Im Vorfeld der Kommunalwahlen am Sonntag ziehen die Mitglieder des Lüneburger Stadtrats Bilanz. Heute: Malte Riechey von der Linken-Ratsfraktion

Abendblatt:

Was war Ihr größter Erfolg während der vergangenen fünf Jahre im Rat?

Malte Riechey:

Wir hatten viele große Erfolge:

Die Gründung der Gesamtschule basierte auf unserem Antrag, auch die Einführung einer Sozialcard unter anderem Namen, die Teilverhinderung der Privatisierung der Straßenbeleuchtung, die geplante Anpassung der Gewerbesteuer und Bewegung bei der Gründung eigener Stadtwerke, beruhen auf unserer Initiative und konnten durchgesetzt werden, obwohl die Ratsmehrheit unsere Anträge erst vehement verhindern wollte. Letztlich haben sie sie unter anderem Namen umsetzen müssen und damit auch unsere linken Ideen.

Was buchen Sie als Misserfolg ab?

Dass es uns bislang nicht gelungen ist, dem Oberbürgermeister ein Verständnis von Basisdemokratie und einem fairen Umgang mit anderen Meinungen zu vermitteln. Der überdimensionierte Audimaxbau konnte bislang nicht gestoppt und die Verflechtungen der Stadt mit dem Atomstromkonzern E.on Avacon noch nicht getrennt werden.

Wessen Arbeit hat Ihnen im Rat am meisten imponiert?

Unsere eigene Arbeit. Ich bin sehr zufrieden damit, wie wir es geschafft haben, dem Rat unseren Stempel aufzudrücken und unser Engagement trotz des Gegenwindes kontinuierlich fortzusetzen. Wir haben von allen Fraktionen die besten und meisten Initiativen eingebracht. Auch einzelne Mitglieder der Verwaltung, die leider unter Leitung des Oberbürgermeisters nicht immer so entscheiden konnten, wie sie gerne wollten, haben mich durch ihre Qualifikation sehr beeindruckt.

Worüber haben Sie sich geärgert?

Über die Diskussionskultur der anderen Ratsfraktionen. Der menschliche Umgang mit uns war absolut nicht angemessen. Während wir zwar deutlich, aber immer sachlich argumentierten, wurden wir oft persönlich angegriffen. Unsere Initiativen wurden meist reflexartig und mit fadenscheinigen Argumenten abgelehnt, oft später unter anderem Namen umgesetzt. Ich mich sehr über die autoritäre Art des Oberbürgermeisters geärgert, über seinen Vorzug von Privatisierungen statt öffentlicher Daseinsvorsorge und Investoreninteressen vor Bürgerinteressen.

Wie viel Prozent von dem, was Sie sich vorgenommen hatten, ist eingetreten?

Da habe ich keine Prozente. Wir haben mit unseren linken Ideen die Beschlüsse des Rates maßgeblich geprägt und viele Ideen auch ohne Mehrheit umsetzen können, weil sie in veränderter Form aufgegriffen wurden. Damit zeigt sich, wir müssen nicht "mitregieren" um mitzubestimmen, denn je stärker die Linke, desto stärker der Druck auf eine sozialere Politik in Lüneburg.

Warum treten Sie bei der kommenden Kommunalwahl nicht wieder an?

Weil ich noch einen Job als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundestag habe und zwei Wohnsitze mit ewiger Pendelei zwischen Berlin und Lüneburg dauerhaft sehr belastend ist. Zukünftig möchte ich mich stärker auf die Bundespolitik und meine Verlobte konzentrieren. Mein Freund und Mitbewohner Michel Pauly ist ein sehr guter Nachfolger, der im Thema steht und unsere erfolgreiche Arbeit im Rat wunderbar fortsetzen kann. Ich habe mein Mandat trotz der Doppelbelastung die vollen fünf Jahre mit viel Herzblut ausgeübt und war mit vollem Einsatz dabei.

Die Abendblatt-Redaktion hatte auch Stadtrat Eberhard Manzke von der CDU-Fraktion um die Beantwortung unserer sechs Fragen gebeten. Der Bauunternehmer und amtierende IHK-Präsident lehnte das aber als Einziger ohne Angabe von Gründen ab.