Ein Spezialtraining am ADAC Fahrsicherheitszentrum hilft Frauen, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten am Lenkrad zu bekommen.

Embsen. Zwölf Frauen haben sich in einem lichtdurchfluteten Seminarraum des ADAC Fahrsicherheitszentrums Hansa/Lüneburg eingefunden. Sie sind nicht aus Hamburg, Kiel, Celle, Munster und Lüchow-Dannenberg angereist, um das gängige Vorurteil zu diskutieren, warum Frauen schlecht einparken und Männer nicht zuhören können. Ihnen geht es um die Sicherheit am Steuer.

Sie alle haben sich angemeldet für ein spezielles Pkw-Frauen-Training. Mehrheitlich ein Geschenk der Ehemänner und Kinder. So sitzen sie mit gemischten Gefühlen auf ihren Stühlen und warten darauf, sich vorstellen zu dürfen. Spannung liegt in der Luft, die Trainerin Claudia Münzberg in einer heiteren Einführung auflöst.

Es gilt, der Reihe nach sich selbst, sein Auto und seine Wünsche vorzustellen. Die Kielerin Sabine Bolte klagt über ihren neuen Mini, der sich wie ein Gokart fahre. "Ich mag dieses Auto nicht. Meine Männer aber haben mir prophezeit: Wenn du vom Training zurückkommst, wirst du ihn lieben."

Eine Hamburger Hausfrau ist, um nach Embsen zu gelangen, erstmalig allein durch den Elbtunnel gefahren. In einer Mercedes A-Klasse. "Nach fast zehnjähriger Pause, habe ich mich erstmals wieder vor einem Jahr ins Auto gesetzt", so die 40-Jährige, die keinesfalls einen verschüchternden Mutti-Eindruck hinterlässt. Andere Teilnehmerinnen meiden die Autobahn oder Fahrten ins Unbekannte, haben Panikattacken am Lenkrad erlebt und überlebt oder fühlen sich schlichtweg unsicher und ängstlich am Steuer ihres Fahrzeuges. Einzig eine 27-jährige Studentin möchte ihre und die Grenzen ihres 13 Jahre alten Polos erfahren.

Die Vorstellungsrunde hat lange, fast zu lange gedauert. "Doch Frauen brauchen das und natürlich lasse ich mich darauf ein", sagt Claudia Münzberg. Denn die Damen kämen oft nervös und mit zitternden Händen zum Training. "Sobald sie ihre Ängste und Schwierigkeiten formulieren dürfen, geht es ihnen gleich besser."

Endlich fahren die Frauen im Corso, angeführt von der 37-jährigen Claudia Münzberg, auf die 60 000 Quadratmeter große Trainingsstrecke. In den nächsten Stunden üben die Teilnehmerinnen Slalom- und Kurvenfahren, Bremsen bei wechselnder Geschwindigkeit und auf unterschiedlichen Belägen. Sie lernen, vor Wasserhindernissen auszuweichen und ein schleuderndes Fahrzeug abzufangen.

Und das alles mit einer optimalen Sitzhaltung. "In Liegeposition lässt sich schlecht Slalom fahren. Also die Rückenlehne senkrecht stellen. Beine und Knie sollten beim Treten von Bremse und Kupplung leicht gebeugt sein, die Arme so angewinkelt, dass die Hände das Lenkrad bei jeder Situation fest im Griff haben, ohne übergreifen zu müssen", sagt die Trainerin.

Die Frauen üben das mehrmals, erst mit vorsichtigen 30, dann bei mutigeren 60 km/h. Die einen holen weit aus, um ein rot-weiß gestreiftes Hütchen zu umfahren, andere wählen die sportlich enge Variante.

Trainerin Münzberg beobachtet die Fahrerinnen aus sicherer Entfernung. Kontakt hält sie mit einem Funksprechgerät. Jede Fahrerin verfügt über ein Empfanggerät, das nur die Ansagen der Trainerin zulässt. Antworten werden nicht übermittelt. Es dauert länger, bis die Damen in Schwung kommen. Münzberg weiß: "Frauen fahren vorsichtiger und vorausschauender als Männer. Sie verursachen weniger Unfälle, aber kennen auch meist ihr Auto nicht so gut."

Dass ihnen hin und wieder der Mut fehlt, demonstrieren sie bei der Vollbremsung. "Wenn sie die Pylonen erreichen, drücken sie voll auf Bremse und Kupplung. Stellen Sie sich vor, was sie zu einer Vollbremsung zwingen könnte. Ein Reh, ein Kind, ein Hund oder ein Ball, der auf die Straße rollt."

Mindestens drei Durchgänge sind nötig, bis die erste Fahrerin mit dem Fuß auf das Bremspedal haut. "Großartig", lobt Münzberg durch das Funkgerät die Polo-Fahrerin. Die anderen ermutig sie: "Haltet die Spannung in Po und Beinen und werdet oben herum nicht zu plüschig. Keine Angst, das Bremspedal bricht nicht - also rauf auf die Bremse."

Als die Frauen soweit sind, gibt sie die Anweisung, beim Bremsen die Hände vom Lenkrad zu lösen, "bis in den Fahrzeughimmel, wer möchte", so Münzberg. Da alle Fahrzeuge über Antiblockiersystem verfügen, könne nichts passieren, erklärt die Reppenstedterin.

Anstrengend und lehrreich war der Tag. Manch eine Fahrerin hat das Training an ihre Grenzen geführt, andere sind darüber hinaus gewachsen. Karin Koopmann aus Lüchow-Dannenberg hat beides durchlebt. Was ihr gutgetan hat? "Niemandem etwas beweisen zu müssen", sagt die 45-Jährige.