“Es ist noch lange nicht vorbei“. Initiativen planen schon für ersten Atommüll-Transport aus Großbritannien, den sie für 2014 erwarten.

Lüneburg. Es war der letzte Castor Transport aus der Wiederaufbereitungsanlage La Hague in Frankreich, den die Region im vergangenen November erlebte. Doch Dirk Werner, Sprecher des Lüneburger Aktionsbündnisses gegen Atom (LAgA) geht fest davon aus, dass bereits im Jahr 2014 der nächste Castor durch den Norden rollen wird. Dann kommt wieder aufbereiteter Atommüll aus der Anlage in Sellafield aus Großbritannien nach Gorleben.

"Es ist noch lange nicht vorbei. Bisher ist schließlich Gorleben im Wendland der einzige Standort, der eine Genehmigung für das Lagern radioaktiver Abfälle hat", sagt Werner. Sein Aktionsbündnis will deshalb auf jeden Fall aktiv bleiben: Gemeinsam bereitet man derzeit eine Veranstaltungsreihe für den März kommenden Jahres vor, dann jährt sich zum ersten Mal der Atomunfall im japanischen Fukushima.

Für Werner ist in der Rückschau der soeben beendete Castor Einsatz der Polizei im Norden einer der härtesten Polizeieinsätze überhaupt gewesen. Mehr als 150 verletzte Polizisten und rund 300 verletzte Demonstranten, so hieß es nach Ende des Transports, habe es gegeben. Rund 20 000 Polizisten aus dem ganzen Bundesgebiet waren aufgerufen, den Castor-Transport ins Zwischenlager zu begleiten.

"Das war das düsterste Szenario seit langem, das wir diesmal im Wendland erlebt haben. Die Gruppen, die entlang der Castorstrecke im Norden demonstriert haben, haben sich inzwischen intensiv ausgetauscht. Alle haben den Polizeieinsatz als besonders hart empfunden. Selbst ausdrücklich als gewaltfrei angekündigte Aktionen wurden von den Polizeibeamten mit harten Maßnahmen beendet", sagt Dirk Werner als Fazit.

Selbst bei von Seiten der Demonstranten friedlich verlaufenden Sitzblockaden wurde hart durchgegriffen - das hat Werner beobachtet. "Hunde wurden ohne Maulkorb eingesetzt, es gab Reitergruppen, die einfach in Menschenansammlungen hineinstürmten, und es wurden Polizeigriffe eingesetzt, die offiziell untersagt sind", sagt er.

Dass es auch Gewalt von Seiten der Demonstranten gab - die Polizei berichtete unter anderem von Molotowcocktails, brennenden Strohballen und Feuerwerkskörpern, bestreitet er nicht. "Natürlich hatten wir auch in diesem Jahr wieder mit militanten Demonstranten zu tun, die sich jedem Einfluss von außen entziehen. Aber diese Teilnehmer am Protest gab es schon immer, das ist nicht neu", sagt er.

Die Anti-Atomkraft-Bewegung will jetzt ein gerichtliches Nachspiel der Polizeieinsätze in Gang bringen. Klagen vor den Verwaltungs-und Zivilgerichten, auch Strafverfahren gegen einzelne Polizeibeamte - das alles steht im Raum. Insbesondere die Polizeimaßnahme, bei der rund 1300 Demonstranten in der Nähe der Ortschaft Harlingen im Wendland und später an der Gefangenen-Sammelstelle in Lüchow im so genannten "Außengewahrsam" festgehalten wurden, will die Anti-Atombewegung vom Verwaltungsgericht klären lassen. Für sie ist die "Einkesselung" von Demonstrierenden ein Verstoß gegen die im Grundgesetz geschützte Versammlungsfreiheit.

Logistisch jedenfalls war dieser Castortransport auf Seiten der Polizei eine ausgezeichnete Leistung, sagt Jens-Peter Schultz, Vorsitzender der Direktion Lüneburg und Mitglied im niedersächsischen Landesvorstand der deutschen Polizeigewerkschaft. "Bei der Versorgung der Beamten gab es keine Probleme, das hat nach meinem Eindruck gut geklappt. Es wurde stärker dafür gesorgt das Ver- und Entsorgungswege nicht blockiert waren, hier wurde sofort geräumt. Für das Personal gab es kürzere Wechselzeiten als beim letzten Mal. Ich habe bisher nicht eine einzige Beschwerde von den Kollegen erhalten", sagt er. Auch bei der Vergütung oder dem Ausgleich von geleisteten Überstunden habe Innenminister Schünemann in Hannover bereits eine Zusage für die Anrechnung von Bereitschaftszeiten gemacht.

33,5 Millionen Euro hat der Einsatz nach seinen Informationen insgesamt gekostet. "Solche Einsätze können wir uns weder finanziell noch gesellschaftspolitisch in Zukunft leisten. Bei diesem Mobilisierungsgrad der Polizeibeamten bleibt die restliche Region mit Personal unterversorgt. Außerdem muss die Politik klären, wie es in Sachen atomares Endlager weitergehen soll. Es muss definitiv und ergebnisoffen auf einer weißen Landkarte nach einem geeigneten Standort gesucht werden. Die Zeit, in der die Probleme auf dem Rücken der Polizeibeamten gelöst werden, muss ein Ende haben", lautet die Bilanz des GdP-Beamten.