Berlin. Kein Flugzeug am Himmel, kaum ein Schiff auf dem Wasser - hilft Corona dem Klima? Das wird man sehen, sagen deutsche Wissenschaftler. Sie nehmen ein gefährliches Gas tief im Meer in den Blick.

Die deutschen Meeresforscher wollen gemeinsam Chancen und Risiken der Speicherung des klimaschädlichen Gases Kohlendioxid (CO2) in den Ozeanen erkunden. Das sagte Professor Michael Bruno Klein, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM), in Berlin der Deutschen Presse-Agentur. Für die 2019 gegründete Allianz aus maritimen Forschungsinstituten, Behörden und Museen ist es eines der ersten großen Vorhaben.

Der Allianz gehören das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven sowie Institute in Oldenburg, Kiel, Bremen, Hamburg, Rostock, Geesthacht und Warnemünde an. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg ist ebenso beigetreten wie das Deutsche Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven und das Deutsche Meeresmuseum in Stralsund.

Wie sich die Coronavirus-Pandemie mit einem Ausfall des Luftverkehrs sowie dem Schrumpfen von Schiffsverkehr und Industrieproduktion auf das Klima und die Meere auswirken werde, sei noch nicht abzuschätzen, sagte Klein. "In der Atmosphäre ist der Rückgang von Treibhausgasen messbar. Aber wie lange das anhält, wird man sehen. Schließlich wird die Wirtschaft nach der Krise wieder hochgefahren", sagte er.

Das Coronavirus beeinträchtige auch die Meeresforschung. Einige Forschungsschiffe müssten aus entfernten Regionen sicher zurückgeholt werden. Die Vorbereitung auf die UN-Dekade der Meeresforschung für nachhaltige Entwicklung, die 2021 beginnen soll, sei schwierig. Konferenzen und Treffen seien derzeit nur digital möglich.

"Es geht um die Frage, ob und inwieweit Ozeane weiterhin Kohlendioxid aufnehmen und speichern können", sagte Klein zu dem Forschungsprojekt. "Wir müssen ja CO2 aus der Atmosphäre entfernen." Nach früheren Forschungen haben die Weltmeere bisher zwischen 25 und 30 Prozent des von Menschen verursachten Klimagases aufgenommen. "Ob das aber so bleibt und ob die Ozeane sogar noch Speicherkapazität für CO2-Emissionen haben - das sind wichtige Zukunftsfragen."

Das Forschungsvorhaben solle das gesamte System eines CO2-Managements der Meere in den Blick nehmen, sagte Klein. Es gehe nicht nur um naturwissenschaftliche Forschung, sondern auch um rechtliche und politische Fragen, um mögliche ökologische, ökonomische und soziale Auswirkungen. Die Forschungsaufträge, gefördert vom Bund und den norddeutschen Bundesländern, sollen in diesem Jahr ausgeschrieben und vergeben werden. Vorgesehen sei, der Politik schon anderthalb bis zwei Jahre später Handlungsempfehlungen geben zu können, sagte Klein.

Die deutsche Meeresforschung deckt ein breites Spektrum der Küsten-, Meeres-, Klima- und Polarforschung ab. Sie verfügt über Forschungsschiffe und -stationen, Flugzeuge, Observatorien und Unterwasserfahrzeuge. Mit mehr als 4000 Beschäftigten in Norddeutschland ist sie auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.