Eine Glosse von Andreas Burgmayer

Jetzt wird sie wieder schmallippig. Und die Augenlider zucken so leicht nach oben. Sie wird sauer. Sehr sauer. Ich kenne das. War ja auch ein fieser Zug von mir. So einfach mal eben 24 Punkte gemacht. Indem ich genau den passenden Stein gelegt habe. Sie hat kaum eine Chance mehr auf den Sieg. Wieder einmal. Genau gesagt, das dritte Mal an diesem Abend.

Meine Frau und ich spielen gerne Spiele. Das ist gut für den Zeitvertreib. Aber manchmal schlecht für die Ehe. Wir sind beide lausige Verlierer. Heute Abend ist sie dran. Es steht drei zu eins. Ich bin müde. Es geht gegen Mitternacht. "Wir bleiben jetzt hier sitzen, bis ich auch mal gewonnen habe. Sonst kann ich gleich nicht schlafen", sagt sie. Ich versuche, mich mit einer Fußmassage freizukaufen. Sinnlos. Ihre Augen funkeln. Ich fürchte, sie will mich hauen.

Noch vor Tagen habe ich in Serie verloren. Spuckte Galle bei jedem miesen Zug. Verteufelte das Spiel, die Welt, versank in Selbsthass und dem Gefühl, gedemütigt worden zu sein. Jetzt sitze ich hier mit meiner Siegesserie und kann doch nicht mehr darin erkennen als einen mehr als zweifelhaften Pyrrhussieg.

Denn wir duellieren uns hier zwar wie ehemals die Großmeister im Schach, die sich bei den wichtigen Duellen unter dem Spieltisch die Unterschenkel blutig traten. Aber die Großmeister mussten hinterher nicht gemeinsam ins Bett.