Nabu-Gruppe Lüneburg feiert ihr 100-jähriges Jubiläum. Am Anfang stand der Schutz von Vögeln, die für Damenmode sterben mussten.

Lüneburg. Dass Hüte mit großen Vogelfedern heutzutage allenfalls noch auf dem Schützenfest getragen werden, ist in großem Maße der Lobbyarbeit von Lina Hähnle zu verdanken. Die Frau mit dem Spitznamen "Deutsche Vogelmutter" war mit einem schwäbischen Filzfabrikanten und späteren Reichstagsabgeordneten verheiratet und nutzte um die Jahrhundertwende ihre Kontakte in die Textilbranche, damit Vögel nicht länger für die Damenmode sterben mussten. Politisch engagierte sie sich für das Reichsvogelschutzgesetz und das erste private Schutzgebiet Deutschlands, in dem seit 1911 schonender Tourismus mit Landschaftsschutz einhergeht.

"Vor genau 100 Jahren fiel auch in Lüneburg der Startschuss für die ersten Naturschutzprojekte", sagt Renate Reisner. Die Vorsitzende des Naturschutzbundes (Nabu) im Landkreis Lüneburg weiter: "In unserer Region wurden zu dieser Zeit an unterschiedlichen Orten gleich mehrere Naturschutzgruppen ins Leben gerufen." Das runde Jubiläum ist für die knapp 1200 Nabu-Mitglieder im Landkreis Anlass für eine Geburtstagsfeier. Heute Abend trifft sich die Kreisgruppe im Glockenhaus für einen Rückblick auf die Anfänge des Vogelschutzes in der Heide und an der Elbe.

Einer der Referenten ist Henry Makowski aus Dahlem, der sich bereits in den ersten Nachkriegsjahren im Deutschen Bund für Vogelschutz engagierte. Dieser Verband war Vorläufer des heutigen Nabu und Nachfolger des von Lina Hähnle gegründeten Bundes für Vogelschutz. Dessen Ortsgruppe Lüneburg registrierte in ihrem Bericht für das Gründungsjahr 26 Mitglieder. Als Ansprechpartner ist "Herr Katasterzeichner Meyrahl" benannt. 1947 wurde eine Vogelschutzstation auf dem Lüneburger Kalkberg gegründet. Henry Makowski machte sich international einen Namen in der Nachwuchsförderung. Unter seiner Führung schloss sich der Deutsche Jugendbund für Naturbeobachtung 1956 mit ähnlichen Organisationen aus zwölf Ländern zur "International Youth Federation for the Study and the Protection of Nature" zusammen.

"Die Feier ist für uns Anlass, allen zu danken, die unseren Verein über die Jahrzehnte hinweg gefördert und mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit unterstützt haben", sagt Nabu-Vorsitzende Reisner. "Im Mittelpunkt werden aber die heutigen Aufgaben des Naturschutzes stehen." Die ehrenamtlichen Mitarbeiter helfen beim Erfassen der heimischen Tiervielfalt, der Pflege von Biotopen und dem Unterricht zu Umweltthemen. "Interessierte sind eingeladen, einfach zu einem unserer 14-tägigen Arbeitstreffen zu kommen", so Reisner. "Es findet sich sicher eine Aufgabe - drinnen oder draußen."

Die Arbeitsgruppe von Heinz Düllberg zum Beispiel freut sich über Interessenten, die zweimal jährlich Kormorane zählen. Dazu geht es zu den acht bekannten Schlafplätzen der Vögel in der Region. Vor etwa fünf Jahrzehnten gab es nur zwei Brutkolonien des Kormorans in ganz Deutschland. Eine andere Arbeitsgruppe erfasst die Brutplätze der Uferschwalben und zählt die Bestände. Um die Anzahl der Brutpaare und Jungtiere geht es auch der Arbeitsgruppe Weißstorchbetreuung. Im storchenreichsten Landkreis Niedersachsens helfen sie Adebar außerdem schon einmal beim Nestbau, beziehungsweise beim Errichten sicherer Unterbauten dafür. Um faszinierende Geschöpfe der Nacht kümmern sich in ähnlicher Art und Weise die Helfer der Arbeitsgruppe Schleiereulenschutz.

Vogelkundlich interessierte Nabu-Helfer und Mitglieder des Naturwissenschaftlichen Vereins Lüneburg haben sich zur Avifaunistischen Arbeitsgemeinschaft zusammengefunden. Sie sammeln ornithologische Beobachtungen aus der Region und stellen die Daten über Kraniche und Rotmilane, Kormorane und Co sowohl für ökologische Gutachten als auch für wissenschaftliche Auswertungen zur Verfügung. Außerdem sind die Experten des Nabu gefragt, um Verbesserungsvorschläge bei öffentlichen Bauvorhaben abzugeben. Ziel der Stellungnahmen ist es, Eingriffe in Natur und Landschaft möglichst gering zu halten. Für den Bereich der Elbtalaue arbeiten sie am Niedersächsischen Biosphärenreservatsgesetz mit.

Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt des Nabu in Lüneburg ist neben dem Amphibienschutz die Pflege des Biotops Orchideenwiesen Elfenbruch am Hasenburger Bach. Tatkräftig unterstützt werden die Helfer dabei von einer Moorschnuckenherde. Die alte Haustierrasse frisst nicht nur Gras und Kräuter, sondern auch Binsen, Seggen und auflaufende Baumschösslinge. Durch die Schnucken haben die Orchideen bessere Chancen, zu keimen, zu wachsen und sich auszubreiten. Um solche und andere Zusammenhänge in der Natur geht es in der Nabu-Kindergruppe. Sie trifft sich jeden Mittwoch von 15.30 bis 17.30 Uhr an der Blockhütte am Bockelsberg, um gemeinsam mit den Gruppenleitern Marten Würfel, Sebastian Schacht und Lisa Muckenfuß die Natur vor der eigenen Haustür zu erkunden.