Das Abendblatt zeigt, wie vielseitig Sommerspaß in der Region sein kann. Heute: Reiten. Elf Kinder und fünf Pferde – ein großer Spaß.

Neu Oerzen. Pferde sind Fluchttiere. Wenn sie sich in Gefahr fühlen, könnten sie wegrennen oder in ihrer Not nach Menschen treten. Das wissen die Kinder, die in Gruppen des Geschwister-Scholl-Hauses (GSH) bei der Sommerferien-Betreuung mitmachen. Einer der Jungen, der seit langer Zeit reitet, fügt belehrend hinzu: "Wir dürfen hier keinen Schabernack machen, nicht kreischen, schreien oder rennen."

Anette Struck, eine der Erzieherinnen, nickt zustimmend mit dem Kopf. Genau das wollte sie auch gerade sagen. Schließlich wurde bei einem solchen Tag schon mal das eine oder andere Kind ins Auto gesetzt, weil es sich nicht an die Regeln halten konnte. Elf Kinder umringen sie, Mädchen genauso wie Jungen. Die jüngste Teilnehmerin ist sieben Jahre alt und hat große Angst vor Hunden. Immer wieder bringt sie sich vor "Scrappy" in Sicherheit, der übermütig über den Hof tollt. Vor den ungleich größeren Pferden fürchtet sie sich dagegen nicht.

Einmal die Woche steht eine größere Ferienaktion, ein richtiger Ausflug, auf dem Plan des Mehrgenerationenhauses. Gestern war es der Ausflug zu dem Pensionsstall in Neu Oerzen. Zwei Erzieherinnen und eine Sozialpädagogin begleiteten die Kinder bei dieser Ausfahrt ins Grüne. Betreuerinnen, die die ganzen sechs Wochen der Ferien keinen Urlaub haben. Sie möchten den Kindern, die in den Sommerferien in der Region bleiben, zeigen, dass es auch hier in Lüneburg und Umgebung richtig schön sein kann. Für den Ausflug zu den Pferden mussten die Erzieherinnen sogar zehn Familien absagen, weil die Nachfrage nach diesem Angebot so groß war.

Nach der kurzen Belehrung folgt vor Ort die Pferdepflege. Anette Struck holt zusammen mit drei Kindern und der Gutsbesitzerin Imke Wulf fünf Tiere von der Koppel. "Ich habe selbst ein Pferd auf dem Hof stehen und so mussten die Kinder nur fünf Euro zahlen", erzählt Struck. Durch ihre guten Beziehungen zu Imke Wulf sei das möglich gewesen, fügt die Erzieherin hinzu. Die Pferde werden an einer roten, mit Backsteinen gepflasterten Wand angebunden. Eines der Mädchen rümpft die Nase und kann sich einen Kommentar nicht mehr verkneifen: "Irgendwie riecht das hier komisch. Haben die hier keinen Lufterfrischer", fragt sie leise. Ihre Freundin kichert und gibt ihr Recht. Doch als Imke Wulf beginnt, den Kindern zu erklären, was sie bei der Pferdepflege beachten müssen, hören alle wieder aufmerksam zu.

Jede Bürste wird hochgehalten und die Kinder erfahren, für welches Körperteil des Pferdes sie geeignet ist. Die Gutsbesitzerin hält ein hartes Exemplar mit langen, violetten Borsten hoch und fragt: "Was meint ihr, wofür braucht ihr diese harte Bürste?" Die Kinder sind sich einig: Die können sie ganz bestimmt für alle Körperteile des Pferdes benutzen, schließlich hat so ein Pony ja ein dickes Fell.

Imke Wulf muss leider abwinken. "Soll ich dir damit mal dein Gesicht schrubben", fragt sie einen der etwas vorlauteren Jungen. Diese Bürste sei natürlich für die Beine, verdeutlicht Wulf den neugierigen Jünglingen.

Jedem der Ferienkinder wird eine Bürste in die Hand gedrückt, sie sollen je an einer Seite des Pferdes anfangen zu putzen. Die Sieben- bis Elfjährigen machen sich an die Arbeit - an geduldigen Pferden, die Kinder durchaus gewohnt sind. "Es ist eine Ausnahme, dass wir das heute hier auf den Pensionshof machen. Unten in Oerzen haben wir noch eine Hofstelle. Dort findet normalerweise der Kinder-Reitunterricht mit diesen Pferden hier statt", erzählt Imke Wulf. Seit 10 Jahren schon stehen die Pferde im Dienste der Kinder, fügt sie hinzu. Die Kinder putzen und striegeln, kämmen die Mähne und stellen Fragen über Fragen. Der Norweger Bjoerre dient hierbei als Vorzeigepferd, weil er immer so brav still hält. Imke Wulf zeigt den elf Kindern, wie der Huf des Pferdes richtig ausgekratzt wird. Natürlich gehört es auch dazu, dass die Nägel geschnitten und gefeilt werden. Welche Nägel überhaupt? Sie bittet, die Kinder ihr eine Nagelschere zu holen.

Eines der etwas älteren Mädchen kommt mit einer großen, eisernen Zange zurück. Ehrfürchtige Blicke auf den Gesichtern der Kinder sind die Folge. "Die Füße des Pferdes sind so wie eure Fingernägel und die müsst ihr doch auch regelmäßig schneiden", teilt sie den Kindern mit. Vier Hufe müssen bearbeitet werden, das dauert ganz schön lange. "Also ich kann nicht so lange auf einem Bein stehen", sagt eines der Mädchen kichernd. Ihr Nachbar stellt sich prompt im Vierfüßlerstand auf den Boden und hebt ein Bein. "Das kannst du nicht? Dann würde ich mir an deine Stelle mal Sorgen machen", sagt er lächelnd. Jetzt müssen die Pferde nur noch gesattelt werden und dann kann der Ausritt in den Wald beginnen.

Elf Kinder und nur fünf Pferde - das ist ein Problem! Sie müssen sich also abwechseln, zuerst führt ein Kind das Pferd und anschließend darf es in den Sattel. Und so sind am Ende alle zufrieden.

Am Dienstag, 7. August, geht es mit dem Geschwister-Scholl-Haus in den Barfußpark nach Egestorf. Auch der Serengeti- und Heidepark werden während der Ferienfreizeit noch besichtigt. Urlaub in der Region kann also auch sehr abwechslungsreich sein.