Für Touristen und Einheimische: Lüneburger Jungunternehmer bieten Restaurantbesuchern die Möglichkeit, ihren Lieblinsplatz vorzumerken.

Lüneburg. Touristen und Einheimische, die einen Besuch der historischen Altstadt mit einem deftigen Lüneburger Rahmschnitzel und hausgemachten Bratkartoffeln krönen wollen, können ihren Tisch im rustikalen Restaurant Anno 1900 auf sehr moderne Art reservieren. Die Kunden müssen auf der Internetseite des Betreibers nur die Anzahl der Gäste und das Datum des gewünschten Besuchs anklicken und können sogar sehen, zu welchen Uhrzeiten die Speisen des Lokals mit einem zehnprozentigen Preisnachlass zu haben sind. Um ihre Reservierung abzuschließen, müssen sie jetzt noch Name und Kontaktdaten angeben. Eine automatische Bestätigung sowie eine Anfahrtskizze gibt es postwendend auf dem Monitor.

"Durch die neuen Online-Reservierungen kommen mehr Kunden zu uns, und ich muss keine Reservierungen mehr per E-Mail bearbeiten.", sagt Martin Lühmann, Inhaber des Restaurants in der Straße Auf der Altstadt. Seit einem halben Jahr können sich seine Gäste im Internet über die Angebote informieren und gleich einen Platz vormerken. Lühmann verbrachte früher einen immer größeren Teil seiner Arbeitszeit mit Nachfragen zu unvollständigen Reservierungen über das Internet. Er wurde daher nur zu gern Erstnutzer eines innovativen Buchungssystems, das in seiner Heimatstadt entwickelt wurde.

Hinter dem ausgeklügelten Geschäftsmodell stecken Michael Marder und Yasha Tarani. Die beiden verbindet mehr als nur die häuslichen Pflichten im Studentenwohnheim am Campus der Leuphana Universität. Marder und Tarani sind auch Teilhaber einer gemeinsamen Unternehmergesellschaft. Unter dem Namen Resmio firmiert ihr Start-up, dessen Zentrale vorerst noch im vierten Stock des Uni-Gebäudes Sieben an der Scharnhorststraße ansässig ist. Dieser Standort ist dem beruflichen Hintergrund der beiden Firmengründer geschuldet. Während der 28 Jahre alte Tarani vor einem halben Jahr das Masterprogramm "Management & Entrepreneurship" beendete, schreibt der fünf Jahre jüngere Marder die letzten Klausuren im Bachelor-Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen.

"Unser Reservierungssystem ist das erste am Markt, das Preisdifferenzierungen zulässt", sagt der 23-Jährige. Diese Marktlücke sei bisher noch nicht besetzt gewesen. Bei den Buchungen spielten zwar günstige Preise in Randzeiten eine wichtige Rolle. "Es schwingt bei uns aber nicht das Prädikat 'billig' mit." Die angesprochene Kundschaft seien nicht Leute, die ihre Pizza bei einem Lieferservice bestellen wollen. Resmio wird stattdessen unter anderem von der Bankettabteilung eines Fünf-Sterne-Hotels in Hannover genutzt. "Wir haben bereits Kunden in 20 deutschen Städten gefunden", sagt Marder. Er stammt aus dem Ruhrgebiet und hat in seiner alten Heimat das Restaurant am Fernsehturm im Dortmunder Westfalenpark für das neuartige Reservierungssystem gewonnen. "Das ist unser Leuchtturmprojekt."

Überzeugungsarbeit bei Gastronomen zu leisten, ist derzeit die wichtigste Aufgabe der Jungunternehmer. "Wenn ich meine Bachelor-Arbeit abgegeben habe, heißt es für mich volle Konzentration auf Resmio", sagt Marder. Sein Kompagnon Tarani widmet sich auch bereits in Vollzeit der Serviceleistung, die den gewerblichen Nutzern zusätzlichen Umsatz bescheren soll. "Wir rechnen damit, dass die Zahl der Gäste allein durch unser Anreizsystem um etwa 20 Prozent steigt", sagt Tarani.

"Außerdem werden die Stammkunden besser auf verschiedene Zeitfenster verteilt", so Tarani weiter. Nach Angaben des Management-Absolventen können die Unternehmen mit dem Programm ihre "Kapazitäten optimieren". Tarani: "Gastronomen schaffen bei gleichem Platzangebot mehr Gäste." Und die so gewonnenen Besucher können Wünsche wie den Stammplatz am Fenster oder Stuhl unterm Sonnenschirm im Biergarten angeben. Einen Schritt weiter gehen Michael Röhm und Thomas Bicheler vom Lüneburger Hotel und Restaurant Zum Heidkrug in der Straße Am Berge. Dort steht das so genannte Facebook-Menü auf der digitalen Speisekarte in dem gleichnamigen sozialen Netzwerk.

Ausschließlich über den technisch von Resmio ermöglichten Buchungsweg können die drei Gänge Burrata mit gebratenen Jacobsmuscheln, Tafelspitz mit Pfifferlingen und Sauce Bernaise sowie Rote Grütze mit Joghurteis für 38 Euro pro Person vorbestellt werden. Das erleichtert den beiden Küchenchefs die Organisation ihrer Einkäufe und Lagerhaltung frischer Zutaten.

Für diesen Zusatznutzen an Planbarkeit zahlen die Resmio-Kunden an Tarani und Marder eine Provision von 50 Cent pro vermitteltem Gast. Eine Grund- oder Einrichtungsgebühr gibt es nicht, der Dienstvertrag kann innerhalb einer Vierwochenfrist gekündigt werden. Als risikofreies Schnupperangebot bieten die Jungunternehmer an, das im Browserprogramm zu bedienende Buchungssystem, das auch während der Sperrstunden Reservierungswünsche annimmt, 30 Tage lang komplett kostenlos zu testen.

Ihre Arbeit finanzieren sich die Resmio-Teilhaber bislang unter anderem mit einem Preisgeld des "Gründerwettbewerbs - IKT Innovativ". Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie unterstützte sie mit 6000 Euro sowie Beratungsangeboten. Im Anschluss erhielten Marder und Tarani das Exist-Gründerstipendium des Ministeriums und mehrere Tausend Euro aus dem Programm Gründercampus der Investitions- und Förderbank des Landes Niedersachsen.