300 neue Wohnungen im “Ilmenau Garten“ an der Wittenberger Bahn geplant

Lüneburg. Lange krähte nach diesem Gelände kein Hahn - außer der, der zwischen Ilmenau und Bahngleisen, fast direkt unter der Friedrich-Ebert-Brücke, in einer Art Kleingarten lebt. Doch in den nächsten Jahren wird die Brache An der Wittenberger Bahn radikal ihr Gesicht verändern: Noch in diesem Jahr will der Inhaber der Fläche erste Verträge abschließen, um in dem neuen Quartier Wohnbebauung, Dienstleistung und Kleingewerbe anzusiedeln.

"Ilmenau Garten" mit dem Untertitel "Leben in der Lüneburger Mitte" heißt das Neubaugebiet in der Vermarktung, so hat es eine Werbeagentur in Auftrag des Flächeneigentümers ersonnen. Nach "Rosenkamp", "Hanse-Viertel" und "Speicherquartier" das vierte neue kleine Viertel mit wohl klingendem Namen. "Mit dem Ilmenaugarten entsteht ein fast neuer Stadtteil", sagte Harald Hempen gestern bei einer Pressekonferenz zur Präsentation der Pläne. Hempen ist der Regionalleiter der aurelis Real Estate GmbH & Co. KG, die bundesweit brach liegende Bahnflächen neuen Nutzungen zuführt.

Die vereinzelt noch auf dem Gelände ansässigen Kleingewerbe werden ab voraussichtlich 2013 entweder umziehen oder sich zwischenzeitlich andere Bleiben suchen müssen: Ein Kunstatelier sowie ein Sandwich-Laden liegen an der Ecke Altenbrückertorstraße, weiter hinten im Gelände finden sich das Lager eines Schrotthandels, ein An- und Verkauf für Autos sowie ein Bauwagen-Restaurator. Sämtliche Hallen und Häuser werden mittelfristig - mit Ausnahme der Videothek an der Ecke Altenbrückertorstraße - abgerissen. Mit den Mietern bestünden lediglich Zwischennutzungsverträge, sagte Hempel der Rundschau. "Ziel ist, die Mieter am Standort zu etablieren." Das bedeutet: Es werden Kündigungen ausgesprochen, die Mieter aber sollen möglichst auf dem Gelände bleiben: in den Neubauten. Aurelis wird acht Millionen Euro in die Fläche investieren, sagte Hempen. Als Eigentümer sorgt das Unternehmen für die Erschließung und die Infrastruktur, die übrige Bebauung übergibt aurelis an Investoren. Und deren Interesse habe die aurelis "positiv überrascht", so Hempen. Sowohl aus der Region als auch aus Hamburg kommen die Anrufe, "die Augen werden ganz stark auf dieses Gebiet gerichtet", sagte Hempen.

Ziel der aurelis ist, nach den Kommunalwahlen im September dieses Jahres die ersten Erschließungsverträge zu unterschreiben. Für November dieses Jahres wünscht sich aurelis den Satzungsbeschluss für den Bebauungsplan im Rat der Hansestadt. Dazu sagte Stadtsprecher Daniel Steinmeier der Rundschau: "Das ist der Wunsch von aurelis. Auch wir wollen das zügig abwickeln, aber auch sorgfältig." Im Januar 2012 dann will aurelis in die Vermarktung einsteigen, im Sommer könnten die ersten Baumaßnahmen starten. Um das Gelände besser erreichbar zu machen als bislang, wird eine neue Brücke über die Ilmenau gebaut, finanziell gefördert von der Europäischen Union. "Ohne sie wäre die Wirtschaftlichkeit nur sehr schlecht gegeben gewesen", sagte Hempen. Die neue Zufahrt soll von der Straße Friedrich-Ebert-Brücke - aus Richtung Innenstadt vor der eigentlichen Brücke - über die Ilmenau in das neue Gebiet führen. Die geplante Nutzung des Geländes entspreche den Anforderungen des Marktes voll und ganz, sagte der aurelis-Regionalleiter weiter. Er rechnet damit, das Gebiet in drei bis fünf Jahren komplett erschlossen und verkauft zu haben.

Von den 97 000 Quadratmetern Grundfläche werde ein Drittel für Grün und Erschließung genutzt, die übrigen zwei Drittel zur Bebauung mit rund 300 Wohneinheiten - zum Beispiel Studenten- und Seniorenwohnanlagen, außerdem Stadthäuser, Reihen- und Doppelhäuser, Büros, Handwerkerbetriebe und Dienstleistung, kein Einzelhandel.

An dem Wehr Höhe Schröders Garten entsteht ein sogenannter Wasserplatz: Die vorhandene Mauer wird aufgerissen, es entsteht ein öffentlicher Platz mit Blick auf die Ilmenau. Das Wehr selbst könnte die Stadt zu einem Fuß- und Radweg ertüchtigen. Und von der Wittenberger Bahn aus entsteht nach Wilschenbruch eine neue Anbindung für Autofahrer, Fußgänger und Radler. Alles wird anders auf der Fläche, das steht fest. Und so werden es zukünftig Investoren und potenzielle Käufer oder Mieter sein, die nach dem Gelände krähen - denn der Hahn unter der Brücke, auch der wird weichen müssen.