Der Busbahnhof in Lüneburg soll barrierefrei werden. Doch die wild geparkten Fahrräder bleiben ein Problem für Behinderte.

Lüneburg. Den Lüneburger Bahnhof barrierefrei machen, das hat sich Christoph Ritter vorgenommen. Der Straßenplaner der Stadt Lüneburg leitet das Projekt Umbau und Umgestaltung des Bahnhofsumfelds und ist selbst gehbehindert. Im Zuge der Umgestaltung und Erweiterung des Busbahnhofs will der 44-Jährige den Bahnhof besonders für Seh- und Gehbehinderte aufwerten.

"Unser größtes Anliegen ist es, den Busbahnhof dem Stand der Technik anzupassen", sagt Ritter. Das treffe besonders auf die Hilfen für Blinde zu. Im Jahr 2000 wurden sogenannte taktile Leitstreifen an denen sich die Blinden mit den Leitstöcken orientieren können eingebaut. "Damals benutzte man sinuswellenförmige Platten, mit sehr wenig Abstand zwischen den Erhebungen", sagt Ritter. Inzwischen hätten sich jedoch die Blindenstöcke weiterentwickelt. Darum würden die alten Platten jetzt durch Rippenplatten ersetzt. Die Abstände zwischen den Rippen seien jetzt deutlich größer.

Jochen Bartling vom Blinden- und Sehbehindertenverband Niedersachsen weiß, dass größere Abstände nicht nur besser zu fühlen sind. "Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass sich die kleineren Abstände schnell mit Split und Dreck zusetzen", sagt er. Die neuen Taststöcke hätten große Rollkugeln an der Spitze. Um die schmalen Riffel zu ertasten, müsse man den Stock kräftig runterdrücken. "Aber gerade viele alte Menschen können nicht die ganze Zeit diese Kraft aufwenden", sagt er.

Links und rechts der weißen Rippenplatten werden schwarze Steine verlegt. Durch diesen Hell-Dunkel-Kontrast sollen Menschen mit einer leichteren Sehbehinderung die weißen Rippenplatten besser wahrnehmen.

"Alle Maßnahmen für Sehbehinderte haben wir mit dem Behindertenbeirat abgesprochen", sagt Christoph Ritter. Dessen Vorsitzende, Erika Neumann, sei selbst blind. Sie habe auch angeregt, dass am Geländer zur Altenbrückertorstraße kleine Metalltafeln mit Blindenschrift angebracht werden. Dort sollen die Sehbehinderten ertasten, wohin die Treppe führt.

Mit einem Fahrgastinformationssystem möchte die Stadt besonders auswärtigen die Suche nach dem richtigen Bus erleichtern. Dazu soll eine Tafel elektronisch die abfahrenden Busse anzeigen. "Wie wir das für die Blinden lösen, wägen wir derzeit ab", sagt der Projektleiter Ritter. Auch der Bahnhofsvorplatz ist ein Hindernis.

Der Vorplatz gehört allerdings der Bahn und ist nicht barrierefrei. Das ist jedoch nicht das Problem, sondern die wild abgestellten Fahrräder. "Als Rollstuhlfahrer ist das Durchkommen schon schwer. Als Blinder ohne Hilfe unmöglich", sagt Christoph Ritter. Doch die Fahrräder erschweren nicht nur das Überqueren des Platzes. "Wenn ich in der Kiss-And-Ride-Zone aus meinem Auto aussteigen will, ist das wegen der vielen Fahrräder nicht möglich", sagt Ritter. Die Fahrräder stünden oft so nah am Bordstein, dass man mit dem Rollstuhl nicht durchkomme.

Auf den Behindertenparkplätzen im Amtsgarten sei es ähnlich. "Die Fahrräder stehen auch dort rund um den Parkplatz. Gehbehinderte können dort nicht aussteigen", sagt Christoph Ritter. Viele Gehbehinderte würden den Rollstuhl dafür nämlich parallel zum Auto aufstellen. Dafür sei durch die vielen Fahrräder aber kein Platz mehr. Er hofft, dass sich das mit dem neuen kotenlosen Fahrradparkhaus am Bahnhof ändern wird.

In einem Punkt sind die Interessen der Seh- und der Gehbehinderten jedoch gegensätzlich: Beim abgesenkten Bordstein an Fußgängerüberwegen. "Wir Rollstuhlfahrer wollen eine Nullabsenkung. Am liebsten hätten wir gar keinen Niveauunterschied zwischen Bordstein und Straße", sagt Christoph Ritter. Die Sehbehinderten dagegen benötigten mindestens einen drei Zentimeter hohen Bordstein, um den Unterschied zwischen Straße und Fußweg zu ertasten. "Wir haben uns darum für eine doppelte Variante entschieden: Ein Teil des Bordsteins wird für Rollstuhlfahrer komplett abgesenkt, der Rest bleibt als kleine Kante für die Sehbehinderten"; sagt Ritter.

Bestehende Hilfen werden außerdem in der Bahnhofserweiterung weiter eingebaut. So zum Beispiel der Bordstein. Der ist am Busbahnhof mit 18 Zentimetern extra hoch, damit Gehbehinderte leichter in die Busse einsteigen können. Der Bordstein ist auf die Niederflurbusse zugeschnitten. Die können zusätzlich hydraulisch abgesenkt werden. "Ziel ist es, den Höhenunterschied und die Spalte zwischen Bordstein und Bus so gering wie möglich zu halten", sagt Christoph Ritter.