Es sind die heftigsten Kämpfe seit 2012. Militante Palästinenser feuern Raketen auf Jerusalem und Tel Aviv ab. Israels Ministerpräsident Netanjahu lässt Vorbereitungen für eine Bodenoffensive treffen.

Im eskalierten Nahost-Konflikt hat die Hamas erstmals seit langem Tel Aviv, Jerusalem und andere israelische Großstädte mit Raketen beschossen. Nach israelischen Angaben schlug am Dienstagabend mindestens eine von radikalen Palästinensern aus dem Gazastreifen abgefeuerte Rakete in einem Haus in Jerusalem ein. Dabei sei niemand verletzt worden, hieß es auf israelischer Seite. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wies die Armee an, auch Vorbereitungen für eine Bodenoffensive im Gazastreifen zu treffen.

Insgesamt wurden nach israelischen Angaben am Abend in kurzer Folge etwa 40 Raketen mit größerer Reichweite abgefeuert. Auch in Ortschaften nördlich der Küstenmetropole Tel Aviv heulten die Sirenen. Die beiden wichtigsten israelischen Städte waren zuletzt im November 2012 mit Raketen angegriffen worden. Die Hamas bekannte sich am Dienstagabend zu Angriffen auf die Städte Haifa, Tel Aviv, Jerusalem und Aschdod.

Bei der israelischen Offensive sind am ersten Tag nach palästinensischen Angaben mindestens 25 Menschen getötet worden. Etwa 130 seien verletzt worden, berichteten Sanitäter und Sicherheitsleute in der Nacht zum Mittwoch.

USA verurteilen Angriffe der Palästinenser

Unter den Getöteten befinden sich den Angaben zufolge mindestens fünf Kinder, teilte der Sprecher der Rettungsdienste, Aschraf al-Kidra mit. Bei einem Luftschlag kam zudem Hafes Hamad ums Leben, ein Anführer der Extremistengruppe Islamischer Dschihad. Auch vier seiner Angehörigen starben bei dem Angriff. Der bewaffnete Arm der Hamas kündigte eine „überraschende Ausweitung“ seiner Attacken an.

Die USA verurteilten die Raketenangriffe militanter Palästinenser. Israel habe ein Recht auf Selbstverteidigung, sagte US-Regierungssprecher Josh Earnest am Dienstag. Earnest zeigte sich zugleich besorgt über die Sicherheit von Zivilisten auf beiden Seiten.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon forderte die Konfliktparteien zu größtmöglicher Zurückhaltung auf. Die Eskalation der Gewalt im Nahen Osten mache ihn sehr besorgt. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier warnte vor einer militärischen Konfrontation, die völlig außer Kontrolle geraten könnte.

Israel mobilisiert Reserveoffiziere

Auslöser der jüngsten Runde der Gewalt waren die Entführung und die Ermordung von drei jüdischen Teenagern am 12. Juni sowie der mutmaßliche Rachemord an einem palästinensischen Jugendlichen in der vergangenen Woche. Israel ist seit der Entführung massiv gegen die Infrastruktur der Hamas im Westjordanland vorgegangen und hat Hunderte Mitglieder der Organisation festgenommen.

Nach Angaben des israelischen Militärsprechers Arye Shalicar hat die Armee die Mobilisierung von bis zu 40.000 Reservesoldaten bewilligt. Ministerpräsident Netanjahu kündigte an, im Kampf gegen die Hamas sei es an der Zeit, „die Samthandschuhe auszuziehen“.

Israel will mit der Operation „Zuk Eitan“ (Fels in der Brandung) den ständigen Raketenbeschuss seiner Ortschaften unterbinden. Die israelische Armee teilte am Nachmittag mit, bislang habe die Luftwaffe 150 „Terror-Ziele“ im Gazastreifen angegriffen. Nach palästinensischen Angaben wurden auch ranghohe Hamas-Aktivisten getötet, darunter der Marinekommandeur Raschid Jassin. Seit Beginn der israelischen Luftoffensive seien von palästinensischer Seite etwa 130 Raketen auf israelische Ortschaften abgefeuert worden.

Angriff auf israelische Militärbasis

Bei einem Angriff auf eine israelische Militärbasis nördlich des Gazastreifens wurden am Abend fünf militante Palästinenser getötet. Der israelische Rundfunk meldete, ein Soldat sei bei Schusswechseln leicht verletzt worden. Die Palästinenser seien offenbar von der See aus gekommen und hätten versucht, in die Basis Zikim einzudringen. Der bewaffnete Arm der Hamas habe sich zu der Tat bekannt.

Auswirkungen des Konflikts bekamen auch 2700 Passagiere und Besatzungsmitglieder des deutschen Kreuzfahrtschiffes „Aida Diva“ zu spüren. Beim Auslaufen aus dem israelischen Hafen von Aschdod etwa 30 Kilometer nördlich des Gazastreifens fielen am Montagabend Raketensplitter auf das Deck. Die Kreuzfahrtreederei will bis auf weiteres israelische Häfen meiden.

Die Hamas hatte bereits am Montagabend Dutzende Raketen auf Israel abgefeuert. Zahlreiche Raketen seien vom Abwehrsystem „Iron Dome“ abgefangen worden. Insgesamt verfügt Hamas nach israelischen Angaben über etwa 10.000 Raketen mit Reichweiten bis etwas nördlich von Tel Aviv.