Notrufe aus niedersächsischen Gemeinden mit 040-Vorwahl landen weiterhin in Hamburg. Wertvolle Sekunden können dabei verloren gehen.

Lüneburg. Einzelne Einwohner der Gemeinden Neu Wulmstorf, Jork und Seevetal landen beim Wählen der Notrufnummer 110 bis auf Weiteres in der Hamburger Polizeizentrale. Der Grund dafür ist, dass ihre Telefone an das Ortsnetz der Freien und Hansestadt mit der Vorwahl 040 angeschlossen sind. Bei dringenden Notfällen gehen dadurch wertvolle Sekunden verloren, denn die Bürger sind falsch verbunden. Die Hamburger Landesbeamten sind für Einsätze in Gemeinden der Landkreise Harburg und Stade nicht zuständig und stellen die Anrufe der Hilfesuchenden manuell an ihre niedersächsischen Kollegen durch.

Dieses Problem sei noch lange nicht behoben, sagt Ilka Rademacher auf Anfrage des Hamburger Abendblatts. Die Sprecherin der Polizeidirektion Lüneburg weiter: "Wir haben die Deutsche Telekom damit beauftragt, schnellstmöglich das sogenannte Vermittlungsstellen-Routing so zu ändern, dass Notrufe von Anschlüssen in den Landkreisen Harburg und Stade trotz 040-Vorwahl ohne Umwege zu uns durchkommen." Als Alternative empfiehlt sie den Anwohnern der betroffenen Gebiete Notrufe vom Handy, bei denen die Gespräche nach der Funkzelle des Anrufers direkt der örtlich zuständigen Polizeizentrale zugeordnet werden. Denn die Netzbetreiber sind seit Dezember dazu verpflichtet, der Polizei die Standortdaten ihrer Mobilfunkkunden zu übermitteln.

Eine technische Lösung auch für Festnetzanschlüsse hatte der Elstorfer Landtagsabgeordnete Heiner Schönecke (CDU) bereits am Donnerstagabend in feierlichem Ton bekannt gegeben. "Das seit Jahrzehnten bestehende Notrufproblem in den Randgemeinden ist Geschichte", so Schönecke. "Unterschiedliche Aussagen über die Weiterleitung der Notrufnummer 110 führen dazu, dass die Pressemitteilung sachlich nicht stimmig ist", formulierte er einen Tag später sein Dementi. Um eine neue kooperativen Leitstelle an der Polizeidirektion Lüneburg einrichten zu können, hat der Haushaltsausschuss des niedersächsischen Landtages, dem Schönecke angehört, 6,785 Millionen Euro bereitgestellt.

"Diese Investition hat erhebliche Auswirkungen für die Notrufalarmierung", sagt Landespolitiker Heiner Schönecke. "Die bisherigen dezentralen Einrichtungen an den einzelnen Polizeiinspektionen werden in Lüneburg zentral zusammengefasst und können damit noch effektiver arbeiten", so der Vertreter des aus der Stadt Buchholz und den Samtgemeinden Hollenstedt, Jesteburg und Tostedt bestehenden Wahlkreises 64. Der Landkreis Harburg zählt mit Ausnahme von Neu Wulmstorf und Meckelfeld seit Mitte Dezember zu den ersten Regionen, die auf die gemeinsame Leitstelle von überörtlicher Polizei und Feuerwehr umgestellt wurden. "Dadurch wird die Bearbeitung der Notrufe erheblich schneller", sagt Wilfried Haensch, stellvertretender Leiter der in Buchholz angesiedelten Polizeiinspektion Harburg.

Nach dem Beispiel der Polizeidirektionen Osnabrück und Oldenburg sollen Schritt für Schritt alle sechs Dienststellen der Ordnungshüter im nordöstlichen Niedersachsen zusammengefasst werden. "Jeder Notruf wird dann direkt ohne Umwege bei uns in Lüneburg bearbeitet und ist damit schneller bei den diensthabenden Beamten in der Region", sagt Polizeidirektionssprecherin Rademacher. "Wir sind guter Hoffnung, das Konzept bis zur Fertigstellung der Kooperativen Leitstelle Lüneburg Anfang 2015 erreicht zu haben." Zum feierlichen Baubeginn auf dem Gelände des Lüneburger Behördenzentrums Auf der Hude wird am Donnerstag, 10. Januar, um 9 Uhr Niedersachsens Landesinnenminister Uwe Schünemann (CDU) erwartet.

Doch auch nach der in zwei Jahren geplanten Inbetriebnahme der neuen Super-Leitstelle für Notrufe aus der gesamten Region zwischen Stade und Celle, landen einige Niedersachsen mit 040-Anschluss nach wie vor bei der Polizeieinsatzzentrale in Hamburg-Alsterdorf, wenn sie die 110 wählen. "Wir gehen davon aus, dass im Laufe dieses Jahres alle Notrufe von DSL-Anschlüssen nach Lüneburg umgeleitet werden", sagt Rudolf Boll, Sprecher der Bundesnetzagentur. Die Bonner Behörde ist Auftraggeber der Deutschen Telekom, die das Routing auf ihren Großcomputern technisch umsetzt. "Derzeit warten wir aber noch auf die dafür notwendigen Daten aus dem zuständigen Landesministerium in Hannover", sagt Boll. "Sobald sie vorliegen, werden wir den Auftrag erteilen." Ein Umstellen von ISDN-Anschlüssen oder gar alten analogen Telefonleitungen sei nie im Gespräch gewesen. Für Kunden ohne DSL-Telefon ändere sich daher nichts.