Grundsätzlich wird jedes Wahllokal mit neun Leuten besetzt. Scharnebeck sucht noch dringend Ehrenamtliche für die Kommunalwahlen.

Scharnebeck. Die bevorstehenden Kommunalwahlen sind für Städte und Gemeinden eine logistische Herausforderung. Dazu gehört auch das Gewinnen und Einteilen ehrenamtlicher Wahlhelfer. Wenige Tage vor der Kommunalwahl fehlen in der Samtgemeinde Scharnebeck noch immer 14 davon. Für Wahlleiter Ralf Hausknecht eine Katastrophe, weil es täglich eher mehr als weniger werden. Dabei sind die Kommunen auf die Arbeit der Ehrenamtlichen dringend angewiesen.

180 Wahlhelfer in 20 Wahllokalen der Samtgemeinde Scharnebeck sollen kommenden Sonntag im Einsatz sein. Hausknecht rauft sich verzweifelt die Haare angesichts lauter kurzfristiger Absagen: "Der eine muss ins Krankenhaus, ein anderer hat Schichtdienst." Die für ihn absurdeste und dennoch nicht ungewöhnlichste Ausrede lautet: "Warum soll ich ein Wahlehrenamt übernehmen, ich bin doch schon im Sportverein ehrenamtlich tätig?"

Viele Zwangsverpflichtete suchen offenbar nach einer glaubhaften Entschuldigung, um den Tag lieber mit der Familie genießen zu können. Ganz oben auf der offenen Notlügen-Skala rangieren geplante Urlaubsausflüge und Familienfeiern. Danach folgen viele kranke Schwiegermütter, die dringender Fürsorge bedürfen.

Das Amt jedoch ist eine staatsbürgerliche Pflicht und Hausknecht darf jeden Wahlberechtigen nach dem Gesetz verpflichten. Für den Wahlleiter ist allerdings die Zwangsverpflichtung von Bürgern nur der letzte Ausweg. "Wenn in den Wahllokalen nur lustlose Wahlhelfer säßen, ginge die Wahl in die Hose", so Hausknecht. Als staatsbürgerliche Pflicht werde die Mithilfe in den Wahllokalen allenfalls von älteren Menschen angesehen: "Die Jüngeren vermissen wohl den Spaß an der Sache."

Grundsätzlich wird jedes Wahllokal mit neun Leuten besetzt. Sie geben die Stimmzettel an die Wähler aus, tragen Stimmabgabevermerke ins Wählerverzeichnis ein, zählen die Stimmen aus und sorgen so für einen geordneten Ablauf im Wahllokal.

In diesem Jahr findet parallel zur Kommunalwahl auch der Kreisfeuerwehrtag im Amt Neuhaus statt. "Das zieht ehrenamtliche Helfer ab, die uns normalerweise sicher sind", weiß Hausknecht. Vorsorglich wurden deshalb mehr Briefe als üblich an Bürger verschickt. Doch etliche Briefe kehrten als Irrläufer auf seinen Schreibtisch zurück, weil die Hausnummer nicht stimmte, Namensschild oder Briefkasten fehlten.

Da also auch dieser Weg nicht den erhofften Erfolg zeitigte, versuchte es Hausknecht sogar mit individueller Ansprache. "So rufe ich auch schon mal an oder klingle persönlich an der Haustür", berichtet der 45-Jährige. Da ihm nicht mehr viele Tage bis zur Wahl bleiben, begibt sich der Diplom-Verwaltungswirt weiter offensiv auf die Suche nach willigen Helfern. So spricht er auch immer wieder Bürger an, die er in der Scharnebecker Verwaltung antrifft.

"Wenn wir unsere bewährten Stammkräfte nicht hätten, sähe es echtschlecht aus", sagt Hausknecht. Offenbar sei die ausgelobte Vergütung von 20 Euro, auch "Erfrischungsgeld" genannt, nicht Anreiz genug, den halben Sonntag der Wahl zu opfern; denn die Helfer sind in der Regel nur halbtags eingesetzt.

Für Hausknecht ist es das erste Jahr als Wahlleiter. Ursprünglich war Samtgemeindebürgermeister Karl Tödter als Wahlleiter vorgesehen. Ein unzulässiger Vorgang, weil er auf der Liste der SPD für den Kreistag kandidiert. Im Rahmen einer eiligst einberufenen Sondersitzung des Samtgemeinderats in der vergangenen Woche wurde dann Hausknecht zum Wahlleiter ernannt.

Seitdem mutierte sein Büro zum Zentrum der Wahlvorbereitungen. An den Wänden reihen sich Pakete von Briefwahlunterlagen und auf dem Besprechungstisch thront eine Wahlkabine. "Die ist für Wähler, die zur Briefwahl in die Verwaltung kommen, wenn sie es beispielsweise nicht allein zu Hause wählen möchten", sagt Hausknecht.

Tagtäglich erlebt er, wie schwer es Bürgern fällt, ihr Wahlrecht auszuüben. "Die Zettelflut überwältigt, und nicht alle Wähler sind darüber informiert, wie und wo sie ihre Kreuzchen zu machen haben." Das eine Wahl im Büro des Wahlleiters geschützt durch die Wahlkabine 15 Minuten dauert, ist nicht ungewöhnlich. Die Wähler sind oftmals froh, dem Fachmann sachliche Fragen zur Wahl stellen zu können.

1200 Unterlagen an Briefwähler hat die Gemeinde im Vorwege verschickt. An die 1000 Briefwahlunterlagen sind bereits auf die Urnen verteilt. Insgesamt 12 226 Bürger der Samtgemeinde sind wahlberechtigt. Stimmzettel für 75 Prozent der Wähler werden Hausknecht und Mitarbeiter aus der Samtgemeindeverwaltung in den Wahllokalen bereitlegen.

Nach Schließung der Wahllokale um 18 Uhr beginnt die Auszählung. "Erst wird die Wahl des Samtgemeindebürgermeisters ausgezählt. Es folgen die des Kreistages, des Gemeinderats und schließlich die des Samtgemeinderats. "Genau geht vor schnell", hat er den Wahlhelfern schon gesagt.

"Im Sitzungszimmer der Verwaltung plane ich einen Beamer aufzubauen, der automatisch die Ergebnisse aus Stadt und Land auf die Leinwand wirft", so Hausknecht. Bürger sind eingeladen, sich ein Bild von den Wahlergebnissen zu machen. Sie sind so lange willkommen, wie auch die Mitarbeiter der Verwaltung anwesend sind. Sicher ist schon jetzt: Es wird eine lange Nacht.

Weniger Probleme mit Wahlhelfern hatte das Amt Neuhaus. Schon im Juni waren die 75 Ehrenamtlichen gefunden. "Es waren so viele, dass wir sogar einigen absagen mussten", sagt Nicole Bielenberg von der Gemeinde. Als Dank für das große Engagement verlost die Gemeinde erstmals unter allen Wahlhelfern zehn Gutscheine aus der Region im Wert von insgesamt 400 Euro.