Schlägerbande überfällt Sportcafé in der Rotehahnstraße. Polizei nimmt zwei Männer fest. Wettbüro-Chef schwebt in Lebensgefahr.

Lüneburg. Sonntagabends heißt es "Krimi@Hausbar". Die Gäste der Kneipe in der Lüneburger Innenstadt schauen sich die Erstausstrahlungen der neuen Folgen der Tatort-Reihe gemeinsam an. Krimifreunde können dabei Tipps abgeben, wer der Mörder ist. Wer den Täter als erster errät, gewinnt einen Cocktail. Nur wenige Schritte neben der Hausbar spielten sich am Mittwochabend Szenen ab, die viel zu dramatisch erscheinen für den beschaulichen und eher friedlichen Drehort der täglich ausgestrahlten ARD-Seifenoper "Rote Rosen".

"Ich habe lautes Geschrei gehört", sagt Stefanie Zaun. Als sie aus dem Fenster ihrer Wohnung in der Rothehahnstraße blickte, sah sie einen blutenden Mann gegen eine Hauswand auf der gegenüberliegenden Straßenseite lehnen. Die 29-Jährige hatte am Mittwoch einen Krimiabend geplant. Dass sich der Tatort aber direkt vor ihrer Haustür befindet, war nicht Teil des Plans. "Ich dachte, draußen zündet jemand Böller an", erklärt sie ihre anfängliche Gleichgültigkeit.

Die Knallgeräusche, die Stefanie Zaun einfach ignorierte, haben sich im Nachhinein als Pistolensalven erwiesen. Abgegeben wurden sie auf den 36 Jahren alten Betreiber des Lokals "Internationale Sportcafé", der Pano genannt wird. "Das Opfer wurde noch in der Nacht notoperiert", erklärt Kai Richter. Der Sprecher der Polizeiinspektion Lüneburg weiter: "Der Mann wird weiterhin medizinisch versorgt und befindet sich noch in einem kritischen Zustand." Angaben zu den Verletzungen machte er nicht.

Schussverletzungen erlitten außerdem zwei weitere Männer im Alter von 41 und 52 Jahren. "Die Suche nach der Tatwaffe dauert an", berichtet der Polizeisprecher. Fahnder durchsuchten noch in der Nacht zu Donnerstag mehrere Wohnungen. Richter: "Zwei dringend tatverdächtige Männer im Alter von 29 und 39 Jahren konnten bereits kurze Zeit später in Lüneburg festgenommen werden."

"Täter und Opfer stammen aus der Stadt und dem Landkreis Lüneburg und kennen sich", erklärt Richter. "Alle Beteiligten haben einen Migrationshintergrund." Am Mittwochabend eskalierte ein Streit, dessen Hintergründe Richter aus "ermittlungstaktischen Gründen" nicht nennt. Etwa ein halbes Dutzend Männer im Alter zwischen 30 und 50 Jahren war an dem Kampf auf offener Straße beteiligt.

Kay Schlak ist Nachbar des Wettbüros in dem Klinkerbau. Auch er hörte dumpfe Knallgeräusche. Der Gedanke an Feuerwerkskörper ließ ihn zunächst ruhig in der Küche sitzen. Doch dann drangen griechisch klingende Wortfetzen von der Straße, die auf einen wüsten Kampf deuteten. Der 46-Jährige steckte den Kopf aus der Haustür und sah einen Mann einen Meter neben ihm auf dem Bürgersteig. "Sein Oberkörper war rot vom Blut, das aus seinen Wunden an Kopf und Arm quoll."

Der ehemalige Polizist ist ein wichtiger Augenzeuge für die Ermittler der Kriminalpolizei. Denn Schlak sah, wie der Verletzte lebensgefährlich angegriffen wurde. "Ein knapp 50 Jahre alter Mann hat ihm gezielt von oben gegen den Kopf getreten", sagt er. "Und zwar so kraftvoll, dass er wohl auch das Schlimmste als Folge der Verletzungen in Kauf genommen hat."

Ein weiterer, etwa 40 bis 50 Jahre alter Täter verletzte das Opfer mit Tritten gegen die Brust. Mehrere Jüngere schirmten die Schläger vor den Blicken von Passanten ab. "Das wirkte wie abgesprochen", sagt Schlak. Der bullig wirkende Ex-Polizist schrie die Männer an und rettete dem Gewaltopfer damit möglicherweise das Leben. "Ich weiß nicht, wie das für den Mann ausgegangen wäre, wenn ich nicht dazwischen gegangen wäre." Die Schlägerbande flüchtete an der Ecke mit der Lüner Straße nach links und teilte sich in Höhe der St. Nicolaikirche.

Wenig später waren mehrere Streifenwagen und die Kripo, zwei Rettungswagen und ein Notarzt am Tatort. Für die Ermittler der Spurensicherung wurde die Rotehahnstraße mit Scheinwerfern taghell ausgeleuchtet. Für die akribische Suche nach Patronenhülsen und anderen Indizien war die Sackgasse etwa anderthalb Stunden lang abgeriegelt. "Das war wie in der Krimiserie CSI", sagt Kay Schlak.