Wähler wünschen sich Fortsetzung der Zusammenarbeit im Kreistag. Die neue Elbbrücke wird zum Knackpunkt der Koalition.

Lüneburg. Klarer Sieger bei der Wahl zum neuen Kreistag sind die Grünen. Sie haben sich um 8,5 Prozent verbessert und entsenden künftig 13 statt bislang sieben Abgeordnete in den Kreistag. Die SPD konnte ihr Ergebnis von 2006 annähernd halten und verschlechterte sich lediglich um 1,1 Prozent. Damit ist der Wählerauftrag klar: Die Bürger im Landkreis wünschen mit deutlicher Mehrheit die Fortsetzung der rot-grünen Koalition, die seit Sommer vergangenen Jahres am Ruder ist. Sie löste die vorherige Mehrheitsgruppe aus CDU/Unabhängige und SPD ab, nachdem die Christdemokraten die Zusammenarbeit mit der SPD aufgekündigt hatten.

Es gibt einen weiteren Sieger, der gar nicht zur Wahl stand: Landrat Manfred Nahrstedt (SPD). Er kann sich künftig auf eine satte Kreistagsmehrheit stützen. "Bei Abstimmungen ist meine Stimme nun nicht mehr die entscheidende, um eine Mehrheit zu bekommen", sagt er. Denn Rot-Grün hält 33 der 58 Mandate im Kreistag. Bislang war es deutlich knapper. Das Bündnis vereinigte nur 26 der 52 Sitze auf sich.

Verlierer sind CDU und FDP. Beide Parteien sind mit ihren Ergebnissen eingebrochen. Die CDU verlor rund sechs Prozent, während die Liberalen ihr Ergebnis halbierten. Doch trotz der nur noch drei Prozent an Wählerstimmen wird die FDP dank zweier Direktmandate weiter im Kreistag vertreten sein. Die CDU legte in zehn Jahren seit der Kreiswahl 2001 eine Talfahrt ohnegleichen hin. Sie verlor seitdem zehn Prozent, sackte von 39 Prozent bei der Wahl 2001 auf nun 29 Prozent ab. Daran konnte der Ausstieg aus der großen Koalition mit der SPD nichts ändern. Die Christdemokraten haben es nicht geschafft, ein eigenes Profil zu bilden.

Dass es zu einer rot-grünen Mehrheitsgruppe kommen wird, darauf deutet alles hin. Ein Selbstgänger sei die Fortsetzung der Zusammenarbeit nicht, doch gewünscht, sagt der grüne Fraktionsvorsitzende Bernhard Stilke. Dank des Wahlergebnisses können die Grünen mit breiter Brust auftreten. "Die Verhandlungen für den neuen Gruppenvertrag werden härter. Die SPD muss sich bei einigen Themen auf uns zu bewegen", so Stilke.

Gelegenheit zum Gespräch gibt es schon bald. "Wir gehen auf die Grünen zu. Bereits am Mittwoch werden wir die Verhandlungsgruppe bestimmen", sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Franz-Josef Kamp. Es soll schnell gehen. "Weil es eine sehr große Schnittmenge gibt und wir als Gruppe bei der Wahl gewonnen haben. Wir werden uns die Forderungen der Grünen anhören", so Kamp.

Über die Elbbrücke müsse dringend geredet werden, sagt Stilke. Sie sei mit dieser Kreistagswahl abgewählt worden. "Die große Mehrheit der Bürger im Landkreis will sie nicht." Das sieht die SPD-Kreisvorsitzende Andrea Schröder-Ehlers anders. "Sie ist nicht abgewählt worden. Wir haben bei der Brücke eine klare Position, bei der wir bleiben werden", sagt sie und unterstreicht das Ja der SPD zu dem Projekt.

