch einiges in dem Bereich zu tun. "Mehr Transparenz und Steuerung ist das Gebot der Stunde für die freie Wohlfahrtspflege", sagte sie.

Drese brachte seither ein Wohlfahrtsfinanzierungs- und -transparenzgesetz auf den Weg, das der Landtag im November 2019 beschloss. Außerdem etablierte sie eine Transparenzdatenbank. Dort sind alle Förderungen ab 25 000 Euro im sozialen Bereich in einem Jahr verzeichnet, wie die Ministerin erläuterte. Die Sozialverbände haben außerdem eine Transparenzerklärung unterschrieben.

Der Ausschuss untersucht die Landesförderung der Sozialverbände in MV in den Jahren 2010 bis 2016, nachdem der Landesrechnungshof kritisiert hatte, dass die Spitzenverbände Zuschüsse untereinander nach einem selbst festgelegten Schlüssel aufgeteilt hätten. Parallel gab es einen Finanzskandal bei der Awo Müritz um überhöhte Gehälter und Postengeschacher. Auch dieser Skandal spielt in dem Untersuchungsausschuss immer wieder eine Rolle.

Dazu sagte Schwesig in ihrer Zeugenanhörung, wenn jemand Geld für Soziales für eigene Zwecke nutze, müsse das rückhaltlos aufgeklärt werden. Im Fall der Awo Müritz hat es auch schon ein Gerichtsurteil gegeben: Der Ex-Geschäftsführer Peter Olijnik muss 390 000 Euro zu Unrecht bezogenes Gehalt zurückzahlen.

Die Regierungschefin betonte die Bedeutung der Wohlfahrtsverbände für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Deshalb sei deren Arbeit zu schützen und zu unterstützen, was auch in der Landesverfassung niedergelegt sei. In der freien Wohlfahrt arbeiten in Mecklenburg-Vorpommern nach ihren Worten 58 000 Haupt- und 150 000 Ehrenamtliche in quasi allen Lebensbereichen der Bürger - von der Schwangerschaftsberatung bis zum Hospiz. Sie trügen wesentlich dazu bei, das Leben im Nordosten lebenswert zu machen.

Die Landtagsfraktionen reagierten unterschiedlich auf die Zeugenaussagen. Der Obmann der SPD, Dirk Stamer, sagte, der Vorwurf des Förder-Missbrauchs sei endgültig verpufft. Es habe nur ein Fehlverhalten Einzelner in der Wohlfahrt gegeben. Es dürfe keinen Generalverdacht gegenüber den vielen Rechtschaffenen geben. Das könne das neue Transparenzgesetz leisten.

Die Linke zeigte sich enttäuscht von Schwesig. Ihre Aussage habe sich darin erschöpft, "dass es rechtliche Grundlagen der Förderung gab, Anträge gestellt und Verwendungsnachweise geführt werden mussten", sagte die Obfrau der Partei, Karen Larisch. Der Obmann der AfD, Thomas de Jesus Fernandes, kritisierte, "dass Frau Schwesig allen Ernstes meint, die Förderung der Wohlfahrtsverbände gesteuert zu haben, ohne Förderrichtlinien gehabt zu haben".