Laut IHK-Konjunkturbericht wirkt sich die aktuelle Wirtschaftslage in Südeuropa gemischt auf Unternehmen in der Region aus.

Lüneburg. Während die Wirtschaft in Südeuropa trotz Hilfen in Milliardenhöhe schwächelt, schien es lange so, als trotzten Unternehmen in Deutschland einer neuen Krise. Im ersten Quartal 2012 blickten die Unternehmer in der Region entsprechend optimistisch in die Zukunft. Die Arbeitslosigkeit ist auch in der Metropolregion Hamburg auf ein Rekordtief gesunken, und die Auftragsbücher sind nach der Bankenkrise 2008 wieder gut gefüllt.

Doch im zweiten Quartal haben die Erwartungen an die Konjunktur einen deutlichen Dämpfer erfahren. Die regionale Konjunkturentwicklung folgt damit dem niedersächsischen Gesamttrend. Das ermittelte die Industrie- und Handelskammer (IHK) Lüneburg-Wolfsburg in einer Befragung von rund 300 Unternehmen in der Region. "Wir haben die Unternehmer um ihre Bewertung der gegenwärtigen Lage und einen Ausblick gebeten. Außerdem gab es die Möglichkeit, persönliche Einschätzungen abzugeben", sagt Markus Mews, Sprecher der IHK Lüneburg-Wolfsburg. Immer wieder war in den Kommentaren von der Krise in Südeuropa die Rede. "Die Unternehmen bewerten die aktuelle Lage deutlich kritischer als noch im Sommer 2011. Vor allem aber sind sie mit Blick auf die Euro-Krise vorsichtiger in ihren Erwartungen", fasst der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Martin Exner die Ergebnisse der Studie zusammen. Zwar beeinflusse das nicht die Beschäftigungspläne der Firmen, aber die Betriebe reduzierten ihre Investitionsplanung. "Das ist ein direktes Ergebnis der gesunkenen Zukunftserwartungen. Wer nicht mit Gewinnen rechnet, investiert nicht in neue Anlagen", sagt Markus Mews.

In ihrer Studie hatte die IHK auch gefragt, worin die die Unternehmer die größten Risiken für die künftige konjunkturelle Entwicklung der Region sehen. 56 Prozent der Befragten nannten die hohen Energiepreise, 55 Prozent schätzen die Auslandsnachfrage als unsicher ein. Immerhin der Hälfte der Befragten macht die Entwicklung der Binnennachfrage Sorge. "Zwar gilt die Wirtschaft vor allem als exportstark, aber inzwischen hat auch die Binnennachfrage ein sehr hohes Niveau erreicht. Sollte sich die Konjunktur abkühlen, werden die Veränderungen dort besonders spürbar", sagt IHK-Sprecher Markus Mews. Für 43 Prozent der befragten Betriebe ist vor allem der Fachkräftemangel ein Risikofaktor in der Zukunft.

Die gegenwärtige Krise in Südeuropa hat nach Aussage der IHK-Studie auch Auswirkungen in der Region Lüneburg. Davon am stärksten betroffen seien Industriebetriebe. Egal ob Maschinen- und Anlagenbauer, Lebensmittelhersteller, Textilbetriebe oder Autobauer - verschiedene Branchen litten unter der zurückgehenden Nachfrage auf dem europäischen Markt. Die Bestellungen aus Griechenland, Spanien und Portugal seien gesunken, was für eine Eintrübung der Geschäftslage und der Zukunftsaussichten sorge.

Thomas Wein, Professor für Volkswirtschaftlehre und Wirtschaftspolitik an der Leuphana, schränkt ein. "Im Gegensatz zu Frankreich, Österreich, Holland und Belgien spielen die südeuropäischen Staaten, was die Größenordnung der Exporte angeht, nur eine nachrangige Rolle für deutsche Betriebe", sagt der Wissenschaftler. Dass die Unternehmer jedoch nicht nur mit Optimismus in die Zukunft schauen, kann Wein nachvollziehen.

Das Baugewerbe kann momentan auf volle Auftragsbücher verweisen. Für die Herbstmonate gehen die Prognosen erwartungsgemäß zurück. "Von den Auswirkungen der Euro-Krise ist das Baugewerbe mit seinem regionalen Fokus nicht in dem Maße betroffen", sagt Markus Mews. Der Einzelhandel hat keine große Hoffnung auf ein gutes Geschäft im nächsten Quartal. Nur noch 24 Prozent der Betriebe rechnen mit verbesserten Geschäften. Im Frühjahr waren noch 37 Prozent der Befragten optimistisch. "Im Moment haben viele Leute Arbeit, geben Geld aus, die Konsumneigung ist hoch. Aber die Branche schaut natürlich auch, mit welchen Erwartungen andere in die Zukunft blicken", erklärt IHK-Sprecher Mews die Zurückhaltung. Die Lage im Großhandel ist nach Angaben der IHK stabil, die Anbieter von Dienstleistungen bewerten die aktuelle Geschäftlage positiv und haben auch für die Zukunft die Erwartung, dass die Geschäfte laufen.