19-Jährige von der LG Nordheide wird deutsche Vizemeisterin über 3000-Meter-Hindernis. DM-Plätze drei und vier für Nils Winter und Paul Dittmer

Winsen/Hanstedt. Die Geschichte klingt fast wie ein Märchen, das sein vorläufiges Happyend gefunden hat. Weil 1500-Meter-Läuferin Jana Sussmann (LG Nordheide) auf ihrer Spezialstrecke nicht so recht vorwärts kommt, wagt sie gemeinsam mit Trainer André Prüsmann einen Ausflug auf die 3000-Meter-Hindernisstrecke. Trainingskamerad Andreas Eggers bastelt ein Hindernis für das Training auf dem heimischen Jahnplatz, die Weitsprunggrube dient als Ersatz für die Landung im Wassergraben und eine ordentliche Hürdentechnik hat die Abiturientin aus Winsen-Tönnhausen auch zu bieten. Der erste Ausflug in die eher ungewöhnliche Frauen-Disziplin Anfang Juni in Regensburg begeistert selbst die Bundestrainer. Es folgt die Nominierung für einen U-23-Länderkampf gegen Polen und eine Woche später der Sieg in Polen.

Jetzt bei den deutschen Leichtathletik-Meisterschaften in Braunschweig zählte Jana Sussmann auf der Hindernisstrecke urplötzlich zum Kreis der Mitfavoritinnen. Erst recht, nachdem die deutsche Rekordhalterin Antje Möldner (Potsdam) schwer erkrankte und sich die Jahresbeste Verena Dreier (Sieg) bei der Team-EM in Norwegen verletzte. Schon vor dem DM-Rennen attestierte Bundestrainerin Beate Conrad der Hindernis-Novizin aus der Nordheide daher Siegchancen. "Mit Susi Lutz kannst Du alles mitmachen. Lass Dich nicht einschläfern, geh Dein eigenes Tempo und versuch einfach Spaß zu haben", lauteten ihre Ratschläge.

In der Tat schien Sussmann, die in Kürze eine Ausbildung bei der Hamburger Sparkasse mit genügend für das Training beginnt, Spaß an der Entscheidung über 3000-Meter-Hindernis zu haben. Nach knapp 1000 Meter übernahm sie die Spitze, ging etwaigen Rangeleien aus dem Weg und führte das Feld als Führende in die letzte Runde. Dort kam es zum fast schon erwarteten Zweikampf mit Susi Lutz (Regensburg), die im Vorjahr Bronze bei der U-23-Europameisterschaft gewonnen hatte. Bis 200 Meter vor dem Ziel konnte Sussmann mithalten, dann setzte sich das größere Stehvermögen und die größere Erfahrung der Bayerin durch. Lutz siegte in 10:09,20 Minuten mit zwei Sekunden Vorsprung und hechelte im Anschluss: "Ich habe auf den letzten 500 Metern richtig Gas gegeben und bin so gespurtet wie noch nie in meinem Leben." Jana Sussmann freute sich nicht nur über die vor Wochen noch völlig undenkbare DM-Silbermedaille, sondern auch über eine Verbesserung ihrer persönlichen Bestzeit und des eigenen Bezirksrekords um acht Zehntelsekunden auf 10:11,15 Minuten.

Endgültig in der nationalen Spitze über 110-Meter-Hürden hat sich Paul Dittmer (MTV Hanstedt) etabliert. Dabei lagen für den 23-Jährigen unbändige Freude und leichte Enttäuschung nur Sekunden auseinander. Nach der sicheren Finalqualifikation in 13,84 Sekunden ging es im Endlauf mächtig eng zu. Fünf Läufer kamen innerhalb von acht Hundertsteln ins Ziel. Einen Augenblick lang wies die Anzeigetafel den Hanstedter als Gewinner der Bronzemedaille aus. Die Freude blieb Dittmer im Halse stecken, als er in 13,81 Sekunden schließlich doch auf Platz vier gesetzt wurde. Nur eine Hundertstel blieb er hinter dem Dritten Marlon Odom (Zweibrücken) und eine weitere hinter Vizemeister Helge Schwarzer (Hamburger SV) zurück.

"Eine zwar hervorragende, aber dennoch undankbare Platzierung", haderte Hanstedts Trainer Wolfgang Striezel mit dem Hundertstelpech seines Schützlings, das diesen schon mehrfach ereilt hatte. Deutscher Meister wurde Matthias Bühler (Offenburg), der nach der in 13,59 Sekunden erfüllten EM-Norm den DLV gemeinsam mit dem im Finale gestürzten Alexander John (Leipzig) bei der EM in Barcelona vertreten wird. "Lehnke ist die Beste!", hatte sich Paul Dittmer im Finale auf die Unterseite beider Arme geschrieben und damit einen, medienwirksam über das Fernsehen verbreiteten, Gruß an seine Ex-Freundin geschickt.

Der Traum von der EM-Teilnahme ist für Weitspringer Nils Winter (Buxtehuder SV) ausgeträumt. Die letzte Gelegenheit, die geforderten 8,00 Meter zu springen, konnte der 33-Jährige ebenso wie der lange verletzte Hallen-Europarekordler Sebastian Bayer (Hamburger SV) nicht nutzen. Beide flogen im Eintracht-Stadion auf 7,71 Meter. Bayer gewann wegen des besseren zweiten Versuchs die Silbermedaille vor Winter. "Warum es im Wettkampf trotz richtig guter Technikeinheit in den Tagen zuvor nicht hingehauen hat, ist mir ein wenig ein Rätsel", haderte Winter. DM-Titel und EM-Ticket gingen an den mit 8,18 Meter überragenden Christian Reif (Ludwigshafen).

Das hervorragende Abschneiden komplettierte die weibliche 3 x 800-Meter-Jugendstaffel der LG Nordheide mit Lea Madlen Meyer (Winsen-Laßrönne), Nora Hemmert (Lüneburg) und Carlotta Meyer-Ranke (Handeloh). Das Trio steigerte seine Bestzeit im Vorlauf zunächst um zehn Sekunden und legte im Finale am Sonntag abermals um zwei Sekunden zu. In 6:53,19 Minuten belegten die sympathischen LG-Lauftalente den exzellenter fünften Platz.