Lüneburg. Der wegen Mordes angeklagte junge Mann erklärt vor Gericht, wie es zu der Tat kam. Die Eltern des Opfers ringen um Fassung.

Sie wollte sich von ihm trennen, er stach 40-mal zu. So lautet die Anklage im Prozess um den Mord an einer 19 Jahre alten Gymnasiastin. Der gleichaltrige Freund soll die Tat in einer Januarnacht begangen haben. In seinem Geständnis vor dem Lüneburger Landgericht bekennt er sich vor der Jugendkammer dazu, die junge Frau in ihrem Auto auf einem Parkplatz in der Hansestadt erstochen zu haben.

Sein Anwalt verlas am Donnerstag eine Erklärung. Nach den Angaben habe sie ihm Vorwürfe gemacht, er sei unzuverlässig und habe sich nicht genug um sie gekümmert. All dies sei aus heiterem Himmel gekommen. „Sie redete auf mich ein, es wurde immer verletzender“, hieß es in der Aussage. Dann sei ihm schwarz vor Augen geworden. „Bis heute kann ich nicht nachvollziehen, was dann geschah.“

19-Jähriger tötet Freundin – Tatwaffe lag angeblich in Autoablage

Ihm sei unbegreiflich, dass er die Kontrolle verloren habe. Ein Messer habe in der Ablage des Autos gelegen, er habe es nicht mitgebracht. Die Tat tue ihm unendlich leid. Er werde sie sich nie verzeihen können. Bei der Familie des Opfers, in der er oft Gast war, entschuldigte er sich nicht explizit. Nachfragen ließ er nicht zu.

Der Deutsche ist wegen heimtückischen Mordes aus niedrigen Beweggründen angeklagt. Er soll die Trennung nicht akzeptiert haben. Der Vater hatte seine Tochter gefunden. Er hatte nach ihr gesucht, weil sie von ihrem Job in einem Lokal abends nicht nach Hause gekommen war. Der Unternehmensberater und Landwirt beschrieb den Angeklagten als hilfsbereiten Menschen, er sei der erste Freund der Tochter gewesen. „Er war nett, zuvorkommend, bemüht, in der Familie dazuzugehören“, sagte der 55-Jährige.

Vater der getöteten Frau weist Vorwürfe des Angeklagten zurück

Die beiden hätten viel zusammen unternommen, jeden Monat ihren Kennenlerntag gefeiert und gemeinsam mit der Familie habe man auch Silvester verbracht. Seine Tochter sei ein liebevoller, fröhlicher und auch rücksichtsvoller Mensch gewesen. „Sie war sehr korrekt, anspruchsvoll an sich selber.“ Über die Vorwürfe im Geständnis des Beschuldigten sei er erschrocken gewesen: „Das ist nicht meine Tochter“, sagte er auf Nachfrage eines Psychiaters.

Mit stockender Stimme schilderte der Vater, wie er sie blutüberströmt im Auto gefunden habe und jede Hilfe zu spät kam. Der Angeklagte habe versucht, bei ihm anzurufen, und dann per Textnachricht später geschrieben, dass er ihm am Folgetag im landwirtschaftlichen Betrieb beim Kartoffelsortieren helfen werde.

Mutter der Getöteten: „Wir haben ihm komplett vertraut“

Die Mutter zeichnete ein glückliches Bild von dem Paar, das etwa eineinhalb Jahre zusammen gewesen war. Gravierende Probleme hätten sich nicht angedeutet, einen Wutausbruch habe sie bei ihrer Tochter zudem noch nie erlebt, sagte sie unter Tränen. Der „sehr nette junge Mann“ sei bei der Familie ein- und ausgegangen. Genaueres über abgebrochene Ausbildungen habe man nicht gewusst. Er sei wortgewandt und habe sich gern dargestellt.

„Wir haben ihm eineinhalb Jahre komplett vertraut“, sagte die Nebenklägerin, „ich komme mir vor wie in einem falschen Film“. Der Angeklagte rieb sich die Tränen aus den Augen bei den Aussagen der Mutter, die sich auf der Suche nach dem Warum auch an ihn wandte. „Die Wahrheit wird nie ans Licht kommen, sie weiß nur Fares“, sagte sie mit schwacher Stimme und zitternden Händen.