Experten beraten und klären auf. Ihr Fazit lautet: Das Raubtier ist für Menschen ungefährlich, das Killerimage gründlich falsch.

Lüneburg. Da gibt es nicht viel drumherum zu reden, sein Image ist nun mal nicht das Beste: In Märchen und Mythen gibt er den notorischen Menschenfresser und ist als hinterhältiges Raubtier die Verkörperung des Bösen schlechthin. Jahrhunderte lang war der Wolf in Deutschland ausgerottet, jetzt kehrt er zurück. Europaweit erholen sich die Bestände, auch in Norddeutschland konnte bereits der eine oder andere aus der Lausitz eingewanderte Wolf beobachtet werden.

"In der Lüneburger Heide sind die Voraussetzungen für ihn günstig. Schon 2006 gab es erste Hinweise für das Auftauchen von Wölfen in der Region. Nachgewiesen wurde das Vorhandensein eines Wolfs in Unterlüß im Landkreis Uelzen im Jahr 2007. Ende März diesen Jahres wurde ein Tier in Maschen im Landkreis Harburg beobachtet", berichtet die Diplom-Biologin Britta Habbe, die bei der Landesjägerschaft Niedersachsen für die Wolfsberatung zuständig ist.

Eine Wölfin, die den Namen Zora erhielt, kam uns besonders nah: Weil sie mit einem Sender ausgestattet war, konnte ihr Weg durch die Region nachvollzogen werden. Eine ganze Weile streifte Zora in diesem Frühjahr durch die nördliche Elbregion, ohne von Menschen auch nur einmal gesichtet zu werden. "Die Wölfe leben längst unter uns, mitten in unserer Kulturlandschaft. Der Wolf braucht keine Wildnis, um zu überleben", sagt Sascha Büttner von der Landesarbeitsgemeinschaft Wolf Niedersachsen und dem Freundeskreis freilebender Wölfe e.V.

Truppenübungsplätze und Abraumhalden für den Kohlebergbau bieten den Wölfen ebenso einen Lebensraum, wie ausgedehnte Wälder im Harz oder in der Lausitz. Im Schnitt wiegt ein Tier 30 bis 50 Kilo, an den Schultern ist es maximal 90 cm hoch, es besitzt kleine Ohren und bildet mit seinem Rudel Reviere. Die sind jeweils genau so groß, wie es der Bedarf an Beutetieren für das Rudel erfordert.

Dieser Bedarf ist nicht gerade gering. Bis zu vier Kilo Fleisch braucht ein erwachsener Wolf pro Tag, um zu überleben. Das ist der eigentliche Grund, warum der Wolf nicht bei vielen Jägern und Nutztierhaltern nicht sonderlich beliebt ist. "In erster Linie schlägt der Wolf alte, junge und unerfahrene oder kranke Tiere", sagt Wolfgang Baumgärtner - welche Auswirkungen auf die Population des frei lebenden Wildes im Norden zu erwarten sind, wird derzeit erforscht. "In erster Linie frisst der Wolf Schalenwild, also Hirsche und Rehe sowie Dammwild. Aber auch Schafe und Ziegen verschmäht er nicht, wenn sie für ihn greifbar sind", sagt Baumgärtner.

Schafzüchtern wird deshalb empfohlen, Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Zäune, die mindestens 20 Zentimeter tief in den Boden eingelassen sein sollten, braucht es, ein Knotengitter am Schutzzaun sowie Elektrolitzen helfen, den Wolf fernzuhalten. Auch Schutzhunde, die von klein auf mit der Herde zusammen leben, sind bereit, ihre Herde gegen Wölfe zu verteidigen. "Wie gut sie arbeiten, hängt von ihrer Aufzucht und dem Training ab. Hier sollten unbedingt Fachleute bei der Ausbildung helfen", sagt Sascha Büttner.

Und der Mensch? Ist seine Angst vor dem Wolf berechtigt? "Der Mensch gehört eindeutig nicht ins Beuteschema des Wolfes. Eine Begegnung mit einem Wolf ist für den Menschen ungefährlich", sagt Büttner. Allerdings sollte man nicht versuchen, die Tiere durch füttern zu zähmen, das macht sie aggressiv. "Und Hundehalter sollten ihre Tiere dicht bei sich halten, dann passiert auch dem Hund nichts. In Europa gab es in den letzten 50 Jahren nur neun Angriffe von Wölfen auf Menschen. Fünfmal handelte es sich um tollwütige Tiere, in vier Fällen hatten Menschen versucht, das Tier durch Fütterungen zu zähmen", sagt Sascha Büttner.

Um das Miteinander für beide Seiten friedlich zu gestalten, bildet das Land Niedersachsen seit vier Jahren Wolfsberater aus. "Die Menschen haben verlernt, mit den Tieren zu leben. Da helfen Informationen", sagt Wolfgang Baumgärtner, Wolfsberater und Jäger. Der Berater arbeitet im Ehrenamt, er durchläuft besondere Schulungen und muss bereit sein, mindestens fünf Jahre seinen Einsatz zu leisten. Dass ihre Aufklärungsarbeit zählbaren Erfolg hat, können die Berater für sich in Anspruch nehmen. Während im Jahr 2002 auf einer Fläche von 400 Quadratkilometern insgesamt noch 150 Schafe von zwölf Wölfen getötet wurden, ist diese Quote im Jahr 2010 aufgrund vermehrter Herdenschutzmaßnahmen stark rückläufig.

"Der Wolf ist wieder da, und er ist gekommen, um in unserer Nähe zu bleiben. Über die Auswirkungen müssen alle Betroffenen reden. Das Schicksal der Wölfe entscheidet sich in seiner Akzeptanz in der Öffentlichkeit", sagt Wolfgang Baumgärtner.

www.freundeskreis-wolf.de

www.ifaw.de