Wie wurde Feuer eigentlich vor hundert Jahren gelöscht? Das Lüneburger Feuerwehrmuseum gewährt Einblick in 150 Jahre Stadtgeschichte.

Lüneburg. Hinter den Türen der Lüneburger Feuerwehr verbirgt sich ein ganz besonderes Kleinod - das Lüneburger Feuerwehrmuseum. Auf einer über zwei Stockwerke verteilten Ausstellungsfläche stellt die Sammlung die rund 150-jährige Geschichte der freiwilligen Feuerwehr in Lüneburg dar und gewährt einen spannenden Einblick in ein weniger bekanntes Stück Stadtgeschichte.

Die Ausstellung wurde 2004 von Dieter Heidorn initiiert, der seit seiner Pensionierung die verschiedenen Exponate nach und nach zusammengetragen hat. In der alten Feuerwache an der Kaufhausstraße hatte er schon eine beträchtliche Sammlung zusammengestellt, weshalb nach dem Umzug der Schwerpunktfeuerwehr Lüneburg-Mitte an die Lise-Meitner-Straße vor rund fünf Jahren neue Räume für das Museum bereitgestellt wurden. Seit 2007 wird der engagierte 71-Jährige von seinem ehemaligen Kollegen Bernd Rothardt unterstützt, der auch das Feuerwehrarchiv betreut. Für das Abendblatt haben sich die beiden zu einer Sonderführung bereit erklärt.

Der untere Teil des Ausstellungsbereiches widmet sich historischen Löschgeräten und gibt einen Eindruck von den Techniken, die im Laufe der Zeit zum Einsatz kamen. Von einfachen Wassereimern über die ersten primitiven Schlangenspritzen ab 1765 bis hin zu beeindruckenden Spritzenwagen, die nicht nur Kinderherzen höher schlagen lassen, wird hier vieles präsentiert. "Durch die Feuerlöschordnung von 1692 wurde allen Bürgern per Gesetz vorgeschrieben, zwei Wassereimer pro Grundstück zu besitzen", sagt Rothardt und Heidorn ergänzt: "Wenn es irgendwo in der Stadt brannte, mussten alle außer Geistliche, Apotheker, Ärzte und Militärs mit anpacken. Da haben sich riesige Schlangen gebildet, um das Wasser aus der Ilmenau zu holen. Ein ganz schönes Chaos war das damals."

Ein Großteil der Exponate sind Lüneburger Originale, die in mühevoller Kleinstarbeit restauriert wurden. Nur wenige Ausstellungsstücke, die in Lüneburg nicht mehr aufgetrieben werden konnten, wurden der Sammlung von anderen Gemeinden überlassen. "In Lüneburg sind einige der alten Spritzen auf dem Müll gelandet", bedauert Rothardt. Den größten Stolz der Sammlung stellt eine Patent Saugspritze aus dem Hause Kurtz dar, die noch aus dem Lüneburger Bestand stammt. Der für den Pferde- oder Menschenzug eingerichtete Spritzenwagen ist auch heute noch voll funktionstüchtig und fährt regelmäßig bei dem historischen Umzug anlässlich der Sülfmeistertage durch die Stadt. Auch bei der Lüneburger Museumsnacht wurde der alte Wagen schon zu neuem Leben erweckt.

In der Galerie im ersten Stock treffen die Besucher dann auf ein gut sortiertes Sammelsurium von unterschiedlichsten Exponaten aus drei Jahrhunderten Feuerwehrgeschichte. Wie sich die Uniformen im Laufe der Zeit verändert haben, wird an Kleiderpuppen demonstriert, die dem Museum nach der Schießung des Modegeschäfts Hedemann überlassen wurden. Rothardt weiß zu jedem der ausgestellten Kleidungstücke aus den Jahren 1864 bis heute etwas zu sagen. Zum Beispiel, wie heiß es in der Einsatzkleidung werden kann und dass es - insbesondere im Sommer - schon zu Kreislaufprobleme bei Feuerwehrmännern kam. Schließlich steht Rothardt vor einer Schaufensterpuppe in neonorangefarbener Kluft. "Das ist meine alte Einsatzkleidung", sagt der 63-Jährige stolz und deutet auf seinen Namen, der die Brusttasche der Jacke ziert. Eine lange Geschichte hat auch der Helm erlebt, den die Puppe trägt. "44 Jahre saß der auf meinem Kopf. Der Helm hat verschiedene Anstriche mitgemacht und einige Male das Innenleben gewechselt, aber ich habe ihn nie abgegeben." Jetzt hat er seinen Platz im Museum gefunden.

In Glasvitrinen haben die beiden Ehrenamtlichen Ausrüstungsgegenstände aus allen Bereichen der Freiwilligen Feuerwehr ausgestellt. Hier befinden sich zum Beispiel Dokumente aus dem 19. Jahrhundert wie die Originalstatute von 1864, Notenblätter mit den ersten Hornsignalen, Mitgliederlisten oder Hydrantenbücher. Fünf Freiwillige haben Rothardt bei der Übersetzung der Sütterlinschrift geholfen. Daneben nimmt auch der Werdegang der Alarmgeräte einen großen Platz in der Sammlung ein. Heidorn erläutert, dass in Lüneburg schon 1912 der stille Alarm eingeführt wurde, was bedeutet, dass bei einem Brand nicht mehr die gesamte Öffentlichkeit, sondern nur die Feuerwehrmänner alarmiert wurden, in deren Häusern Alarmglocken angebracht waren. Über Brandmelder in der gesamten Stadt ging der Alarm in einer Zentrale ein, von wo aus die Einsatzkräfte in den nahe liegenden Gebieten informiert wurden. Da es damals noch keinen Funk gab, waren in die öffentlichen Brandmelder Telefone integriert, über die mit der Zentrale kommuniziert werden konnte.

Beeindruckend ist auch die große Sammlung an Spielzeugautos, die von einem Kameraden genau so nachgebaut wurden, wie sie im Laufe der Zeit in Lüneburg im Dienst waren. Mit Heidorn und Rothardt wird die Ausstellung von zwei Männern betreut, die mit Herzblut bei der Sache sind und für die das Museum zur Lebensaufgabe gewachsen ist.

"Die Feuerwehr ist etwas, was man leben muss", sagt Heidorn. Ihr Ziel ist es, die Sammlung in Lüneburg bekannter zu machen und noch mehr Besucher in die Räume an der Lise-Meitner-Straße zu locken. Das ist nicht ganz einfach, da das Museum nicht ständig geöffnet hat und daher nicht ohne weiteres zugänglich ist. Ein Besuch muss im Vorfeld mit einem der beiden Ehrenamtlichen (Telefon 04131/301 20) abgesprochen werden. Der Vorteil dabei ist, dass die Gäste des Museums auch immer eine spannende Führung durch die Sammlung bekommen und so einen Blick hinter die Kulissen werfen können. Laut Heidorn und Rothard können auch kurzfristig Termine vereinbart werden. Dazu sagt Rothardt: "Einer von uns beiden hat eigentlich immer Zeit. Egal ob morgens oder meinetwegen auch spät in der Nacht. Wir sind im Ruhestand, da ist man flexibel."