Lüneburg. Die Zahl der Ganztagsschulen in Deutschland steigt stetig. Das veranlasste Niedersachsens Kultusminister Bernd Althusmann (CDU), der derzeit zudem Präsident der Kultusministerkonferenz ist, zu der Prophezeiung, die Halbtagsschule sei ein Auslaufmodell. Dabei gehört Niedersachsen zu jenen Bundesländern, die durch ihre besonders geringe Zahl an Ganztagsschulen auffallen. In einem aktuellen Ranking belegt das Land den drittletzten Platz. In diesem Jahr ist der Anteil der Schüler, die an einem Ganztagsangebot teilnehmen, auf 29,7 Prozent angestiegen und hat sich damit gegenüber 2002 fast verfünffacht. Dieser Trend wird sich mit der Einführung der Oberschule in Deutschlands größtem Bundesland weiter fortsetzen.

Als bundesweites Vorzeigemodell sollen niedersächsischen Oberschulen gelten, an denen es ein Ganztagsangebot gibt und in denen Haupt- und Realschüler künftig gemeinsam lernen. Ist die erforderliche Schülerzahl erreicht, sollen Oberschulen auch einen gymnasialen Zweig anbieten können, so wie neuerdings in der Ernst Reinstorf Schule. Die interne Ausgestaltung ist den Schulen überlassen. Studien von Bildungsforschern haben längst belegt, dass Schüler vom gemeinsamen Lernen profitieren, in mehrfacher Hinsicht. Der Lüneburger Pädagogik-Professor Matthias von Saldern beschreibt die positive Wirkung gut geführter Oberschulen so: "Schüler dieser Schulen sind leistungsmäßig besser und haben ein besserer Sozialverhalten. Die Lehrer leiden weniger an Burn-out und wollen seltener versetzt werden."

Allerdings lehnen Vertreter der beiden großen Lehrergewerkschaften GEW und Philologenverband das Modell Oberschule ab. "Die Eltern, die sich für eine längere gemeinsame Beschulung ihres Kindes einsetzen, haben es längst erkannt: Selbst eine jahrgangsgegliederte Oberschule ist keine Integrierte Gesamtschule. Zeugnisnoten und Sitzenbleiben werden hier die Regel bleiben, Lernentwicklungsberichte und ein längeres Offenhalten des Bildungsganges sind als pädagogische Elemente der Oberschule nicht vorgesehen", heißt es bei der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft.