Die Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg fordert ein Umdenken bei den Unternehmen sowie Städten und Gemeinden.

Lüneburg. "Wenn wir dem demografischen Wandel nichts entgegensetzen, werden in 20 Jahren in Niedersachsen über eine halbe Million Fachkräfte fehlen", sagt Michael Zeinert, Hauptgeschäftsführer der IHK Lüneburg-Wolfsburg, mit Blick auf aktuelle Modellrechnungen des Niedersächsischen Industrie- und Handelskammertages (NIHK).

Die Kammern wollten wissen, welche Auswirkungen bestimmte Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel in den sieben IHK-Bezirken Niedersachsens haben würden. Deshalb wurden beim Landesbetrieb für Statistik und Kommunikationstechnologie Niedersachsen (LSKN) Modellrechnungen in Auftrag gegeben. Danach geht die Zahl der Erwerbspersonen aus demografischen Gründen bis 2030 um 14 Prozent zurück, wenn nicht gegengesteuert wird. Jeder siebte Arbeitsplatz in Niedersachsen könnte dann verweist sein.

"Die gute Nachricht ist, dass wir etwas dagegen tun können", sagt Zeinert. Die wichtigsten Bausteine seien ein späterer Renteneintritt und eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen. "Im Optimalfall kombinieren wir beide Maßnahmen und sorgen zudem noch dafür, dass junge Nachwuchskräfte früher in den Beruf finden. Statt einer Fachkräftelücke gäbe es in Niedersachsen dann in 20 Jahren fast 70 000 Erwerbspersonen mehr als heute", sagt er.

Im Vergleich zu anderen Regionen in Niedersachsen droht im IHK-Bezirk Lüneburg-Wolfsburg ein stärkerer Rückgang der Erwerbspersonen. Innerhalb der Region gebe es erhebliche Unterschiede, betonte Zeinert mit Verweis auf die LSKN-Bevölkerungsprognose für die Jahre bis 2030. Während den Landkreisen Lüneburg und Harburg mit 4,7 und 5,4 Prozent ein überschaubarer Rückgang der erwerbsfähigen Personen von 15 bis 65 Jahren prognostiziert wird, sieht die Lage in den übrigen Landkreisen deutlich dramatischer aus: Dort drohen Rückgänge im zweistelligen Prozentbereich. So wird in Lüchow-Dannenberg die erwerbstätige Bevölkerung um 32 Prozent sinken. Die IHK setzt sich nach den Worten Zeinerts mit einer Vielzahl von Projekten dafür ein, die drohende Fachkräftelücke zu vermindern. Dennoch bleibe es Aufgabe der Unternehmen und der Politik, jetzt die Weichen richtig zu stellen. "Eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist Aufgabe der Kommunen, die Betreuungseinrichtungen bereitstellen müssen, und der Unternehmen, die Arbeitszeiten familienfreundlich gestalten müssen. Beides sind gute Voraussetzungen, um gut qualifizierten Frauen den Weg ins Berufsleben zu erleichtern", sagt Zeinert.

Darüber hinaus sei im Zuge eines späteren Renteneintritts wichtig, dass Unternehmen ältere Fachkräfte als Bereicherung ansehen und bereits heute stärker auf sie zurückgreifen. "Das ist nicht nur angesichts der Erfahrung älterer Arbeitnehmer klug, sondern auch im Hinblick auf die Demographie schlicht notwendig. So können Unternehmen ihren künftigen Fachkräftebedarf bereits heute absichern", meint Zeinert.