Unser Dorf: Die Abendblatt-Regionalausgabe Lüneburg geht auf Sommertour. Die dritte Station führt uns zu Kulturfreunden und Sprachgut-Bewahrern

Westergellersen. Ein charmantes Dorf ist Westergellersen, gelegen zwischen Kirchgellersen und Luhmühlen, zugehörig der Samtgemeinde Gellersen. Im alten Dorfteil schlängeln sich Wege und schmale Straßen vorbei an Hofanlagen, beschaulichen Schafställen und in die Jahre gekommenen Scheuen. Daneben bieten die zahlreichen Einfamilienhäuser in den reinen Wohngebieten einen architektonischen Querschnitt von 1950 bis heute.

1752 Einwohner zählt Westergellsern "52 Bürger sind im vergangenen Jahr dazugekommen", sagt Bürgermeisterin Ursula Heuer. Seit 2004 ist die 70-Jährige das Oberhaupt der Gemeinde. Erneut kandidieren für das Amt wird sie bei der Kommunalwahl im September nicht. Die Verwaltungsbeamtin im Ruhestand macht den Weg für Jüngere frei. Um das Dorf auch für junge Neubürger von außerhalb zu öffnen, hat die Gemeinde Baugebiete ausgewiesen; beispielsweise das Baugebiet "Rahn 2".

Die Ortsrandlage östlich von Westergellersen sowie die fußläufig leicht zu erreichenden Einrichtungen wie Kindergarten, Grundschule und Sportanlagen machen es so attraktiv. Einfamilien- und Doppelhäuser können hier gebaut werden. Als Bonbon gewährt die Gemeinde auf Kaufverträge für Familien mit Kindern einen Bonus von 2500 Euro pro Kind (bei höchstens vier Kindern bis 14 Jahren).

Familie Bull ist gerade dabei, es sich im Schmiedering schön zu machen. Noch fehlt zwar die Treppe ins erste Stockwerk des Hauses und auch der Garten gleicht einer Sandwüste, doch die Familie fühlt sich wohl auf dem großzügig geschnittenen Grundstück: "Die Ruhe ist wunderbar. Hamburg und Lüneburg nicht weit." Noch attraktiver wird Westergellersen für Familien, wenn ab 2013 eine Krippe für die Kleinsten eröffnet wird.

Unentbehrlich im Ort ist die Feuerwehr. Gerade erst haben die 40 aktiven Mitglieder ein arbeitsreiches Wochenende beim bekannten Vielseitigkeits-Turnier für auf dem neuen Platz in Luhmühlen hinter sich. "Wir aus Westergellersen waren zuständig für den Sicherungsdienst", berichtet Ortsbrandmeister Christian Schlüter, 40. Was viele nicht wissen: Das Turniergelände steht in der Westergellerser Heide und gehört damit nicht zu Luhmühlen sondern zur Gemeinde Westergellersen.

Schlüters Bruder Wolfgang leistet treue Dienste als Gemeindearbeiter. Der gelernte Schmied weiß seinen Job zu schätzen: "Wer hat schon einen Arbeitsplatz vor der Tür?" Er räumt hier und werkelt da, mäht den Rasen auf öffentlichen Flächen und ist zuständig für die Pflege und Instandsetzung des Wasserlehrpfads.

Wasser ist ein großes Thema für die Gemeinde. Sie ist wegen des guten Grundwassers zum Trinkwasserlieferanten für eine große Region mit mehr als 30 000 Einwohnern geworden.

So speist das Wasser aus dem eigenen alten Wasserwerk naturbelassene Waldbad am Ortsrand. Mit seinem Bau ist der Dorfgemeinschaft ein Meisterstück gelungen, das in seiner Schlichtheit bezaubert. Die Verantwortung für das Bad hat ein Betriebsführungsverein übernommen. Der über 70-jährige Westergellerser Uli Schütte pflegt die Anlage - mit Leidenschaft. Er säubert das Wasser von Eichenblüten und Laub und kümmert sich um die riesige Rasenfläche. Zu seiner Erleichterung dreht er mittlerweile mit einem Aufsitz-Rasenmäher seinen Runden auf dem Gelände. Er lacht: "Das mähen jetzt geht fix. Früher brauchte ich viereinhalb Stunden mit dem Handmäher."

Eine ungewöhnliche Tradition pflegt Georg-Wilhelm Bergmann. Er steht der Trägergemeinschaft Westergellersen vor. Sie hat seit 1958 den Zweck, bei Bestattungen Träger aus den Reihen der Bürger zum Sargtragen von der Dorfkapelle zur Grabstelle auf dem Friedhof zu stellen. "Unsere Bürger wollen von den eigenen Leuten zu Grabe getragen werden," erklärt der 64-Jährige, der auch Mitglied der Feuerwehr ist.

Ein Herz für alle Einwohner des Dorfes zeigt der DRK Ortsverein Westergellersen. 154 Mitglieder stark ist der örtliche Verein, den Gesa Geselle, 48, führt. Die Einrichtung ist fester Bestandteil der Dorfgemeinschaft und unterstützt neben den Senioren auch das Grundschulprojekt "Klasse 2000" im Dorf, das zur Gesundheitsförderung der Kinder beiträgt.

Nicht dienen kann die gemeinschaftsstarke Kommune mit einem großen Supermarkt. Dafür steht die Bäckerei-Filiale an der Hauptstraße für Kommunikation. Sie das umfassende Angebot eines kleinen Tante-Emma-Ladens und ist idealer Ort zum Austausch von Neuigkeiten.

Stets unterhaltsam gestaltet sich der Aufenthalt im kleinen Reiterladen. Sattler Wolfgang Berdzinski, 49, verkauft und repariert Reitsportartikel und mehr. "Das kurioseste Teil, was ich je gebaut habe, war ein Kinderwagen. Den habe ich für ein groß gewachsenen Baby zu einer Stretchlimousine umfunktioniert", erzählt Wolfgang Berdzinski aus Westergellersen.