Angefeuert von den Vereinskameraden beim Public Viewing schrammt der Maschener hauchdünn an Bronze vorbei.

Ashausen/Malmö. Der Begriff Public Viewing ist spätestens seit der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in aller Munde, als zehntausende Fans in zahlreichen deutschen Städten zusammenkamen, um der Nationalmannschaft zuzujubeln. Dass es eine Art Public Viewing aber auch in einer Randsportart wie dem Voltigieren gibt, ist neu. Die Premiere stieg am vergangenen Sonnabend in Ashausen bei Winsen. Oder sollte man besser sagen: in Ashausen bei Grevelau? Denn der Pferdesportverein (PSV) Grevelau aus dem Winsener Ortsteil ist die Voltigier-Hochburg im Landkreis Harburg. Und wenn einer der mehr als 100 Vereinsmitglieder erstmals bei einer internationalen Meisterschaft antritt, wollen alle dabei sein.

So trafen sich mehr als 20 junge Voltigiererinnen im Alter zwischen zehn und 23 Jahren im Wintergarten der Familie Hullen, um dem 16 Jahre alten Jannik Heiland in der entscheidenden zweiten Kür bei den U 18-Europameisterschaften im schwedischen Malmö zuzujubeln. Die Wettbewerbe wurden live im Internet übertragen. Die ersten beiden Pflichtteile und die erste Kür hatte jeder für sich am heimischen PC verfolgt. Nun aber wurden Laptop, Beamer und Leinwand aufgebaut, um beim Public Viewing gemeinsam die Daumen zu drücken. Dafür wurde extra das Training des PSV-Juniorteams verlegt. Die vom 13. bis 16. August bei den deutschen Jugendmeisterschaften in München startende Formation trainierte früher, fand sich dann zur Live-Übertragung ein, schob schnell einige Stück Pizza ein und trainierte weiter.

Jannik Heiland aus Maschen, das jüngste von vier Geschwistern einer echten Voltigierfamilie, ist sehr ehrgeizig und trainingsfleißig. Seit Januar fuhren ihn seine Eltern Eva und Andreas zweimal die Woche nach Neustadt am Rübenberge, damit er sich an sein EM-Pferd Gustafsson gewöhnen konnte. Sein angestammter Partner, der sechsjährige Palmiro, ist noch zu jung für eine internationale Meisterschaft. Und das neue Gespann, zu dem auch Longenführer Lars Hasen zählt, harmonierte gut. "An den ersten beiden Tagen hatte Jannik Lospech. Er musste jeweils als erster der zwölf Starter antreten. Da halten sich die Wertungsrichter mit den Noten noch zurück", erklärt Pressewartin Sarah Schlösser. Dennoch reichte es in der Pflicht, die aus den Elementen Aufsprung, Grundsitz, Fahne, Mühle, Schere, Stehen und Flanke besteht, und der ersten Kür zu den Plätzen sechs und fünf. Die zweite Pflicht am Freitag beendet Heiland dann als Dritter und lag vor dem abschließenden Umlauf auf Rang fünf.

Dort konnte sich Jannik Heiland nicht nur auf das Losglück (Startplatz elf), sondern auch auf das Daumendrücken der heimischen Fans verlassen. Die einminütige Kür zur Musik von Last Samurai absolvierte er absolut fehlerfrei, zeigte auf dem Rücken von Gustafsson angedeutete Kampfszenen, unterstrich seine Dehnfähigkeit beim Element "einarmige Nadel" und ging mit seinem Markenzeichen, dem Rückwärtssalto vom Pferd, ab. Riesenjubel bei den jungen Sportlerinnen in der Runde über die überaus gelungen Vorstellung ihres Jannik. Und auch leichte Kritik: "Jetzt könnte er ja wenigstens mal lachen."

Dazu hatte Jannik Heiland spätestens nach Bekanntgabe der Noten allen Grund. Mit der zweitbesten Kür, sogar besser als jener des neuen U 18-Europameisters Thorben Hoppe (Kriftel), rückte er vor dem letzten Starter auf den Bronzerang vor. Letztlich verdrängte ihn der Franzose Vincent Haennel mit 7,716 zu 7,669 Gesamtpunkten nach vier Teilprüfungen hauchdünn auf den vierten Platz. Das tat der prächtigen Stimmung unter den Fans in Ashausen keinen Abbruch. "Jannik war einfach super", war man sich einig - und fuhr zum Training.