Die 15 Jahre alte Gymnasiastin vom HSV Stöckte startet bei den Weltmeisterschaften im russischen St. Petersburg auf dem Großgerät und im Synchron.

Winsen/St. Petersburg. Angefangen hatte alles vor neun Jahren im heimischen Garten in der Winsener Goethestraße. Beate und Michael Twesten kauften ihrer damals sechs Jahre alten Tochter Jana ein Trampolin. Die Kleine sprang so besessen darauf herum, dass die Eltern sie zum Vereinstraining im Hansa-Sportverein (HSV) Stöckte anmeldeten. Da wartete auf Jana jedoch erst einmal eine große Enttäuschung. "Wir haben ihr sofort verboten, weiterhin zu Hause im Garten rumzuspringen", sagt Trainer Gerd Ruschmeyer und blickt auf den Sommer 2001 zurück, "das Wettkampf- und das Hobbyspringen sind zwei völlig unterschiedliche Paar Schuhe." Jana Twesten hat den Schock gut überwunden und bestritt am 1. Dezember 2001 im Alter von sieben Jahren ihren ersten Wettkampf.

Bis heute ist sie dem Trampolinturnen treu geblieben. Im vergangenen Jahr gewann die Neuntklässlerin des Winsener Gymnasiums an der Bürgerweide die deutsche Jugendmeisterschaft auf dem Doppelmini und wurde gemeinsam mit Leichtathletin Jana Sussmann zur Sportlerin des Jahres 2008 im Landkreis Harburg gewählt. Doch das, was Jana Twesten am Freitag und Sonnabend bevorsteht, stellt alles in den Schatten. Da geht die junge Dame, die am 14. November ihren 15. Geburtstag feierte, als eine von 760 Nachwuchsathleten aus 45 Ländern bei den 19. Junioren-Weltmeisterschaften der Trampolinturner in St. Petersburg an den Start. "Ich bin so aufgeregt wie noch nie", sagte Jana kurz vor ihrer Abreise. Die Mannschaft des Deutschen Turner-Bundes (DTB) hält sich bereits seit einer Woche in der russischen Zarenstadt auf, beobachtete zunächst die WM der Männer und Frauen, bei denen das deutsche Team ohne Medaille blieb, besichtigte die höchst attraktive Stadt an der Ostsee und bereitete sich mit täglichem Training auf die Wettkämpfe vor.

Für Jana Twesten wird es am Freitag um 13.30 Uhr ernst. Dann steigt sie als eine von vier deutschen Turnerinnen der Altersklasse 15/16 auf das Großgerät. Die Auslosung der Startreihenfolge hat ergeben, dass die Winsenerin als Letzte aller 73 Teilnehmerinnen antreten muss. Die sechs besten dieser Qualifikation erreichen das Finale. Doch das ist für das Mitglied des HSV Stöckte, die zudem in der 2. Bundesliga für den VfL Grasdorf antritt, Illusion. "Mit einem Platz in den Top 50 wäre ich zufrieden. Alles andere ist aber auch okay", gibt sich Jana Twesten bescheiden. Ende August sammelte sie beim Länderkampf gegen die Schweiz erstmals internationale Erfahrung. Auf den geplanten Einsatz beim Vier-Länder-Kampf in Frankreich musste sie wegen einer Blockade der Rückenmuskulatur verzichten.

"Doch jetzt ist sie wieder topfit", ist sich nicht nur ihr ehemaliger Übungsleiter Gerd Ruschmeyer, sondern auch ihre aktuelle Trainerin Sarah Brokopp sicher. Ruschmeyer und Brokopp haben sich am Dienstag zusammen mit Vater Michael Twesten von Berlin aus auf den Weg nach St. Petersburg gemacht, um den größten Erfolg der 1970 gegründete Trampolinabteilung im HSV Stöckte live mitzuerleben.

Am Sonnabend tritt Jana Twesten ein weiteres Mal an, diesmal im Synchronwettbewerb mit 29 Paaren der AK 15/16. Ihre etatmäßige Partnerin Johanna Sauerland aus Kempten musste wegen einer Verletzung auf die WM-Teilnahme verzichten, daher versucht Jana nun mit Alonka Volikova aus Nordhorn, die zehn Übungsteile auf den parallel aufgestellten Großgeräten möglichst synchron zu absolvieren. "Synchron sind wir noch nie zusammen gesprungen. Wir kennen uns aber, das passt schon", sagt die Winsenerin. Und mit Sicherheit können die Sportlerin und ihr Fan-Tross dann am Abend bei der Schlussfeier und der Abschiedsparty zufrieden feststellen, dass es sich voll und ganz gelohnt hat, vor acht Jahren auf das so geliebte Springen auf dem Gartentrampolin zu verzichten.