Die Elbe Classics der Harburger Radsportgemeinschaft markieren den Saisonauftakt für die Radtourenfahrten. Mehr als 1000 Teilnehmer.

Harburg. Darauf waren die Helfer vor dem Fahrrad-Centrum in Buchholz gar nicht vorbereitet. Um Punkt neun Uhr ist in Harburg-Neuwiedenthal, knapp 20 Kilometer entfernt, die Elbe-Classics-Radtourenfahrt der Harburger RG gestartet worden. Und gut 20 Minuten später drängen sich im Gewerbegebiet von Buchholz die ersten Fahrer vor den Tischen mit Wurst- und Käsebroten. "Wir sind halt Profis", sagt einer der Männer. Der Senior mit dem Rennrad gehört zur Vorhut in den rot-weißen-Trikots des TVV Neu Wulmstorf. Die routiniertesten Radtourenfahrer sind an der Schule Lange Striepen früher losgestrampelt, um nicht schon am Anfang in die großen Pulks zu geraten. So erklären sie lachend ihre vorzeitige Rast an der ersten von zwei Verpflegungsstellen, wobei der Bauernhof in Grauen gleich zweimal angefahren werden darf.

Die Elbe Classics wurden bereits zum 17. Mal von der Harburger Radsportgemeinschaft organisiert. Seit Jahren hat sie dabei zumindest im Norden das Privileg, den Startschuss für die wahrscheinlich größte und rasanteste Volkssportbewegung in Deutschland zu geben, die RTF-Veranstaltungen für Jedermann. Von jetzt an wird kein Wochenende vergehen, wo nicht ein halbes Dutzend dieser auf ausgeschilderten Strecken organisierten Touren gestartet werden.

"Der erste Anstieg am Ehestorfer Heuweg und dann der noch härtere in der Wohnsiedlung", erzählt Christel Lau, eine aus dem Neu Wulmstorfer Tross, "das ging schon richtig in die Beine." Aber die Radsportlerin, die gerade ihr 60. Lebensjahre hinter sich gebracht hat, liebt sportliche Herausforderungen. "Geschwommen bin ich, auch Marathon gelaufen", sagt sie schnell, als die Gruppe schon zum Aufsitzen drängt, "seit fünf Jahren fahre ich nur noch Rad." Dass Christel Lau sich natürlich für die längste Strecke über 114 Kilometer entschieden hat, versteht sich von selbst. Nach langer Überzeugungsarbeit hat sie ihren Mann Jürgen, auch Schwimmer und leidenschaftlicher Langläufer, das erste Mal in den Rennsattel bekommen. Der allerdings ist auf der kürzeren Strecke über 75 Kilometer unterwegs. Gewählt werden konnte auch noch ein 48 Kilometer langer Kurs. Aber diese gemütliche Gruppe wird von den richtigen Tourenfahrern nicht wirklich ernst genommen. "Zwei Drittel der 1000 Teilnehmer sind die lange Strecke gefahren", bestätigt Frank Plambeck vom 50 Helfer starken Organisations-Team der Harburger RG. Er hatte, um auch das nicht zu verschweigen, einen Verunglückten mit Schürfwunden fast vor der Haustür von Dieter Bohlen in Tötensen abholen müssen. Dann wurde er noch an die Strecke bei Elstorf gerufen. Dort hatte sich eine Frau bei einem Sturz den Oberschenkel gebrochen.

Obwohl bei diesen organisierten Touren die Straßen nicht abgesperrt sind und keine offiziellen Zeiten genommen werden dürfen, gehen die meisten Teilnehmer die Rennen fast schon professionell an. Die Asse, wie sie der Ex-Masters-Weltmeister Armin Raible aus Buchholz in seinem "Trenga.de-Team" zusammen führt, sind bei ihrer Spritztour durch den Landkreis einen Schnitt von knapp 40 Kilometer pro Stunde gerast.

Der Großteil der Fahrer ist gut ausgerüstet. Da waren Rennmaschinen zu bewundern, die 4000 und mehr Euro kosten. "Du kannst locker 3000 Euro für zwei Räder hinlegen", sagt Armin Raible, "nur für ein Vorder- und ein Hinterrad wohl gemerkt. Den Rahmen und alles andere musst du extra bezahlen." Bei der Rast und auf der Strecke war noch ein anderer Trend in dieser Szene der leistungsbewussten Freizeitradler zu beobachten. Zwar waren rund 700 der 1000 Teilnehmer nicht in einem Verein organisiert. Aber immer häufiger schließen sie sich zu kleinen, verschworenen Gemeinschaften zusammen. Wie das "Team Seevelos" mit dem Beinamen "Ärztezentrum Sinstorf". "Eigentlich kommen wir alle aus der Radsportsparte des TV Meckelfeld", sagt der Arzt und Förderer Kersten Freytag, "aber da gab es immer Probleme zwischen den Schnelleren und den Langsameren. Also haben sich die Ehrgeizigen als Seevetaler Velos selbstständig gemacht." Und der Doktor, der schon 100 000 Kilometer auf dem Rennrad gefahren ist, sponsert die Gruppe. In der nächsten Woche werden die Seevelos auf Mallorca trainieren. Die vom TVV Neu Wulmstorf waren vor Ostern da. "Mit rund 30 000 anderen deutschen Radsportlern", sagt Christel Lau, "in unseren Kreisen gibt es keinen mehr, der nicht einmal im Jahr zum Training nach Mallorca fliegt."