In sechs Stunden müssen möglichst viele Runden gefahren werden. Warum das Greenteam beim Mofarennen vergeblich auf einen Pokal hoffte.

Wittorf. Lutz Schneider schaut aus der Tür seines grünen Wohnwagens in den Himmel. Alles blau da oben. Das Wetter ist gut, das Team eingespielt, die Stimmung könnte nicht besser sein. Heute muss es klappen mit dem Pokal. Vergangenes Jahr hatten sie die Trophäe um einen Platz verpasst. Unzählige Stunden haben sie sich seitdem vorbereitet, in den zurückliegenden Wochen wurde intensiv getüftelt, am Mofa geschraubt, diverse Teile ausgetauscht, das Zweirad frisiert (das Abendblatt berichtete). Nun soll ein Pokal die Werkstatt der vier Freunde schmücken. Bereits zwei Stunden vor Rennbeginn auf dem Acker bei Wittorf treffen sie sich an der Strecke, um sich auf die Herausforderungen des Tages vorzubereiten.

Zuerst steht die Überprüfung des Mofas auf dem Programm. Sicherheit geht vor, davon ist Schneider überzeugt und schiebt sein Zweirad bereitwillig zur Prüfstelle. Kontrolliert wird hier, ob die Kriterien für das Fahren in der Originalklasse erfüllt sind. Außerdem werden sicherheitsrelevante Bauteile wie Bremsen und Bereifung überprüft. Zufrieden kommt Schneider zurück zu seinem Rennstall, den 15 Quadratmetern vor seinem Wohnwagen. Die Männer haben sie mit einer Musikanlage und Bierbänken in eine Art bewohnbare Garage unter freiem Himmel verwandelt. "Keine Beanstandungen", sagt er und sorgt damit für entspannte Gemüter. Die erste Hürde des Tages ist genommen. Teamkollege Michel Meyer sagt: "Lasst uns die Strecke begutachten."

+++ Das Rennen in Zahlen +++

Nichts soll dem Zufall überlassen werden. Jede Unebenheit der insgesamt 1,2 Kilometer langen Treckerspur auf dem Acker wird angeguckt und besprochen. Es sind doch mehr gerade Abschnitte dabei als erwartet "Da werden wir sicherlich überholt", sagt Andreas Krüger. Ihr Mofa ist nicht auf Höchstgeschwindigkeit getrimmt, sondern auf konstantes Fahren und darauf, mit Kraft aus den Kurven zu beschleunigen. "Sollen die mal ruhig, die holen wir uns in den Schlenkerkurven zurück", entgegnet Schneider. Can Atay mischt derweil das Benzin mit Öl zum Zweitakt-Kraftstoff. Der Name ihrer Gruppe ist Greenteam. Das bezieht sich auf die Farbe des Mofas und nicht auf ihr grünes Gewissen. Dennoch kalkuliert Atay das Rennen mit verhältnismäßig wenig Benzin. "Da sind etwa sieben Liter in der Maschine, ich mische noch einen weiteren Fünf-Liter-Kanister an, damit sollten wir hinkommen", sagt er.

Boxenstopps und Fahrerwechsel können beliebig oft durchgeführt werden. Wer am Ende der sechs Stunden die meisten Runden absolviert hat gewinnt. Bei jeder Durchfahrt am Startpunkt wird eine Runde per Chiplesegerät registriert, so die Regeln.

Die erste Stunde des Rennens läuft gut für das Greenteam. Can Atay fährt konstant im vorderen Feld mit und bringt die Gruppe in eine gute Ausgangslage. Das erste Mal in die Boxengasse kommt er nach knapp 60 Minuten. "Die Maschine zieht nicht mehr vernünftig an", ruft er den anderen zu. Der Luftfilter ist verstopft und wird schnell gereinigt. Dabei zieht Andreas Krüger sich den Helm und die Handschuhe an und greift als zweiter Fahrer des Teams ins Renngeschehen ein.

Auch für ihn läuft es gut. Die Strategie der Gruppe scheint aufzugehen. Auf den langen geraden Strecken wird ihr grünes Mofa gelegentlich von anderen Fahrern überholt, in der nächsten Kurve sind sie aber meistens wieder vorn. Vom Wohnwagen aus kann man den Acker gut überblicken. Die Stimmung ist gelöst und es wird mit den benachbarten Teams herumgealbert. Schneider beobachtet, wie Krüger plötzlich auf der anderen Seite des Feldes vom Mofa springt. "Verdammt, da ist was passiert", ruft er. In Lauerstellung warten sie in der Boxengasse, bis ihr Teamkollege das Mofa über den Acker geschoben hat. "Die Kette ist gerissen", ruft Krüger ihnen zu. Und nicht nur das, auch die Spannfeder ist weg. Ratlosigkeit und betretenes Schweigen. Dann ruft Schneider: "Es hilft ja nichts, die Kette muss da wieder drauf." Mit vereinten Kräften gelingt es ihnen, diese mit bloßen Händen zu spannen. Doch der Stopp hat wertvolle Minuten gekostet und den großzügigen Vorsprung zum Hauptfeld schmelzen lassen.

Nur etwa zehn Minuten später ist auch der dritte Fahrer, Michel Meyer, in der Boxengasse, der Luftfilter macht wieder Ärger. Nach jedem Stopp zum Reparieren müssen die Männer ihr Mofa gut 300 Meter zum Ausgang der Boxengasse schieben. Zwar müssen auch die anderen Teams mal anhalten, im Laufe der nächsten Stunde verliert der Motor des grünen Mofas aber immer mehr an Leistung und das Team entfernt sich deutlich von den Pokalplätzen. Auch Schneider hat heute kein Fahrerglück. Als er nach der vierten Rennstunde entscheidet, den Motor komplett auszutauschen, geht es schon lange nicht mehr um die Trophäe, sondern darum, das Rennen irgendwie zu Ende zu bringen. Zwanzig Minuten vor Schluss frisst sich der Kolben fest.

Das Rennen für das Greenteam ist gelaufen. Abgeschlagen landen sie auf dem 30. Platz der Originalklasse. "Wir haben alles gegeben und so lange gekämpft, wie wir konnten", sagt Schneider. "Nach dem Rennen ist vor dem Rennen. Nächstes Jahr haben wir mehr Glück." Einige der vorderen Plätze gehen am Ende an gewöhnliche straßentaugliche Mofas, an denen kaum etwas verändert wurde. Natürlich hätte man das Rennen auch so fahren können. Vielleicht hätte man die Maschine dann auch nicht überfordert, resümiert Schneider. Aber das wäre nicht ihr Ding. Wo bliebe da die Herausforderung?