Das Haus an der Frommestraße wird in Kürze abgerissen. Junge Leute vergrößern ihre Spielwiese bis auf die gesperrte Straße.

Lüneburg. Für die Bastionstraße nahe Ecke Frommestraße liegt nach Informationen der Lüneburger Rundschau ein neuer Bauantrag vor. Das umstrittene Neubauprojekt auf dem brach liegenden Grundstück ist damit offensichtlich beerdigt. Denn der Investor hat seinen ursprünglichen Antrag bis heute nicht wie angekündigt überarbeitet, sondern stattdessen ein reduziertes Projekt beantragt.

"Das Haus Nummer 2 soll in nächster Zeit abgetragen werden", sagte Stadtbaurätin Heike Gundermann auf Nachfrage der Rundschau. Vor dem unbewohnten, von jungen Leuten genutzten Grundstück ist die Straße zurzeit gesperrt, weil die Stadt zusätzliche Messungen in Auftrag gegeben hat. "Die Senkungsrate in dem Trichter nahe dem Tor und den Rissen in der Straße hat zugenommen. Daher wollen wir die Messreihen ohne Fahrzeugverkehr fortsetzen, um auszuschließen, dass der Verkehr etwas mit dem Fortschreiten der Senkungen zu tun hat", erklärte Heike Gundermann.

Das sogenannte Tor zur Unterwelt hat die Verwaltung wie berichtet absperren und untersuchen lassen. "Es gibt noch keinen genauen Plan, was damit geschieht", sagte Gundermann der Rundschau. "Wir denken großräumiger nach und entscheiden über das Tor, wenn wir wissen, was wir mit der Straße und dem Grundstück machen."

Klar ist: Der Eigentümer das Hauses Frommestraße 4, Jürgen Sallier, muss den von der Stadt jüngst geforderten Standsicherheitsnachweis nachbessern. Außerdem hat er nach Informationen der Rundschau Maßnahmen am Haus Bastionstraße 3 angekündigt.

Überdies liegt ein Bauantrag Salliers für ein Projekt neben diesem Gebäude vor. "Die Bearbeitung des Antrags wird länger dauern", sagte Gundermann der Rundschau. "Das Ergebnis ist offen. Die Erkenntnisse aus den Messungen lassen wir einfließen. Falls wir zu dem Schluss kommen, der Antrag ist genehmigungsfähig, werden wir sofort in die Bürgerinformation gehen."

Unterdessen hat sich die Szenerie der vergangenen Monate vom Grundstück auf die Straße ausgedehnt: Junge Leute nutzen die Sperrung des Asphalts für Autos und Fahrräder, indem sie den gesperrten Abschnitt als eine Art Open-Air-Wohnzimmer respektive Kleingarten mit politisch-philosophischem Hintergrund nutzen.

Auf dem Grundstück selbst stehen mittlerweile Zelte auf der Terrasse, auf dem Gehweg das Buffet eines alten Schranks, um Decken vor Feuchtigkeit zu schützen. Auf dem Pfosten der Gartentür sitzt ein Teddy vor einem Salatkopf und trägt eine Atemschutzmaske. "Senkungsgebiet ist kein Bauland", heißt es noch immer auf einem Transparent am Zaun, "Einsturz der Gesellschaft" werden per Kreideschrift die Risse im Asphalt genannt, und auch die Info-Tafel der Bürgerinitiative gegen das einst geplante Neubauprojekt steht wieder.

Der Investor und Eigentümer der Fläche hatte sich gegenüber der Rundschau bislang gnädig gegenüber den illegalen Grundstücksnutzern gezeigt. Gestern war er für eine aktuelle Stellungnahme nicht zu erreichen, da er sich auf Urlaubsreise befindet.

Jeden Tag einen kleinen Kurzurlaub machen derweil die jungen Leute - vielfach Studenten - in ihrer neu ausgedehnten Club-Zone: Ein Schallplattencover von "Heute geht's rund" - unter anderem mit Hits wie "Humbta-Tätätä", "Ein Prosit der Gemütlichkeit" und "Wir geh net ham" - hängt als Willkommensgruß zwischen zwei Absperrbaken. "Wir feiern hier jeden Tag ein Straßenfest", sagt Jens Markgraf. Er nennt sich selbst den "Gärtner", kommt jeden Tag her und sorgt mit anderen für eine bunte Atmosphäre. Kocht sich einen Chai Latte mit verlängertem Stromkabel und klönt mit Bekannten.

"Es ist toll, auch die Nachbarn stellen ungebrauchte Möbelstücke aus ihren Kellerräumen nach draußen", sagt er. "Plätze sind die atmenden Herzen einer Stadt, und das hier ist einer."