Eine Glosse von Maike Grunwald

Alle Jahre wieder läuft sie wieder - die Weihnachts-Maschinerie. Früher bestimmte der Adventskranz den Beginn der Vorweihnachtszeit. "Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier..." Wie ein Countdown maß er die Sonntage bis zum Start des Heiligabends, nur, dass nicht runter-, sondern raufgezählt wurde.

Heute fängt die Zeit der Lebkuchen viel früher an. Schon seit Anfang Oktober sind die Regale der Supermärkte mit Printen und Marzipan bestückt, auch Weihnachtskarten, Christbaumkugeln und Geschenke preist man uns schon lange an. Zuerst wurde ich schief angesehen, wenn ich Freunden Lebkuchen anbot: "Wie, jetzt schon?", nörgelte Katinka und sah mich an, als ob ich Weihnachten entzaubern wollte. Tage später schon griff meine Tochter mit beiden Händen zu - die Versuchung war einfach zu groß. Und so begannen wir schon Wochen vor dem ersten Advent mit unserer alljährlichen Diät, bestehend aus Weihnachtsgebäck, Weihnachtsgebäck und noch mehr Weihnachtsgebäck.

Zwei weitere Weihnachtszeitindikatoren schnellen jedoch messbar in die Höhe: die Bereitschaft, Gutes zu tun und das Interesse an weihnachtlichen Themen. "Wo verbringst du die Feiertage?", fragen sich Kollegen auf dem Weg zum Mittagessen, während sie Bettlern, die sie im Sommer gar nicht wahrgenommen hatten, Münzen in die Hände drücken. "Was für eine Tanne holt ihr euch?", "Was schenkst du deinem Mann?", "Dieses Jahr spende ich mal Unicef" - Gespräche süß wie Lebkuchen. Meinetwegen kann die Vorweihnachtszeit noch ein paar Monate länger dauern.