“Frantic Percussion“ komponiert zeitgenössische Musik und trommelt auf allem, was so rumsteht - zum Beispiel auf Blumentöpfen und Fahrrädern.

Lüneburg. Sie spielen auf Fahrrädern. Auf Keksdosen, Blumentöpfen und Schneebesen. Auf Schiffsglocken und Kuhglocken. Und bringen ihre Zuhörer dabei fast nebenbei an eine Musik heran, bei deren Erwähnung die meisten die Augen zusammenkneifen, die Stirn runzeln und Mühe haben, sich eine Meinung einfallen zu lassen: zeitgenössische. Am Sonnabend stellt das Ensemble "Frantic Percussion" seine neue CD in Lüneburg vor. Darauf auch Werke des Winsener Komponisten Matthias Kaul.

Angefangen haben die sieben als Ensemble der Jugendmusikschule Uelzen, Lehrer Daniel Orthey hatte damals dermaßen begabte und begeisterte Schlagzeugschüler, dass er mit ihnen mehr machen wollte als Beats auf Trommel, Becken und Schellenkranz. Er gründete die Gruppe "drumherum", Deutsch ausgesprochen, und trommelte mit den Jungs im wahrsten Sinne des Wortes herum.

Auf Schlagwerk aller Arten, in Formen aller Arten. "Wir haben früh mit zeitgenössischer Musik angefangen", sagt Musikpädagoge Orthey. "Das war wirklich ungewöhnlich für 17-jährige Jugendliche." Mit seinen damaligen, mittlerweile ehemaligen Schülern hat der 34-Jährige schon Uraufführungen bestritten, Kompositionsaufträge vergeben und Improvisationen gespielt.

Die Schüler spielten beim Bundeswettbewerb "Jugend musiziert", später alle zusammen bei den Sommerlichen Musiktagen Hitzacker und den Niedersächsischen Musiktagen. Und am kommenden Wochenende spielen sie im Theater im e.novum in Lüneburg.

Am Sonnabend stellen sie ihre neue CD vor, produziert beim neuen Lüneburger Label Conditura Records von Michael Jaeckel. "Wheeled" heißt sie nach den Instrumenten für das gleichnamige Stück: fünf Fahrräder. Es stammt wie auch "Bell Air" für 30 verschiedene Glocken aus dem Kopf des Winsener Komponisten Matthias Kaul.

Es ist aber auch ein Stück darauf von John Cage, schon eingängiger, grooviger, und Musik, die von CD kommend per Kopfhörer gelauscht werden sollte - wegen des erzeugten Kopftons.

Zurück zum e.novum, denn zu dem Theater hat Daniel Orthey eine besondere Beziehung. Er hat die Musik geschrieben von so manch einem Bühnenstück, hat dort zusammen mit Benjamin Scheuer - ein Schüler des Komponisten Wolfgang Rihm - gearbeitet, und hat den Kollegen für das nächste Projekt um neu geschriebene Musik gebeten: "Übers Erzählen" heißt das Werk für Kinder respektive ein Spielzeugklavier, Spieluhren, Klangsteine, Styroporplatten, Eierschneider und Schmirgelpapier.

Fertig ist das Stück noch nicht, auf die Bühne und die Ohren kommt am Sonntag beim Kinderkonzert des Ensembles daher auch "Wheeled", allerdings mit Erklärungen und der Möglichkeit für die kleinen Zuhörer, mitzumachen: "Schlag's nach" heißt das Schlagwerk-Konzert folgerichtig.

Noch mehr für Kinder und mit Kindern will das Ensemble rund um den studierten Schlagzeuger Daniel Orthey nach den Herbstferien machen: Eine Klasse der Grundschule Hasenburger Berg wollen die Profis - fünf der sechs Ex-Orthey-Schüler studieren mittlerweile Musik - vom ersten bis zum vierten Jahrgang begleiten, mit ihnen Schlagwerk spielen und ihnen ganz nebenbei verklickern, wie denn zeitgenössische Musik so tickt.

"Wir haben das bei Straßenkonzerten erlebt", erzählt Orthey. "Wir spielen etwas, die Leute kennen das nicht, sind begeistert, finden es wahnsinnig cool und fragen dann, was das war. Das zeigt uns: Es braucht nicht immer einen besonderen Rahmen, um zeitgenössische Musik zu präsentieren. Und man kann sie sich gut geben, zwar nicht den ganzen Tag, aber in kleinen Portionen ist sie wunderbar verträglich."

Wer "Elbtonal Percussion" schon mal gehört hat und "Frantic Percussion" noch nicht, dem sei an die Hand gegeben: "Frantic" bedeutet so viel wie wild oder hektisch, für die Musiker bedeutet es, fanatisch auf der Suche nach neuen Klängen zu sein, und die Lüneburger nennen sich zu Recht einen Schritt experimenteller als ihre Hamburger Kollegen, mit denen sie auch schon so Einiges zusammen auf die Bühne gestellt haben.

Beginn des Schlagwerk-Konzerts am Sonnabend, 29. September, ist um 20 Uhr im Theater im e.novum, Munstermannskamp 1. "Schlag's nach!" für Kinder startet am Sonntag um 15 Uhr. Karten und Informationen: 04131/789 82 22.

www.theater-enovum-lueneburg.de