Thomas Meyer-Enzl und Friedhelm Jost bilden seit mehr als 30 Jahren eine Einheit im Zweier-Canadier

Lüneburg. Zwei Mann in einem Boot - und was für eine ungewöhnliche Sportler-Geschichte. Thomas Meyer-Enzl kniet vorn in dem Canadier, und Friedhelm Jost dahinter. Mit kraftvollen Paddelzügen treiben die beiden ihr Boot in die Strömung der Luhe, winden sich durchs erste und nach drei weiteren Schlägen auch durchs zweite Tor.

Es ist der 26. Luhdorfer Kanuslalom, bei dem sich die beiden Oldtimer vom Lüneburger Kanu-Club der jungen Konkurrenz stellen. Die Sportfreunde vom MTV Luhdorf-Roydorf haben wieder zu zwei Regattatagen auf der Luhe geladen. 51 Aktive, auch aus Berlin, Braunschweig und Hildesheim, waren angereist. Hinter dem alten E-Werk in Luhdorf waren 24 Tore an Drahtseilen aufgehängt. Sechs davon mussten gegen und 18 mit der Strömung genommen werden. Damit die friedliche Luhe für die Kanuten zur Herausforderung wurde, war sie künstlich aufgepeitscht und wild gemacht worden. Dazu wird eines der Wehre des E-Werks geöffnet.

Meyer-Enzl und Jost treiben ihren Canadier mitten in die aufwallende Gischt, drehen ihr Boot, werden von der Flut zurückgeworfen, nutzen die Kraft zu einer schnellen, geschickten Wendung, balancieren ihr Kanu mit kraftvollen Paddelschlägen an einer Torstange vorbei und nutzen den nächsten Wasserstrudel aus. Meyer-Enzl: "Mit acht Jahren habe ich mich das erste Mal in ein Kanu gesetzt. Damals hat Friedhelm mir das Paddeln beigebracht."

Inzwischen sind mehr als 30 Jahre vergangen, jeder der beiden Freunde hat eine Dachdecker-Firma in Lüneburg und gemeinsam sind die beiden das Herzstück des Kanusports beim Lüneburger KC. Meyer-Enzl ist der Sportwart und beide sind Lehrmeister und Trainer für den Nachwuchs. "Auf der Ilmenau haben wir unsere Slalomstrecke aufgebaut", erzählt der noch immer aktive Sportwart. "Als wir vor zwölf Jahren die Sparte neu aufgebaut haben, entschieden wir uns für den Slalom, weil wir hier ein festes Trainingszentrum haben. Da können wir, wenn wir wollen, morgens um sechs trainieren."

Und das ist gar nicht so abwegig, wie das für einen klingen mag, der Kanufahren als entspannendes Freizeitvergnügen kennt. Wer im Kanu-Slalom nach oben kommen will, muss bereits als Jugendlicher 30 bis 40 Stunden in der Woche trainieren. Schließlich ist das ein Wettkampf, in dem deutsche Athleten zur Weltspitze gehören. Bei Olympia in Peking war es Alexander Grimm, der im Slalom auf dem Wildwasser der Nation den ersten Goldglanz bescherte.

"Manchmal bin ich schon vor der Schule beim Training auf der Ilmenau", erzählt Florian Frenzel. Mit nacktem Oberkörper, die Kappe schief auf dem Blondschopf, steht der 17-Jährige am Ufer der Luhe und schaut zu, wie seine Lehrmeister sich an den Torstangen vorbei kämpfen. "Von Zuhause in Brietlingen fahre ich mit dem Fahrrad zehn Kilometer zur Trainingsstrecke. Danach wieder zurück, duschen, umziehen und zur Schule nach Lüneburg."

Am Nachmittag meist die zweite Trainingseinheit. Florian Frenzel ist zur Zeit das Maß aller Dinge, nicht nur beim Lüneburger KC. Und er ist das große Talent, auf das Meyer-Enzl mit besonderer Freude blickt. "Der Florian ist der Sohn unserer Nachbarn", erzählt der Sportwart und Trainer, der als junger Mann selbst zur nationalen Spitze im Wildwasser-Sport gehörte, "er war acht, da ist er mit mir zum Training gefahren. Ehrgeizig und verbissen war der Junge von Anfang an. Aber wir haben noch Filmaufnahmen, da war er 14 Jahre alt. Da stand er am Ufer und heulte wütend: Ich kann das nicht".

Dabei hat der ehrgeizige Florian mit 14 Jahren seinen festen Platz in den Annalen des Lüneburger Kanu-Clubs gefunden. Als Schüler war der Dritter bei den Deutschen Meisterschaften. "Das hat bis heute kein anderer von uns geschafft", sagt sein Nachbar und Lehrmeister. "Als Jugendlicher war ich 1984 mit Volker Schulz im Zweier-Canadier einmal Vierter bei einer DM".

Wie herausragend Florian Frenzel zur Zeit fährt, unterstrich er erneut auf der Luhe. Seine Bestzeit beim Tanz durch die 24 Tore waren 84,91 Sekunden. Damit war der 17-Jährige mehr als fünf Sekunden schneller als die besten Herrenfahrer. Für die nationale Spitze reicht es trotz 18 bis 20 Stunden Training pro Woche nicht. "Deshalb geht er nach den Sommerferien als Austauschschüler nach Amerika", sagt Meyer-Enzl. Er war mit seinem Freund und Dachdecker-Kollegen Friedhelm Jost Dritter im C2-Rennen geworden. Im Einer hatte Friedhelm Jost die Altersklasse B gewonnen. Bei den A-Schülern siegte Jan Paul Gallenbeck und bei den Schülerinnen Annika Menke.