Jedoch sieht sie das Land in der Pflicht, damit es zum Brückenschlag kommen kann. Es müsse mehr Geld aus Hannover fließen. Kamp kann sich vorstellen, dass die Elbbrücke bei den Verhandlungen ausgeklammert wird. "Wie bisher auch schon, könnten wir das Thema bei Abstimmungen im Kreistag frei geben", sagt er. Das heißt, die rot-grüne Gruppe wird nicht als Einheit votieren, wenn es um die Brücke geht.

Einig sind sich die bisherigen und künftigen Partner jedoch bei einem anderen Thema. Stilke: "Wir haben den Wählerauftrag erhalten, eine zweite und dritte Gesamtschule im Landkreis einzurichten." Kamp und Schröder-Ehlers stimmen zu. "Gesamtschulen sind Teil der Bildungskette, wie wir sie wollen", so die SPD-Parteichefin. Dazu gehört für sie auch die Betreuung der Jüngsten im Landkreis. "Die Quote bei den Kita- und Krippenplätzen ist teilweise schon ordentlich. Dennoch gibt es auch Nachholbedarf. Da müssen wir jetzt dringend ran", sagt sie.

Eine härtere Gangart kündigen Grüne und SPD beim Bau neuer Biogasanlagen an. "Weitere Anlagen, die mit Mais betrieben werden, soll es nicht geben", so Stilke. Denn die immer weiter fortschreitende Vermaisung der Landschaft sei nicht mehr hinzunehmen, sagt Schröder-Ehlers. Zudem wollen die Grünen, dass Baugenehmigungen für Kleinstwindkraftanlagen mit einer Leistung von bis zu zehn Kilowatt und einer Höhe von bis zu zwölf Meter ohne Baugenehmigung errichtet werden können. "Wir wollen die kleinen Anlagen für die Bürger", sagt Nahrstedt.

Während die grünen Sieger und die SPD ihre Regierungszeit für die kommenden fünf Jahre vorbereiten, heißt es bei den Verlierern zunächst einmal Wunden lecken. CDU-Fraktionschef Alexander Blume ist zwar enttäuscht, aber nicht überrascht vom schlechten Abschneiden seiner Partei. "Unter 30 Prozent ist nicht befriedigend. Aber das Ergebnis liegt in der Größenordnung, die ich erwartet hatte", sagt er ehrlich.

Gründe für das Desaster sind ihm zufolge der heftige Gegenwind aus Berlin und dass die Arbeit der CDU-Kreistagsfraktion von den Bürgern nicht wahrgenommen wurde. "Wir haben verloren und bleiben somit stärkste Oppositionspartei", so Blume. Auch wenn theoretisch andere Mehrheitskonstellationen als Rot-Grün möglich wären, hält er diese nicht für realistisch. Zumal es für die CDU erst einmal darum gehe, sich neu aufzustellen. Die Fraktion wird ein anderes Gesicht bekommen. "Zwei Sitze haben wir verloren, acht Kollegen haben aufgehört, zehn von 17 Fraktionsmitgliedern sind neu."

Die wichtigste Aufgabe für die CDU als Opposition sei es, darauf zu drängen, dass der Kreis auf die Schuldenbremse tritt, so Blume. "Schulden von 200 Millionen Euro sind zu viel. Neue Großprojekte können wir uns nicht leisten." Allerdings werden die Christdemokraten von bereits beschlossenen Vorhaben nicht abrücken. "Die Elbbrücke ist ein wesentliches Infrastrukturprojekt für den Landkreis", nennt er ein Beispiel.

Während die CDU im kommenden Kreistag kein gewichtiges Wort mehr mitreden wird, hat die bisherige FDP-Fraktionsvorsitzende Karin-Ose Röckseisen nichts mehr zu sagen. Sie ist abgewählt. "Es tut weh", sagt sie. Doch Schuldzuweisungen will sie nicht machen. "Ich bin verantwortlich", so Röckseisen. Schließlich habe sie sich von der Bundespartei im Wahlkampf distanziert, sodass das schlechte Abschneiden nicht auf die FDP-Politik im Bund zurückzuführen sei.