Niedersachsen gibt 2012 insgesamt 27 Milliarden Euro aus und macht Schulden. Der Hamburger Süden erhält neue Studienplätze und Lernstätten

Winsen/Lüneburg/Stade. 27 Milliarden Euro gibt das Land Niedersachsen im kommenden Jahr aus. In 2013 werden es 27,3 Milliarden Euro sein. Wie sich der Landeshaushalt auf ihre Region auswirkt, ist den meisten Menschen trotz der gewaltigen Summen nicht bekannt. "Jeden dritten Euro gibt das Land für Bildung und Wissenschaft", sagt der Haushaltsausschussvorsitzende des Niedersächsischen Landtags, Heiner Schönecke aus Elstorf (Gemeinde Neu Wulmstorf). Die Erklärung dafür ist einfach: Das Land bezahlt 87 000 Lehrer an den Schulen.

Wie profitiert der Hamburger Süden in den nächsten zwei Jahren von dem Geld aus Hannover? Mit insgesamt 100 Millionen Euro will das Land 38 000 zusätzliche Studienplätze in ganz Niedersachsen schaffen. Mit dem Geld finanziert die Landesregierung Anbauten an den Hochschulgebäuden und zusätzliche Dozenten. Die einzige Universität im Hamburger Süden auf niedersächsischem Boden ist die Leuphana-Universität in Lüneburg. Schönecke erwartet, dass dort "einige Tausend Plätze" für Studierende zusätzlich entstehen werden.

Obwohl der Landkreis Harburg kein Hochschulstandort ist, wird er laut Schönecke zum ersten Mal in seiner Geschichte Zuschüsse aus dem Wissenschaftsetat erhalten. Mit 1,6 Millionen Euro finanziert Niedersachsen aus den EU-Geldern die sogenannte Zukunftswerkstatt, die im nächsten Jahr in Buchholz entstehen wird. Hier erhalten Jungen und Mädchen zusätzlich zum Schulunterricht Förderung in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Manche sehen in der Zukunftswerkstatt den Einstieg des Landkreises, vielleicht doch einmal Hochschulstandort zu werden.

Mit vier Millionen Euro finanzieren Niedersachsen und die Europäische Union noch einen anderen außerschulischen Lernort im Süden Hamburgs: das Agrarium des Freilichtmuseums am Kiekeberg in Ehestorf. Schulklassen und Erwachsene sollen hier das Wissen für eine gesunde Ernährung erwerben können. Hier werde gezeigt, so Schönecke, dass Ernährung mehr sei, "als eine Dose Fisch zu öffnen." Vor allem aber soll das Erlebniscenter für Landwirtschaft und Ernährung, das im Mai eröffnen wird, den Tourismus fördern.

Offenbar als Reaktion auf die Mordserie mit rechtsextremistischem Hintergrund stellt das Land in den nächsten zwei Jahren insgesamt eine Million Euro zusätzlich für Initiativen gegen jede Form von Extremismus bereit. Einen Teil davon vergibt das Kultusministerium für Projekte an Schulen. Niedersachsen verzichtet aber weiter auf eine Landeszentrale für politische Bildung, die das Land zum 31. Dezember 2004 abgeschafft hatte.

100 Millionen Euro gibt das Land dafür aus, dass das dritte Kindergartenjahr kostenlos bleibt. Geld für weitere beitragsfreie Kindergartenjahre sieht der Landeshaushalt für 2012 und 2013 nicht vor. Mit fünf Millionen Euro will das Land 1600 Beschäftigte im öffentlichen Dienst befördern. Wer in den Landkreisen Harburg, Lüneburg und Stade bei der Polizei, Gerichten oder in der Finanzverwaltung beschäftigt ist, kann auf eine höhere Stelle hoffen.

Das Land tritt meist als Kofinanzierer auf. Das dürfte der Grund dafür sein, dass den Menschen eine Beteiligung des Landes an Vorhaben in ihrer Stadt oder Gemeinde nicht bewusst ist. Ohne die 2,2 Millionen Euro des Landes und der Europäischen Union würde es wahrscheinlich keine Gründerwerkstatt im Landkreis Harburg geben. Insgesamt kostet das Vorhaben vier Millionen Euro, mit dem die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Existenzgründer unterstützt.

Regionen in den Landkreisen Harburg, Lüneburg und Stade, in denen Hausärzte fehlen, könnten von einem neuen Programm des Landes Niedersachsen profitieren. Die Landesregierung stellt eine Million Euro pro Jahr bereit, um Medizinern Anreize zu bieten, sich auf dem Land und nicht in der Großstadt niederzulassen. Mit dem Geld fördert Niedersachsen Praxisübernahmen oder die Gründung von Zweigpraxen in Regionen mit einem medizinischen Versorgungsgrad unter 90 Prozent.

Trotz aller Beispiele der Landesförderung im Süden Hamburgs: Heiner Schönecke sieht eine Dominanz des Raumes Hannover, der stärker profitiere. Der Landtagsabgeordnete nennt ein Beispiel aus der Kulturpolitik: "Wir haben kein staatliches Theater in der Region. Aber mit allein 56 Millionen Euro fördert das Land das Staatstheater in Hannover." In der Wissenschaftsförderung läge das Schwergewicht eindeutig bei den traditionsreichen Universitäten in Hannover, Göttingen und Braunschweig.

Seine Ausgaben finanziert Niedersachsen auf Pump: 2012 nimmt das Land 1,225 Milliarden Euro zusätzliche Kredite auf, 2013 werden es 970 Millionen Euro sein. Das Land zahle sechs Millionen Euro Zinsen am Tag, räumt Schönecke ein. "Davon könnte man jeden Tag eine Schule bauen", sagt er. Ab 2017 soll das Land aber ohne neue Schulden auskommen.

SPD, Grüne und Linke lehnen diese Schuldenpolitik, wie sie sagen, als verantwortungslos ab. Die SPD hat für den Fall eines Wahlsieges bei der Landtagswahl 2013 Steuererhöhungen angekündigt.