Jan Peter Gaetcke zeigt in der ZDF-Sendung Aktenzeichen XY ... ungelöst , warum er für den Zivilcourage-Preis nominiert ist.

Lüneburg. Jan Peter Gaetcke hat für heute einen Fernsehabend eingeplant. Auf seinem Bildschirm läuft um 20.15 Uhr "Aktenzeichen XY ... ungelöst". In der ZDF-Sendung über wahre Gewalt- und Kriminaldelikte wird auch ein Fall aus Lüneburg rekonstruiert. Gaetcke wirkt in der Szene, die am 1. Juni im oberbayrischen Dachau gedreht wurde, als Laiendarsteller mit. Für seine Rolle brauchte der 33-Jährige keine lange Vorbereitungszeit, er spielt in der Vorstellung von Nominierten für den elften "XY-Preis - Gemeinsam gegen das Verbrechen" sich selbst.

Gaetcke zeigt in dem vier Minuten und 46 Sekunden dauernden Film, wie er bei einer lebensgefährlichen Messerattacke sehr viel Zivilcourage bewies. Wie berichtet, war es am 14. Januar gegen 23.20 Uhr zu einem heftigen Streit in der Ilmenaustraße gekommen. Als ein 26-Jähriger seine vier Jahre jüngere Freundin abholte, folgte ihnen ein 24-Jähriger, der mit der Frau in einer Lüneburger Wohnung lebte. Aus blinder Eifersucht zückte er ein Küchenmesser aus Keramik und fügte seinem Nebenbuhler damit zahlreiche tiefe Schnittverletzungen im Gesicht, am Oberkörper und an den Armen zu.

Durch laute Schreie des Opfers und seiner entsetzten Freundin wurde ein Stammgast der Kneipe Lanzelot an der Wandfärberstraße auf die Bluttat aufmerksam, als er zum Rauchen in den rückwärtigen Biergarten gegangen war. "Der Mann kam mit weit aufgerissenen Augen herein und rief 'Holt die Polizei!'", sagt Gaetcke. Er erinnert sich noch oft an das, was danach geschah. Der Barkeeper im Lanzelot ließ das Bier, das er gerade zapfte, stehen, sprang um den Tresen und rannte nach draußen. Am Ende der Papenstraße sah er eine junge Frau stehen. "Sie schrie 'Nehmt ihm das Messer weg!'"

"Ich sah dann einen Mann, der gerade zum Bauchstich ansetzte", sagt Gaetcke. Er erinnert sich, dass er in dieser Situation nicht lange nachdachte, sondern dem Angegriffenen zur Hilfe eilen wollte. "Ich griff instinktiv auf die linke Hand mit dem großen Küchenmesser." Doch seine Finger rutschten von der blutigen Haut des Angreifers ab, der daraufhin die Waffe in die rechte Hand nahm, um mit der linken Faust den Helfer des Opfers abzuwehren.

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"Da ging ich erst einmal zwei Schritte zurück und hinter den Mann." Gaetcke: "Ich fasste nach der rechten Hand, um das Messer zu kontrollieren, und legte meinen linken Arm um den Hals des Angreifers." So konnte der kräftige 33-Jährige den kleineren Mann mit normaler Statur zu Boden ringen, ohne selbst verletzt zu werden. "Ich lag auf dem Mann und drückte den Kopf mit den langen schwarzen Haaren so fest nach unten, dass er sich keinen Zentimeter mehr bewegen konnte." Doch noch immer ging von der mehr als zehn Zentimeter langen Stichwaffe Gefahr aus. "Ich sah zwei Füße neben mir und rief 'Tritt drauf!'". Wie Gaetcke erst später realisierte, war der Angegriffene mit letzter Kraft auf die Keramikklinge getreten, die daraufhin abbrach und zwischen die Roste eines Gullys fiel, bevor er zusammenbrach.

Rettungskräfte brachten den blutüberströmten 26-Jährigen zunächst ins Städtische Klinikum Lüneburg, von wo er später zu einer Notoperation in eine Hamburger Spezialklinik verlegt wurde. Inzwischen sind seine Stichverletzungen, die seine Nase und Handflächen bis auf die Knochen aufgerissen hatten, verheilt und er konnte sich bei seinem Lebensretter bedanken. "Es ist der größte Lohn für mich, dass es ihm heute gut geht", sagt Gaetcke.

Eine weitere Belohnung könnte der mutige Helfer am 10. September aus den Händen von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich bekommen, wenn in Berlin der elfte XY-Preis verliehen wird. Eine Jury wählt zwar erst Ende Juli unter mehr als 50 Helden des Alltags den Gewinner aus, aber bereits heute Abend wird Gaetckes mutiges Verhalten von Moderator Rudi Cerne den Zuschauern vorgestellt.

Auch falls Gaetcke den Preis nicht gewinnt, ist seine Mutter Annegret stolz auf ihn. "Ich finde es klasse, dass er sich einmischt", sagt sie. Er solle aber auch nicht die Gefahren vergessen, in die er sich damit begebe. Geholfen habe ihr Sohn auch dem Täter, der nicht zum Mörder wurde. Das Landgericht Lüneburg verurteilte den 24-Jährigen wegen versuchten Totschlags zu viereinhalb Jahren Gefängnis. Das Strafgesetzbuch sieht "in besonders schweren Fällen" eine lebenslange Freiheitsstrafe vor.