Heute: Johanna Voß. Weg vom globalen Agrarmarkt, hin zu Direktvertrieb vom Bauern nebenan - eines von vielen Zielen der Linken-Politikerin.

Lüneburg. Ihre Chancen bei der Wahl am 27. September schätzt die 52-jährige Johanna Voß gut ein: "Ich mache im Wahlkampf ein ums andere Mal die Erfahrung, dass unseren zentralen Positionen sehr viel Sympathie entgegengebracht wird - auch von Wählerinnen und Wählern, die soziokulturell eher dem bürgerlichen Lager zuzurechnen sind."

Die zentralen Positionen, das sind ein sofortiger Ausstieg aus der Atomenergie, mehr soziale Gerechtigkeit und eine Abkehr von neoliberaler Agrarpolitik. Johanna Voß erklärt den letzten Punkt am Beispiel der Milchbauern: "Die Misere der Milchbauern hat die Bundesregierung durch die Aufhebung der Milchquote zu verantworten. Hier muss der Staat wieder normativ tätig werden. Wir stehen unmittelbar vor dem Ende der mittleren und kleinen Betriebe. Aber gerade diese Strukturen gilt es in ihrer Vielfalt zu stärken."

Voß setzt sich daher für ein grundsätzliches Umdenken ein: "Weg vom weltweiten Agrarmarkt, hin zu mehr Regionalität", bringt sie es auf den Punkt. Erreichen will sie das mit einer nachfrageorientierten Milchproduktion. Außerdem sollen Erzeugergemeinschaften und Genossenschaften auf regionaler Ebene gestärkt werden. Weiterhin erklärt Voß, die selbst in jungen Jahren eine Lehre zur Landwirtin angetreten hatte: "Die Exportorientierung der europäischen Landwirtschaft, lehnt Die Linke ab. Wir fordern bedarfsgerecht ausgestattete und vor Ort verwaltete Regionalbudgets."

Für die Abkehr von einem globalen Handel, ist die Selbstversorgerin Voß das beste Beispiel. Zu Hause im kleinen Wendland-Ort Simander hält die Politikerin Bienen und Schafe und baut ihr Gemüse im eigenen Garten an. Die diplomierte Sozialpädagogin wirkt beinahe mädchenhaft verträumt, wenn sie sagt: "Soziales Engagement, Bewahrung der Schöpfung, Einsatz für Frieden machen mein Leben von Anfang an aus." Aber schnell wird klar: Die Frau weiß genau, was sie will. "Ich bin fest davon überzeugt, dass eine andere, eine bessere Welt möglich ist." Und für ihre Überzeugungen kämpft sie. Als Anti-Atom-Aktivistin. Als Mitglied im globalisierungskritischen Netzwerk Attac. Und als Politikerin.

Ihre Ziele auf Bundesebene: Ein Mindestlohn von zehn Euro, eine Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes auf mindestens 500 Euro, eine armutssichere Rente - "und zwar nicht erst mit 67", betont Voß - und der Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Für den Wahlkreis Lüchow-Dannenberg - Lüneburg ergänzt Johanna Voß: "Gorleben soll leben. Ich setze mich für einen Verzicht auf den weiteren Ausbau zum Endlager und auf die Castor-Transporte dorthin ein." Ohnehin fordere sie den sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie, sieht die Zukunft stattdessen in erneuerbaren Energien - auch wirtschaftlich.

"In der Branche wird es etwa eine halbe Million Arbeitsplätze geben. Und auch in der Region könnten über die Förderung nachhaltiger Energieerzeugung neue Arbeitsplätze geschaffen werden." Deshalb will Johanna Voß Unternehmen bei der Umstellung auf energie- und rohstoffeffizientere Verfahren unterstützen. Der Krise will die Partei mit Investitionen in Bildung, Gesundheit, Klimaschutz, öffentliche Verkehrssysteme und Infrastruktur begegnen.

Zu Letzterem gehört für Voß auch ein schneller Breitband-Internetanschluss bis in das letzte Dorf hinein: "Wir wollen die Telekommunikationsunternehmen in die Pflicht nehmen. Es kann nicht sein, dass diese das Netz in ländlichen Gegenden nicht ausbauen, nur weil sich dort nicht genügend Gewinn erwirtschaften lässt." Breitbandanschlüsse sollten nach Forderung der Linken als Universaldienstleistung gesetzlich festgeschrieben werden. Der Ausbau könnte nach Ansicht von Johanna Voß über einen Fond finanziert werden, in den private Anbieter nach bestimmten Regeln einzahlen.