Hamburg/Sassnitz. Fischer und Greenpeace haben etwas gemeinsam: Sie sind unzufrieden mit dem Nicht-Agieren des Staates. Greenpeace will, dass der Staat den Naturschutz in den Meeren durchsetzt, die Fischer wollen, dass der Staat gegen das Steine-Versenken von Greenpeace einschreitet.

Die Bundespolizei muss nach Ansicht des Deutschen Fischereiverbandes das Versenken von Steinen in der Ostsee durch Greenpeace unterbinden. Die Umweltorganisation deponiert seit Sonntag im Schutzgebiet Adlergrund östlich von Rügen Findlinge auf dem Meeresgrund, um dort die Grundschleppnetzfischerei zu verhindern. Die Bundesämter für Naturschutz (BfN) und für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) haben Greenpeace verboten, weiter Granitsteine auf den Meeresboden zu bringen. Das BSH hat nach eigenen Angaben ein Bußgeld von bis zu 50 000 Euro angedroht. Greenpeace habe gegen die Untersagungsverfügung Widerspruch eingelegt. Das BSH beriet am Mittwoch noch über weitere Maßnahmen.

Fischereiverbandspräsident Gero Hocker sagte in Hamburg: "Es ist völlig unverständlich, dass Greenpeace trotz eindeutigen Verbots und Zustellung einer Unterlassungsverfügung weitermachen kann." Die Organisation verstoße gegen Gesetze und gefährde den Seeverkehr. Das Hängenbleiben mit dem Fanggeschirr gehöre laut Seeunfallstatistik zu den Hauptursachen für den Untergang von Fischkuttern. Hocker vermutete, dass man die Fischer provozieren wolle, ihre Fanggebiete und ihre berufliche Existenz selbst zu verteidigen, wenn die Staatsorgane dies nicht tun. Die Fischerei hoffe aber auf die staatliche Durchsetzung von Recht und Gesetz.

Greenpeace hat die Aktion vor Rügen witterungsbedingt unterbrochen, wie der Meeresbiologe Thilo Maack sagte. Auch sei das Ziel erreicht, auf sechs Quadratkilometern Fläche sei keine Grundnetzfischerei mehr möglich. Das Schutzgebiet umfasst jedoch 235 Quadratkilometer. Gegen die Untersagungsverfügung des BfN werde ebenfalls Widerspruch eingelegt, kündigte Greenpeace an. Das Bundesamt gehe davon aus, dass die Steine Schutzgüter wie Steinriffe und Sandbänke gefährden. Das sei nicht der Fall, wie das Bundesverwaltungsgericht Leipzig schon 2011 nach einer ähnlichen Aktion vor Sylt festgestellt habe. Das BfN kündigte an, weitere rechtliche Schritte zu prüfen.

Dem ehemaligen Präsidenten des Landesfischereiverbandes, Norbert Kahlfuß, zufolge sind im Adlergrund seit einigen Jahren keine deutschen Fischer mehr mit Grundschleppnetzen auf Fang gegangen. In dem Gebiet würden aber auch polnische und dänische Kutter fischen. Grundschleppnetze würden für den Fang von Flunder, Steinbutt, Scholle und Dorsch verwendet. Die pelagische Fischerei mit Schleppnetzen sei trotz der von Greenpeace abgelegten Steine möglich. Damit könnten aber keine Flundern gefangen werden. Kahlfuß sagte, es gehe den Fischern in diesem Fall mehr um das Prinzip. "Das ungesetzliche Treiben ist das Hauptproblem", erklärte er.

Greenpeace-Meeresbiologe Maack entgegnete, die Stein-Aktion sei nicht illegal, sondern "vor-legal": "Das Verbot der Fischerei in den Meeresschutzgebieten liegt in der Schublade der Bundesministerien." Der FDP-Landesverband plante für den Abend mit Fischern eine Aktion im Hafen von Freest (Vorpommern-Greifswald), dem letzten größeren Fischereistandort in Mecklenburg-Vorpommern. Die FDP fordert, Greenpeace die Gemeinnützigkeit abzuerkennen, wenn die Organisation Spendengelder nutzt, um Strafen zu zahlen. Maack sagte: "Wir haben gemäß unserer Satzung gehandelt, alles zu tun, um die Natur zu schützen." Das sei im Sinne der rund 600 000 Fördermitglieder.