Deutsche Kunstturnmeisterschaften der Mädchen bei Buchholz 08. Die 13 Jahre alte Evelin Klode aus Winsen wird Fünfte am Boden.

Buchholz. Es waren eigentlich nicht die jungen Mädchen an den Turngeräten, die zuerst die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich lenkten. Wer aus dem Vorraum in die Nordheidehalle kam, dessen Blick wurde von Ungewöhnlichem angezogen. Da waren, in schwarz und in Originalgröße, die Plastikkörper von Menschen in Turnposen zu sehen. Da waren auch die dunkelroten Blüten der Bitumen auf den Tischen der Kampfrichter. Und auch das strahlende Blau der Turnmatten fiel ins Auge. Es war diese frische, freundliche Atmosphäre, die jeden einfing, der die deutschen Kunstturnmeisterschaften der 12- bis 15-jährigen Mädchen in Buchholz besuchte.

Und es war Bernward Bade, der in Jeans und pinkfarbenem Shirt durch die Halle wirbelte und mit seinem Glanz in den Augen als Gastgeber die heitere Stimmung verstärkte. Am Ende der zwei Wettkampftage der nationalen Nachwuchs-Elite konnte der Chef der mitgliedsstärksten deutschen Kunstturnsparte vom TSV Buchholz 08 mit Stolz verkünden: "Mit fast 100 Teilnehmerinnen war die deutsche Jugendmeisterschaft die größte Kunstturnveranstaltung in Deutschland. Unsere Sportstadt darf sich jetzt auch Turnstadt Buchholz nennen."

Am Rande, neben dem Tisch der Kampfrichter für das Bodenturnen, saß ein junges Mädchen im Trainingsanzug, die so gerne selbst mit gemacht hätte. Aber Lokalmatadorin Naja Penther vom TSV Buchholz 08 hatte sich vor fünf Wochen beim Training eine Ellbogenverletzung zugezogen und musste zuschauen. Ihr Vater hatte als Blickfang die Turnfiguren in der Nordheidehalle aufstellen lassen. Das ist erwähnenswert, weil es den Zusammenhalt und die Unterstützung symbolisiert, die es Bernward Bade und seinem Team ermöglichten, diese nationale Meisterschaft so zu gestalten, dass alle mit Anerkennung und Lob Abschied aus der Nordheide nahmen.

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Der Kunstturnnachwuchs aus allen Teilen Deutschlands musste sich bei Landesmeisterschaften für die Teilnahme qualifizieren. "Dafür hätte aber nicht einmal der jeweilige Landestitel genügt", sagte Susanne Tidecks, angestellte Kunstturntrainerin bei Buchholz 08 und Landesfachwartin in Niedersachsen, "es mussten festgeschriebene Qualifikations-Punkte erreicht werden. Wer hier turnt, hat schon jahrelanges und hartes Training hinter sich."

Aus dem Landkreis Harburg war als einzige Evelin Klode aus der Kunstturnsparte des MTV Borstel-Sangenstedt dabei. Die 13-Jährige trainiert seit Jahren im Landesstützpunkt Hannover, wo sie im Sport-Internat wohnt. In der Nordheidehalle wurde sie von ihrer Stützpunkt-Trainerin Annette Lefebre betreut. Unter den Zuschauer aber nicht nur die Familie, sondern auch Birgit Kruse, die Trainerin des MTV Borstel-Sangenstedt. "Evelin war Dritte ihres Jahrgangs beim Bundeskader-Test", sagte sie, "gewann ein Turnier in Portugal und traute sich viel zu."

Und dann, am ersten Gerät, dem Stufenbarren, war sie unsanft gelandet. Für Zuschauer, die nur die atemberaubenden Schwünge und Drehungen in der Luft registrieren, ohne die schwierigen Details zu erkennen, erläuterte Birgit Kruse: "Evelin ist mit einem Unterschwung mit halber Umdrehung vom oberen Holm in den Handstand auf dem unteren Holm gewechselt. Den Handstand hat sie zwar noch halten können, ist dann aber abgerutscht auf den Boden." Mit ernstem Gesicht kreidete sich das Mädchen die Hände neu ein, nahm trotzig Schwung und turnte die Übung zu Ende und wurde mit 10,566 Punkte bewertet. Das zweite Gerät war der Schwebebalken, gern auch Tränenbalken genannt. Eigentlich an ihrem Lieblingsgerät verlor sie zweimal die Balance und musste auf den Boden. Evelin Klode zeigte Wille und Kampfgeist, nachdem Trainerin Annette Lefebre sie tröstend in die Arme genommen hatte. Da gab es keine Tränen, nur Entschlossenheit im Gesicht. Beim Bodenturnen ließ Evelin keine Unsicherheit spüren. Diese Disziplin und Beherrschtheit wurde von den Zuschauern mit viel Beifall belohnt. Im Bodenturnen trat Evelin Klode im Einzelfinale an und erkämpfte sich Platz fünf. Im Vierkampf hatte sie Platz acht belegt.

Für Bernward Bade und seine mehr als 100 Helfer bleibt als besondere Anerkennung das Lob von Bundestrainerin Ulla Koch. "Die Ausrichtung war phänomenal, absolute Spitzenklasse."