Mit Beginn des neuen Schuljahres hat die Oberschule in Niedersachsen Einzug gehalten.

Marschacht. 132 Schulen des neuen Modells sind genehmigt, darunter 19 mit einem gymnasialen Zweig, der bis zur zehnten Klasse führt. Eine von ihnen ist die Oberschule Marschacht im Landkreis Harburg. Neben zwei fünften Realschulklassen mit je 23 und 24 Schülern und einer Hauptschulklasse mit 16 Schülern, zählt der gymnasiale Klassenzug 22 Schüler. Mit der doppelten Anzahl hatte die Schule gerechnet.

Ein Mini-Gymnasium ist an der Elbe entstanden, das einer Sondergenehmigung seitens des Kultusministeriums bedurfte. Zunächst besuchen laut Kultusministerium nur Fünfklässler die neue Schulform. In jedem neuen Schuljahr wird sie um jeweils einen weiteren Jahrgang wachsen.

Bisher konnte Schulleiter Andreas Franz eine Gymnasiallehrerin für die Schule gewinnen. Sie unterrichtet die Fächer Deutsch, Englisch, Religion und Sport. Für das nächste Schuljahr hofft die Schulleitung einen Fachlehrer für Mathematik und Latein einstellen zu können. Grundsätzlich jedoch dürfen sowohl Hauptschullehrer, als auch Realschullehrer bis zur zehnten Klasse unterrichten.

Da sich das Abitur an der Oberschule nicht durchgesetzt hat - was gerade auf dem Land den Charme dieses Schulmodells ausgemacht hätte - werden die Gymnasiasten nach der zehnten Klasse auf das Gymnasium in Winsen wechseln müssen. Bis dahin allerdings bleibt ihnen der weite Anfahrtsweg erspart. Die Vorteile der Schule beschreibt Schulleiter Andreas Franz: "Wir haben jetzt eine ortsnahe Beschulung und bieten quasi ein dörfliches Gymnasium."

Wie lange das so bleiben wird, steht in den Sternen. Die schulpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Ina Korter, weist darauf hin, dass 39 der in diesem Jahr genehmigten 132 Oberschulen in Niedersachsen möglicherweise im Jahr 2015 bereits wieder geschlossen werden müssen. "Dabei handelt es sich um Schulen, die nicht einmal die Mindestanzahl von 48 Schülern erreicht haben und die nur auf Grund einer im Jahr 2015 auslaufenden Sonderregelung eröffnet werden durften", so die Landtagsabgeordnete.

Das geht aus einer Antwort des Kultusministeriums auf eine von Ina Korter gestellte Anfrage hervor. "Von den Eltern wird diese neue Schulform ohne eine echte Abituroption offenkundig nicht angenommen", sagt die Grünen-Politikerin, "schon bei ihrer Gründung drohen die Oberschulen zu Restschulen zu werden." Korter spricht von politischer Willkür, "damit die Landesregierung ein Konzept gegen das Sterben kleinerer Schulstandorte vorweisen kann."

Ähnlich kleine gymnasiale Zweige wie in Marschacht sind seit August in den Oberschulen Jork und Himmelpforten im Landkreis Stade anzutreffen, es sind zwei von insgesamt acht Oberschulen in diesem Landkreis.

Zum Vergleich: In Lüneburg gibt es nunmehr drei Schulen des neuen Typs: die Haupt- und Realschule Adendorf, Dahlenburg und im Amt Neuhaus. Im Landkreis Harburg sind neben der genannten Oberschule Marschacht zwei weitere in Rosengarten und Hollenstedt entstanden, allerdings ohne gymnasiales Angebot.