Berlin/Rostock. In Sitzungswochen des Bundestags kommen viele Menschen auf engem Raum zusammen: Abgeordnete, Mitarbeiter, Besucher. Ideale Voraussetzungen für die Verbreitung des Corona-Virus. Trotz ergriffener Vorsichtsmaßnahmen kommt dieses jetzt im Reichstagsgebäude an.

Der Bundestag hat seinen ersten Corona-Fall. Der betroffene Abgeordnete Hagen Reinhold aus Rostock sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, erste Symptome seien nach einem Skiurlaub in Österreich aufgetreten. "Ich habe nach meiner Rückkehr leicht gehustet und mich am Montag von der Bundestagsärztin untersuchen lassen." Er habe die Krankheit inzwischen überwunden, sagte der 41-Jährige. Es gehe ihm gut.

Die FDP-Fraktion im Bundestag hatte Mittwoch mitgeteilt, bei einem ihrer Abgeordneten sei das Virus festgestellt worden. In Absprache mit der Parlamentsärztin und dem Bezirksamt Berlin-Mitte seien umgehend alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen worden, hieß es in einer Mitteilung. Reinhold, geboren in Wismar und dreifacher Vater, ist seit 2002 Mitglied der FDP und seit 2013 Bundestagsabgeordneter.

Die FDP-Fraktion teilte mit, die Mitarbeiter des Abgeordneten befänden sich bereits zu Hause in vorsorglicher Quarantäne. Es werde eine Liste mit Kontaktpersonen erstellt, die ebenfalls vorsorglich in Quarantäne gehen sollen. "Zudem prüft die FDP-Fraktion mit der Bundestagsverwaltung mögliche Auswirkungen auf den Parlamentsbetrieb."

In der SPD-Bundestagsfraktion sind mehrere Abgeordnete und Mitarbeiter wegen des Kontakts zu einer mit dem Coronavirus infizierten Person vorsorglich in häuslicher Quarantäne. Dazu zählen der Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach, die SPD-Fraktionsvizechefin Eva Högl und der rechtspolitische Sprecher Johannes Fechner, wie ein Fraktionssprecher am Mittwoch in Berlin mitteilte. Der Grund sei eine Sitzung der Fraktionsarbeitsgruppe Recht am 2. März, an der eine inzwischen auf das Coronavirus positiv getestete Person aus dem Bundesjustizministerium teilgenommen habe.

Lauterbach sagte der "Bild"-Zeitung: "Ich gehe nicht davon aus, dass ich mich selbst infiziert habe, gehe aber dennoch bis Sonntag in häusliche Quarantäne." Es werde zur Normalität, dass sich Menschen infizieren. "Der Bundestag ist ein Hochrisiko-Gebiet, weil viele Menschen zusammenkommen und vorher mit vielen Menschen Kontakt hatten", sagte Lauterbach, der selbst Mediziner ist.

Infektionen von Abgeordneten können den Parlamentsbetrieb empfindlich beeinträchtigen - bis hin zur Absage von Sitzungswochen. Die 709 Abgeordneten kommen nicht nur im Plenarsaal eng zusammen, sondern beispielsweise auch in den Sitzungen der Fachausschüsse. Der FDP-Abgeordnete Reinhold gehört dem Bauausschuss an.