Ein Jahr nach Start des Projekts für Arbeitslose ist erst die Hälfte der 100 Plätze in Lüneburg besetzt. Job bringt 900 Euro bei 30 Stunden.

Lüneburg. Sie soll Langzeitarbeitslosen den Weg zurück ins Arbeitsleben erleichtern und ihnen eine Aussicht auf einen festen Job bieten: die Bürgerarbeit. Doch nach einem Jahr fällt das Fazit für das Modell ernüchternd aus. Im Juli teilte die Bundesregierung mit, dass in Deutschland erst 7000 der geplanten 34 000 Stellen besetzt seien.

Und auch in Lüneburg sieht es zurzeit nicht wesentlich besser aus. 100 Stellen stehen in Stadt und Landkreis für Langzeitarbeitslose zur Verfügung, bisher sind jedoch erst etwas weniger als die Hälfte besetzt. "48 Bürgerarbeiter sind derzeit im Dienst, zwei weitere Bürgerarbeitsverhältnisse sollen demnächst anlaufen", sagt der Sprecher des Jobcenters Lüneburg, Thomas Bolle.

Ein Grund für die schleppende Umsetzung des Bundesprogramms, das Arbeitslosen für drei Jahre ein gesichertes und sozialversicherungspflichtiges Einkommen verschafft, ist das komplizierte Antragsverfahren. Vor allem kleine Vereine, die dann als Arbeitgeber fungieren wie der Naturschutzbund Lüneburg, können ein Lied davon singen. Auch Katrin Peters, Sprecherin des Landkreises räumt ein, dass die Verfahren umfangreich, kompliziert und langwierig seien. Dazu komme, dass auch die Personalauswahl einige Zeit in Anspruch nehme.

Der Landkreis Lüneburg beschäftigt zurzeit acht Bürgerarbeiter, genehmigt sind inzwischen 13 Plätze. Die Männer und Frauen sind unter anderem als Schulbusbegleiter unterwegs, helfen in Bibliotheken oder packen bei der Landschaftspflege mit an.

Martin Schütt ist einer von ihnen. Dank des bundesweiten Programms ist er seit drei Monaten zurück im Arbeitsleben. Der Lüneburger ist beim Landkreis Lüneburg angestellt und dort für das Schulobstprogramm verantwortlich. An elf Ganztagesschulen verteilt er einmal in der Woche kostenlos Äpfel aus dem Alten Land. Dass er in seinem Job auf ganz unterschiedliche Weise gefordert wird, als Fahrer, Organisator und im Umgang mit Kindern, macht ihm nichts aus, im Gegenteil.

"Es ist ein schönes Gefühl diese Arbeit zu haben, auch wenn sie nur halbtags ist. Aber ich habe mit sehr unterschiedlichen Menschen zu tun", sagt der gelernte Lkw-Mechaniker. 20 Stunden in der Woche ist er unterwegs mit Apfelkisten, plant die Lieferrouten und teilt die gesunden Snacks selbst aus.

Im Jobcenter hat der dreifache Vater von dem Projekt Bürgerarbeit erfahren. "Dort habe ich mich schlau gemacht und habe mich gleich registrieren lassen", sagt der 37-Jährige, der vor seinem Einsatz einige Wochen zusätzlich im Bereich Lagerhaltung und Logistik geschult wurde. Über die Anträge entschieden wird im Bundesverwaltungsamt. Besonderes Augenmerk legen die Prüfer darauf, dass die Tätigkeiten gemeinnützig sind und keine regulären Jobs verdrängen. "Diese Prüfung ist sehr streng, auch im Vergleich zu den Arbeitsgelegenheiten, den sogenannten Ein-Euro-Jobs. Deshalb wurden auch einige unserer Anträge abgelehnt", sagt Thomas Bolle.

Auch bei der Kindertafel, in Stadtteilhäusern und im Stövchen, einer Kontaktstelle für psychisch Kranke, kommen Bürgerarbeiter zum Einsatz. Speziell, um sie zu betreuen, wurde im Jobcenter eine neue Stelle geschaffen. Die Arbeitsvermittlerin gleicht die Profile der Programmteilnehmer regelmäßig mit den Angeboten auf dem Arbeitsmarkt ab. Einsparungen bei anderen Programmen, zum Beispiel für ältere Arbeitslose, gebe es nach Einführung der Bürgerarbeit nicht, sagt Thomas Bolle. Bei den Ein-Euro-Jobs hingegen beobachtet der Sprecher des Jobcenters einen Mentalitätswandel. "Es ist beabsichtigt, dass viele Arbeitsgelegenheiten in die Bürgerarbeit münden."

Lennard Aldag, Regionssekretär des Deutschen Gewerkschaftsbundes ,hat eine klare Meinung zu dem Thema. Für ihn steht fest: "Das Ziel müssen feste, unbefristete Jobs sein. Auch wenn die Bürgerarbeit im Vergleich zu anderen Arbeitsgelegenheiten tarifrechtlich besser abgesichert ist und die Löhne in die richtige Richtung gehen." Wie erfolgreich das Modell ist, könne erst nach drei Jahren bewertet werden, sagt der Gewerkschafter. "Dann wird sich zeigen, in wie vielen Fällen Bürgerarbeit zu einem festen Arbeitsplatz für die Teilnehmer geführt hat."