Für Ausbau der Lehr- und Versuchsanstalt gibt es noch keine Förderzusage. Bis Ende 20133 muss der geplante Bau abgerechnet sein

Echem. Leise ist es geworden um den Ausbau der Lehr- und Versuchsanstalt (LVA) für Tierhaltung zu einer überbetrieblichen Ausbildungsstätte für Landwirte. Doch die Ruhe ist trügerisch, denn dem rund 20 Millionen Euro-Projekt der Landwirtschaftskammer Niedersachsen droht, die Zeit davonzulaufen.

Bis Ende 2013 muss der geplante Bau des Internats für Landwirtschaftsschüler und der Ställe für 252 Sauen, 1070 Mastschweine, 1190 Aufzuchtferkel, 145 Rinder sowie 32 Sauen, 80 Ferkel und 250 Mastschweine, die unter ökologischen Bedingungen gehalten werden sollen, vollendet und abgerechnet sein. Dann endet die Förderperiode für das EU-Programm Ziel-1, aus dem 60 Prozent der Gesamtkosten bestritten werden sollen. Weitere 30 Prozent sollen vom Land kommen, zehn Prozent trägt die Landwirtschaftskammer. Zudem ist angedacht, zusätzlich eine Biogasanlage zur Gülleentsorgung zu errichten. Die ist jedoch bislang nicht in die Flächennutzungsplanung der Samtgemeinde Scharnebeck aufgenommen.

"Wir sind unter Druck und wollten schon längst weiter sein", räumt Rainer Mennen, Projektbegleiter bei der Kammer ein. Hans-Joachim Harms, Geschäftsbereichsleiter Verwaltung und Liegenschaften bei der Landwirtschaftskammer, spricht von einem inzwischen ungeduldigen Warten auf die Förderzusagen. Gleichwohl gebe es positive Signale. "Deshalb gehe ich davon aus, dass die LVA wie geplant gefördert und erweitert wird", sagt er. Allerdings, so glaubt Mennen, sei das Projekt nicht mehr in dem vorgegebenen Zeitrahmen zu schaffen. "Aber wir werden die Abrechnung hoffentlich über 2013 hinaus schieben dürfen."

Der LVA-Ausbau hängt an einem Gutachten, das das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) erstellt. Darin überprüft es den Förderbedarf, aber auch den Platzbedarf für die Tiere in der Ausbildungsstätte und entscheidet über die Vergabe der EU-Mittel. Ein Gutachter arbeitet seit Oktober 2010 daran. Über die Landeszuschüsse, für die das Kultusministerium zuständig, ist, sollte eigentlich bis vorigen Juni entschieden sein. Doch es hakt. "Angesichts der in der Region sehr kontrovers diskutierten Einrichtung einer Bildungsstätte für Schweinezucht an einem neuen Standort ist neben einem fördertechnischen Gutachten die fachliche Stellungnahme durch das zuständige Landwirtschaftsministerium erforderlich. Diese liegt noch nicht vor", heißt es beim BIBB. Natascha Manski, Sprecherin des Landwirtschaftsministerium sagt, es sei zu erwarten, dass das Gutachten nebst den Ergebnissen der Prüfung des Kultusministeriums und der Bewertung der BIBB in den kommenden Wochen bekannt gegeben wird. "Dann werden weitere Koordinierungsgespräche stattfinden."

Für eine abschließende Bewertung müsse zunächst die Prüfung des Gutachtens durch das Kultusministerium abgewartet werden. "Soweit die Tierschutzaspekte ausreichend berücksichtigt werden, sehen wir derzeit keine Probleme. Insgesamt bietet der konzeptionelle Ansatz die Möglichkeit, die neuesten technischen Verfahrensfortschritte der nachhaltigen und tierschutzgerechten Tierhaltung über die Aus- und Fortbildung in die Praxis neutral zu vermitteln", so die Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums.

"Wir benötigen dringend verbindliche Aussagen, um weiter planen zu können", sagt Projektbetreuer Mennen. Denn zurzeit dürfe nichts an dem Projekt angefangen werden. "Weil die Vorgaben für die Förderung fehlen, darf nicht einmal ein Architekt loslegen", so Mennen. Und Geschäftsbereichsleiter Harms sagt, spätestens im kommenden Jahr müsse der Bau beginnen.

"2013 ist mittlerweile ein sportliches Ziel", sagt Laars Gerstenkorn (CDU), Bürgermeister der Samtgemeinde Scharnebeck. Zumal die Aufnahme der angedachten Biogasanlage in den Flächennutzungsplan mindestens ein Dreivierteiljahr dauern werde. "Es ist wichtig, dass es mit dem Ausbau etwas wird. Ohne die Erweiterung droht der LVA, dass ihr Betrieb eingestellt wird, und das würde wichtige Arbeitsplätze kosten", so Gerstenkorn.

Auch die grüne Kreistagsabgeordnete und stellvertretende Landrätin Stefi Brockmann-Wittich aus der Samtgemeinde Scharnebeck drängt darauf, dass die LVA ausgebaut wird, damit es nicht zum, wie sie es formuliert, "Todesstoß" für den Standort komme. "Mit der Steigerung der Zahl der ökologisch gehaltenen Tiere ist die LVA auf dem richtigen Weg. Zumal es die Zusage gibt, mobile Stallelemente einzubauen", sagt sie. Es sei Eile geboten.

"Ich mache mir große Sorgen. Sollte das Vorhaben scheitern, verlegt die Landwirtschaftskammer die Ausbildungsstätte ins westliche Niedersachsen. Das hat Kammerpräsident Arendt Meyer zu Wehdel angedeutet", so Brockmann-Wittich. Sie fordert von der Gemeinde Scharnebeck, auf deren Gebiet der LVA-Erweiterungsbau errichtet werden soll, den dafür nötigen Bebauungsplan schnell aufzustellen. Den Beschluss dafür hatte noch die ehemalige CDU-Ratsmehrheit getroffen. Jedoch erst nach der Kommunalwahl am 11. September, die zu anderen Mehrheiten geführt hatte. Das sorgt für Unmut im neuen Rat.

Bürgermeister Dieter Heidelmann (SPD) sagt, die rot-grüne Mehrheitsgruppe im Rat halte es sich offen, ob sie den Aufstellungsbeschluss aufrechterhält oder kippt. "Wir sind uns noch nicht einig und müssen erst einmal die Unterlagen studieren", so Heidelmann. Außerdem liege der Gemeinde zu diversen Punkten nichts schriftlich vor und offiziell habe es bislang keine Gespräche gegeben.

"Der Anteil der ökologischen Haltung muss ohnehin noch erhöht und die Zahl der Schweine insgesamt reduziert werden. Wir erwarten Verbesserungsvorschläge", fordert Heidelmann. Auch will die Gemeinde die Kammer zum Rückbau verpflichten, falls sich der Schulbetrieb eines Tages nicht mehr lohnt. "Wir wollen nicht, dass in dem Fall ein Großagrarier die LVA übernimmt."