Sassnitz. Die Küstenfischer fühlen sich zu Unrecht an den Pranger gestellt und wehren sich gegen Vorwürfe, die Fischbestände ohne Rücksicht auszubeuten und den Meeresboden zu zerstören. Die jüngste Greenpeace-Aktion stößt auch bei ihnen daher auf massive Kritik.

Küstenfischer aus Mecklenburg-Vorpommern haben am Montag in Sassnitz auf Rügen zusammen mit ihren Familien gegen die aktuelle Fischereipolitik und die jüngste Greenpeace-Aktion in der Ostsee protestiert. "So schwer wie jetzt hatten es die Fischer noch nie. Zu den drastischen Fangbeschränkungen kommen nun auch noch Anfeindungen durch Umweltaktivisten, die unseren Berufsstand mit Füßen treten", sagte Alexander Steffen, einer der Initiatoren der Protestaktion.

Anlass war das illegale versenken von großen Steinen in der Ostsee Ende Juli durch Greenpeace. Nach Angaben der Umweltorganisation soll damit das Schutzgebiet Adlergrund östlich von Rügen vor der Zerstörung durch das Fischen mit Grundschleppnetzen geschützt werden. Nach Angaben der Polizei beteiligten sich an der Kundgebung im Stadthafen etwa 100 Menschen.

Darunter war auch Agrar- und Fischereiminister Till Backhaus (SPD). "Dass Greenpeace auf dem Adlergrund Steine versenkt, ist nichts anderes als ein schlechter PR-Gag. Unsere Fischer sind schon seit Jahren nicht mehr zum Adlergrund gefahren", sagte der Minister. Daher lehne er "diese Art des Berufsprotestes ab, der auf dem Rücken einer am Boden liegenden Branche ausgeführt wird". Laut Backhaus ist seit 1989 die Zahl der Fischereibetriebe im Land um 85 Prozent eingebrochen. Von ehemals 1380 existierten inzwischen nur noch 220.

Steffen wandte sich gegen Vorwürfe, die Fischerei achte aus Profitstreben nicht auf die Natur. "Gerade wir als Kutter- und Küstenfischer sind doch darauf angewiesen, nachhaltig zu wirtschaften, wenn die Fischerei nicht ganz aussterben soll", sagte er.

Kritisch äußerte sich Steffen allerdings zu den wissenschaftlichen Bestandsprognosen, die Grundlage für die Festlegung der Fangquoten etwa für Hering und Dorsch sind. "Die Laichplätze verändern sich. Das wird bei den Bestandserhebungen einfach zu wenig beachtet", beklagte der 32-jährige Fischer, der den Familienbetrieb auf Usedom nach eigenen Angaben in dritter Generation führt.

Die regelmäßigen Kürzungen der deutschen Fischfangquoten in der Ostsee haben maßgeblich mit dazu beigetragen, dass immer mehr Fischer ihre Netze an den Haken hängen. Nach Angaben des Landesverbandes der Kutter- und Küstenfischer sind die Kürzungen vor allem beim "Brotfisch" Hering von ehemals 98 000 auf etwa 1700 Tonnen schmerzlich. Die Fischer in Mecklenburg-Vorpommern dürften in diesem Jahr nur 1000 Tonnen Hering und 260 Tonnen Dorsch fangen, hieß es.

Wie Backhaus unter Hinweis auf wissenschaftliche Untersuchungen sagte, können für den Rückgang der Fischbestände nicht die Fischer allein verantwortlich gemacht werden. "Die globale Erwärmung und Nährstoffeinträge vom Land aus gehen nicht auf das Konto der handwerklichen Küsten- und Kutterfischer", betonte der Minister. Mecklenburg-Vorpommern habe daher erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Ostsee zu entlasten. Rund die Hälfte der Küstengewässer seien unter Schutz gestellt und die Phosphateinträge um 80 Prozent gesenkt worden.