Robert Hahl wird von seinem Pferd abgeworfen und prallt gegen einen Baum

Scharnebeck. Schon morgens früh um sieben Uhr wurde beim Reit- und Fahrverein Echem-Scharnebeck der erste Springreiter in den Parcours geschickt. Mit dieser Prüfung der Klasse A für vierjährige Springpferde-Lehrlinge starte das Turnier. Mit dem S-Springen mit Siegerrunde klang es aus. Vier Tage Dressur- und Springsport in Echem, fast 800 Reiter mit 1230 Pferden waren bei 1954 Starts dabei. Soviel Andrang und so viel Leben hatte es nie zuvor auf dem altehrwürdigen Turniergelände gegeben. Aber auch noch nie einen solchen Schock und einen so dramatischen Unglücksfall.

Es war am zweiten Turniertag nach der ersten der drei Springprüfungen der Klasse A. Robert Hahl, der mit seiner Frau in Barum bei Bad Bevensen einen Reiterhof betreibt, war in dieser Prüfung Zweiter geworden. Der Aufgalopp zur Siegerrunde mit lauter Musik und mit Applaus und die Pferde dicht gedrängt im Pulk. Immer wieder kommt es vor, dass junge Pferde unruhig und nervös dabei werden. Das Pferd von Robert Hahl brach aus, versuchte in Panik vom Turnierplatz wegzukommen. Es wich jäh einem Hindernis aus, der Reiter wurde aus dem Sattel geschleudert und knallte mit Kopf und Körper gegen eine Fichte, die oben auf einem Wall steht. Die Sanitäter, die bei jedem Reitturnier anwesend sein müssen, alarmierten einen Rettungshubschrauber. Der brachte den Schwerverletzten in die Klinik nach Hamburg-St. Georg. Die letzten Prüfungen des Tages waren an diesem Tag abgesagt worden.

Zustand des Reiters aus Barum bei Bad Bevensen ist sehr ernst aber stabil

"Am Tage danach habe ich mich mit seiner Frau in Verbindung gesetzt", berichtete Christian Vosgerau, der Vorsitzende des gastgebenden Vereins in Echem-Scharnebeck. "Da war der Zustand von Robert Hahl sehr ernst, aber stabil." Am dritten Tag wurde das Turnier fortgesetzt. Es ist inzwischen das umfangreichste und größte im Landkreis Lüneburg. "Wir sind ja geradezu überrannt worden", vermeldete Hannelore Kiefer, seit zehn Jahren mit Angela Schmeer das Herzstück in der Meldestelle. "So große Teilnehmer-Felder habe ich hier noch nie erlebt." Grund dafür ist wohl, dass sich kleinere Reitvereine immer häufiger als Gastgeber und Ausrichter zurückziehen, weil Vorbereitung und Durchführung viel ehrenamtlichen Einsatz fordert. Und dazu müssen noch bei Sponsoren Preisgelder eingesammelt werden. "Nur für unsere beiden S-Springen haben wir je 1000 Euro ausgeschüttet", erzählt Christian Vosgerau, der seit März dem neuen Vereinsvorstand des Reit- und Fahrvereins Echem/Scharnebeck und Umgebung von 1920 vorsteht. Vor 16 Jahren hatte auch sein Vater den Verein schon geführt, der heute 250 Mitglieder zählt.

Glenn-Vincent Gerner ist einer der erfolgreichsten Reiter des Gastgeberklubs

Zu den ehrgeizigsten und erfolgreichsten gehört zurzeit ein schlanker, 18-jähriger Junge, der das Wirtschafts-Gymnasium in Lüneburg besucht. Dabei hat Glenn-Vincent Gerner, dessen Familie in Avendorf einen Pferdezucht-, Ausbildungs- und Turnierbetrieb betreibt, noch zwei Brüder mit im Springtross. Da ist der 16 Jahre alte Steven, der mit seinen beiden Turnierpferden bis zu den M-Prüfungen aufgerückt ist. Justus-Ole, mit 13 Jahren der Jüngste des Pferde begeisterten Dreigestirns, hatte mit Bonny am L-Springen teilgenommen. Und das ist bei den Gerners schon so etwas wie Familientradition. "Bonny ist inzwischen 18 Jahre alt", erzählt Vater Uwe Gerner. "Und sie hat all meine Jungs sozusagen in den Turniersport eingeführt. Das Reiten haben alle drei auf Bonny gelernt."

Alle drei Brüder der Familie Gerner haben auf demselben Pferd gelernt

Deshalb genießt dieses Familienpferd schon seit vielen Jahren ein besonderes Privileg in dem Zucht- und Ausbildungsbetrieb. Genau wie West Virginia, die zwölfjährige Stute, mit denen sich der Älteste seit zwei Jahren in der höchsten, der S-Klasse, seine Sporen verdient. "Diese Pferde", betont der Vater, "sind unverkäuflich". Das wiederum können sich die Gerners, die immer häufiger Pferde nach Übersee in die USA verkaufen, auch deshalb leisten, weil Immobilien und nicht die Pferde ihr Hauptgeschäft sind. Dabei ist es schon der Stolz des Vaters, dass er durch die Erfolge in der Zucht auch den Söhnen immer bessere Pferde zur Verfügung stellen kann.

Beim S-Springen hatte der 18-jährige Glenn-Vincent mit West Virginia eingangs der Dreier-Kombination einen Abwurf und war damit aus dem Rennen. Den Sieg mit einem Null-Fehler-Ritt und der schnellsten Zeit hatte sich Hans-Joachim Giebel, der routinierte Berufsreiter aus Sieversen mit Recaro Brillant gesichert. Das abschließende S-Springen mit Siegerrunde entschied Knut Düe vom Pferdezucht- und Reitverein Luhmühlen für sich. Bei dieser Prüfung wurde sein Null-Fehler-Ritt mit in die Siegerrunde übernommen, für die sich elf Reiter qualifiziert hatten. Auch hier blieb Düe fehlerfrei.