Die deutsche Faustball-Nationalmannschaft bereitet sich im 540-Einwohner-Dorf auf die Weltmeisterschaft vor

Ruschwedel. "Nachdem schon in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhundert in Ruschwedel Faustball gespielt wurde, schlief dieser wunderbare Sport einen längeren Dornröschenschlaf in unserem Dorf". Mit diesen Worten beginnt Thomas Löhden, der 1. Vorsitzende des Sportvereins seine Einleitung in der Festschrift. Und fährt dann fort: "Am 24. März 1961 war es dann so weit: 22 Bürger des Ortes trafen sich im Gasthaus Heinrich Augustin und gründeten den SV Ruschwedel. Hieraus entwickelte sich ein nicht mehr wegzudenkender Teil des Dorfes."

Der Nationaltrainer hat seine Spieler in drei Mannschaften aufgeteilt

Und der hat den 50. Gründungstag zünftig und kräftig gefeiert, hatte sich dazu das Beste eingeladen, was der deutsche Faustball-Sport zu bieten hat. "Ruschwedel grüßt die Nationalmannschaft" war auf großen Schildern zu lesen. Das Nationalteam hat sich in dem Dorf mit den 540 Einwohnern sichtlich wohl gefühlt. Faustballfreunde, die von weiter her angereist waren, um beim Jubiläumsturnier des SV Ruschwedel die nationalen Stars bewundern zu können, mögen den Eindruck gewonnen haben, das Dorf habe sich zu Ehren der Gäste besonders hübsch herausgeputzt.

Doch in Ruschwedel sieht es immer so ordentlich aus. Rund um die Sportanlage flatterten jetzt noch Fähnchen in Schwarz-Rot-Gold. Die Zuschauer blickten aufs Spielfeld herunter. Dort waren zwei Faustballfelder aufgebaut. Olaf Neuenfeld, der Cheftrainer des Nationalteams, hatte seine Auserwählten in drei Mannschaften aufgeteilt. Die übrigen Teams kamen aus Ruschwedel/Essel, Hagenah und Hammah und auch die besten Spieler des MTV Wangersen waren vertreten.

Martin Becker war siebenmal deutscher und dreimal Weltmeister

Die wiederum hatten als Schlagmann Martin Becker gewinnen können. "Mister Faustball" persönlich. Martin Becker, ein Mann von ausladender Figur, war als Schlagmann der Turnerschaft Hannover siebenmal deutscher Meister und holte zwischen 1990 und 1995 dreimal mit der deutschen Nationalmannschaft den Weltmeistertitel. Zuletzt gemeinsam mit Olaf Neuenfeld. Der wohnt inzwischen in Schneverdingen und ist seit acht Jahren Cheftrainer des Nationalteams, das sich in Ruschwedel fünf Tage lang auf die Weltmeisterschaft vom 7. bis 14. August in Österreich vorbereitete. Organisiert hatte das Trainingslager in Ruschwedel Bernd Schnackenberg vom MTV Wangersen.

Schnackenberg ist niedersächsischer Faustballwart und kennt den Bundestrainer seit Jahrzehnten. "Wir haben die 15 Spieler, drei Trainer, den Mannschaftsarzt und den Physiotherapeuten für fünf Tage im Hotel Schützenhof in Ahlerstedt untergebracht", erzählt Bernd Schnackenberg. "Da wir von MTV Wangersen einen sehr freundschaftlichen Kontakt zum SV Ruschwedel pflegen, sind wir uns schnell einig geworden. Die machen hier ihr Jubiläumsturnier mit den Auswahlspielern. Einen Tag später durften dann bei uns in Wangersen Kinder und Jugendliche mit ihren Stars trainieren".

Dafür wiederum haben sich die beiden Faustballvereine die Kosten für das WM-Trainingslager geteilt. Jeder Klub musste 2 500 Euro aufbringen, denn auch für die Besten unter den rund 40 000 Faustballspielern in Deutschland gibt es nur sehr spärliche Unterstützung vom Deutschen Turnerbund, in dem diese Sportart noch zuhause ist. "Als wir 1995 zum letzten Mal Weltmeister wurden", erinnert sich der Nationaltrainer an seinen größten Erfolg als Spieler, "bekam jeder von uns zehn Monate lang 70 DM von der Sportförderung. Heute gibt es gar nichts mehr".

Die meisten seiner noch jungen Spieler hat Herren-Nationaltrainer Olaf Neuenfeld schon in der U 18-Nationalmannschaft betreut. Fünf von ihnen musste er am Sonntagabend nach dem Vorbereitungslehrgang erst einmal "Nein" verkünden. Neuenfeld: "Zur Weltmeisterschaft darf ich nur zehn Spieler mitnehmen."

Turniersieger in Ruschwedel wurde übrigens das dritte Team des Nationalkaders. "Der sportliche Ausgang ist für uns allerdings ohne Belang", ordnete Thomas Löhden, der Gastgeber und Vorsitzende des 180 Mitglieder zählenden SV Ruschwedel, die Ergebnisse ganz hinten ein. "Wir sind stolz darauf, dass unser National-Team bei unserem Jubiläum aufgetreten ist. Und den Jungs, haben wir gehört, soll es in Ruschwedel gut gefallen haben."