Ex-Vorstand vermutet finanzielle Unregelmäßigkeiten. Aids-Hilfe bleibt voraussichtlich bis 1. Juli geschlossen

Lüneburg. Seit Anfang Mai ist die Lüneburger Aids-Hilfe in der Scharnhorststraße geschlossen. Der Grund: Ein ehemaliges Vorstandsmitglied hatte behauptet, es habe finanzielle Unregelmäßigkeiten gegeben. Nun prüft das Niedersächsische Landesamt für Soziales, Jugend und Familie Unterlagen aus den Jahren 2010 und 2011. Für den Lüneburger Verein positHIV, der mit derselben Zielgruppe arbeitet, erschweren diese Vorwürfe die Spendensammlung.

"Als uns die Vorwürfe erreicht haben, haben wir sehr schnell reagiert und umgehend alle notwendigen Schritte eingeleitet", sagt Imke Schmieta. Sie ist die Geschäftsführerin des Landesverbands der Aids-Hilfen. Innerhalb einer Woche sei entschieden worden, dass ein externer Steuerberater die Bücher der Lüneburger Aids-Hilfe prüfen solle. Außerdem hat sich der größte Förderer der Aids-Hilfe Lüneburg, das Niedersächsische Landesamt für Soziales, Jugend und Familie eingeschaltet. Knapp 38 000 Euro erhält die Lüneburger Aidshilfe im Jahr von dort. Auch der Landkreis und das Landessozialamt haben laut Imke Schmieta offiziell Unterlagen angefordert. Die Buchprüfung findet in der übergeordneten Behörde, dem Landesamt in Hildesheim statt.

Bis das Ergebnis vorliegt, erhält der Verein auch keine Zuschüsse von der Stadt mehr. "Die im Haushalt 2011 für die Aids-Hilfe vorgesehenen 2000 Euro werden nicht ausgezahlt, bis die Untersuchung beendet und die Vorwürfe ausgeräumt sind", sagt Stadtsprecherin Frauke Noweck. Das habe der Sozial- und Gesundheitsausschuss der Stadt beschlossen.

Wie lange die Buchprüfung dauern wird, sei bisher noch unklar, sagt Reiner Bucksch vom Landesamt für Soziales, Jugend und Familie. "Die Schließung des Aids-Hilfe-Büros hat nichts mit den gegen den Verein erhobenen Vorwürfen zu tun", so Bucksch. Während der Schließung wolle der Verein, laut Bucksch, seine Strukturen ändern und das Geschehen aufarbeiten. Nach seinen Informationen werde der 1. Juli als Tag der Wiedereröffnung angestrebt.

Für den Verein positHIV haben die Vorwürfe gegen die Aids-Hilfe bereits Auswirkungen. "Wir erhalten nur 750 Euro von der Stadt, ansonsten müssen wir unsere Arbeit über Spenden finanzieren", sagt Vorstandsmitglied Fred Jörke-Kunath. Die letzten Sammelaktionen seien nicht sehr erfolgreich gewesen. "Wir werden mit der Aids-Hilfe über einen Kamm geschoren. Viele glauben, wir seien derselbe Verein", sagt er, "die Leute wollen uns kein Geld mehr geben." Dabei seien die Lüneburger schon länger misstrauisch.

Bereits 2008 hatte der Verein "Kinder in Not" aus Bardowick monatelang Spenden in Lüneburg gesammelt. Dann war herausgekommen, dass die Verantwortlichen den größten Teil des gesammelten Geldes selbst behalten hatten. "Wegen solcher Vergehen haben wir enorme Probleme genug Geld zu sammeln, um unsere Ausgaben zu decken."

Der Verein positHIV hat sich vor zehn Jahren aus der Lüneburger Aids-Hilfe entwickelt. "Kurzzeitig bestand ein Verein im Verein. positHIV wollte noch stärker Prävention in der Gruppe der Hauptansteckungsgefährdeten leisten. Langfristig haben sich die Vereine dann auseinander entwickelt", sagt Jörke-Kunath. Seit zehn Jahren gibt es jetzt den Verein positHIV. Der Aufnahmeantrag beim Landesverband der Aids-Hilfen wurde abgelehnt. "Weil es ja schon eine Aids-Hilfe in Lüneburg gibt", glaubt Jörke-Kunath.

Imke Schmieta vom Landesverband der Aids-Hilfen widerspricht dem positHIV-Vorsitzenden. "Unser Förder-Etat ist begrenzt. Wir haben den Antrag mit dem Hinweis abgelehnt, dass die beiden Aids-Hilfen kooperieren sollen", so Schmieta.

Schon früher war die Lüneburger Aids-Hilfe dem Landesverband aufgefallen. Bis vor zwei Jahren hatten mit Bernd und Kristian Gerdsen Vater und Sohn im Vorstand gesessen. "Diese Konstellation war unglücklich", sagt Imke Schmieta: "Es entstand der Eindruck, dass der Vater den Sohn kontrolliert." Der Dachverband habe den Lüneburgern Hilfe angeboten. Bernd Gerdsen sei daraufhin zurückgetreten. Kristian Gerdsen bleibe jedoch als Geschäftführer im Amt. "Er soll dabei helfen, die Vorwürfe aufzuklären", sagt Schmieta. Der Vorstand der Lüneburger Aids-Hilfe werde jetzt neu gewählt. "Die Aidshilfe braucht einen Neuanfang. Sie muss ein Zeichen setzen", so die Geschäftsführerin des Landesverbandes.

Bis die Aids-Hilfe in der Scharnhorststraße wieder öffnet, können sich Ratsuchende an die bundesweite Telefonhotline 0180/331 94 11 oder an die Landes-Aidshilfe 0511/306 87 87 wenden. Außerdem gibt es ein Online-Beratungsangebot.

www.aidshilfe-beratung.de