Eine Katzenverordnung im Landkreis soll die Überpopulation eindämmen und zu den Haltern führen. So werden Steuergelder gespart.

Lüneburg. Lüneburger Tierschutzvereine wollen eine Katzenverordnung im Landkreis durchsetzen. Dann müssen alle freilaufenden Hauskatzen registriert und kastriert werden. Der Landkreis ziert sich bisher, aus Angst Eigentumsrechte zu beschneiden. Ende September wird nun mit dem Samtgemeindebürgermeistern über das Problem diskutiert.

Im Frühsommer und Herbst ist das Lüneburger Tierheim regelmäßig überfüllt. Dann bekommen die Katzen Junge. Oft werden mehr Katzen gefunden, als Platz im Tierheim ist. Höchstens 120 Katzen kann das Katzenhaus aufnehmen, eigentlich ist es aber nur für die Hälfte ausgelegt. Grund für die Überpopulation sind aus Sicht des Tierschutzvereins nicht kastrierte Katzen.

"Eine Katze wird mit fünf bis sieben Monaten geschlechtsreif. Zweimal im Jahr wirft sie drei Junge. Wenn wir das so weiterdenken, werden in fünf Jahren aus einer Katze 12 000", sagt Dieter Ruhnke von der Katzenhilfe Barskamp.

Sein Verein kastriert im Jahr 120 Katzen. Auf den Kosten, bis zu 120 Euro für eine Katze und bis zu 80 Euro für einen Kater, bleibt er, genau wie die anderen Tierschutzvereine, meist sitzen. Denn der Halter kann in den meisten Fällen nicht ermittelt werden. "Jeder Kanarienvogel ist beringt und jedes Pferd muss registriert werden. Katzen und Kleinstnagetiere sind die einzigen nicht registrierten Tiere", sagt Ruhnke.

Er fordert gemeinsam mit anderen Tierschutzvereinen aus Stadt und Landkreis Lüneburg eine Katzenverordnung. Die soll Katzenbesitzer dazu zwingen, ihre Katzen zu registrieren und zu kastrieren. Denn die ausufernde Katzenpopulation wirkt nicht nur auf die Katzen, sondern auch auf die Umwelt und die Menschen ein.

"Die Tiere erleiden Stress durch umständliche Nahrungssuche und Revierkämpfe, Infektionen und Seuchen breiten sich aus und erkrankte oder verletzte Katzen werden nicht behandelt", sagt Ruhnke. Aber auch die Umwelt leide unter zu vielen Katzen. Während die sich normalerweise auf ihre Hauptbeute, die Maus, konzentrierten, würden sie bei viel Konkurrenz den Speiseplan ausdehnen. Dann erbeuteten Katzen vermehrt Singvögel - und brächten so das Ökosystem durcheinander.

Kranke Katzen sind laut Ruhnke auch für andere Haustiere und den Menschen gefährlich. "Besonders Menschen mit geschwächtem Immunsystem können sich mit Durchfallerkrankungen, Parasiten oder Tollwut anstecken", sagt er, "Tierschutz ist also auch Menschenschutz."

Kreisrätin Monika Scherf sieht das Problem, will jedoch nicht übereilt handeln. "Wir werden keine Verordnung aus dem Ärmel schütteln, die könnte in Eigentumsrechte eingreifen", sagt sie. Bisher wisse man außerdem nicht, wie groß das Problem wirklich sei. Zuverlässige Zahlen von wild lebenden Katzen seien nur sehr schwer zu liefern. Ende September will sie sich zunächst mit den Samtgemeindebürgermeistern beraten. "Viele zeigen sich sehr interessiert", sagt die Kreisrätin.

Das müssen sie auch, sagt Dieter Ruhnke: "Schließlich wird die Kastration im Tierheim von Steuergeldern bezahlt." 80 000 Euro erhält das Lüneburger Tierheim pro Jahr von der Stadt, dem Landkreis und den Samtgemeinden.

Jan Pless, Vorsitzender des Lüneburger Tierschutzvereins, sieht das Tierheim mit dem Problem überfordert. "Wir können nicht mehr Tiere als zugelassen aufnehmen, eigentlich dürfen wir die Annahme aber auch nicht verweigern", sagt er. Nähme das Tierheim mehr Tiere auf, als es die Kapazitäten erlaubten, schalte sich das Veterinäramt ein. Da das Tierheim jedoch in Niedersachsen statt des Fundbüros die Annahmestelle für Fundtiere sei, dürfe die Annahme von Fundtieren nicht verweigert werden. Dann würde sich das Tierheim der Unterlassung schuldig machen. Denn das Tierschutzgesetz fällt unter das Nebenstrafrecht.

"Wir wissen, dass wir mit einer Katzenverordnung nicht 100 Prozent erreichen. Aber es ist ein Anfang", sagt Jan Pless. Zumindest jeder Katzenbesitzer, der sein Tier zum Tierarzt bringe, würde dort mit der Verordnung konfrontiert. "Paderborn hat das Modell bereits 1997 eingeführt. Es gibt Zahlen, die belegen, dass danach die Zahl der Kastrationen gestiegen ist", sagt Dieter Ruhnke von der Katzenhilfe.

Die Katzen zu töten, wie es Tierheime in anderen Europäischen Ländern machen, sei in Deutschland nicht möglich. "Das Einschläfern kostet 50 Euro. Andere Möglichkeiten würden gar nicht infrage kommen", sagt Jan Pless. Damit sei das Problem jedoch nicht gelöst. "Die übrigen Katzen vermehren sich weiter und im nächsten Jahr muss der nächste Rutsch umgebracht werden", sagt Pless.