Die Gemeinde St. Dionys hat eine neue Pastorin. Daniela Jensen folgt auf Renald Morié

St. Dionys. Daniela Jensen hat ihren Platz gefunden. Selbstbewusst steht die junge Frau vor der Kirche von St. Dionys. Das schöne Gebäude ist nun ihr Arbeitsplatz. Daniela Jensen ist die neue Pastorin der Gemeinde. Für die 30-Jährige ist es die erste Stelle. Am zweiten Weihnachtsfeiertag des vergangenen Jahres wurde Pastor Renald Morié verabschiedet. Seitdem war die Pastorenstelle in der Gemeinde vakant. Mit 3150 Mitgliedern ist es eine ungewöhnlich große Gemeinde.

Ungewöhnlich groß und großzügig ist auch die Pfarrwohnung. Für Daniela Jensen und ihren Mann eine echte Verbesserung. Denn nun können sie sich endlich entfalten. Seit gut zwei Wochen ist die Pastorin zurück in Deutschland. Ein Jahr lang war sie als Auslandsvikarin in der deutschen Gemeinde in Kopenhagen tätig. Jetzt packen sie und ihr Mann die Umzugkartons aus, die während der vergangenen zwölf Monate über Deutschland verteilt waren. "Unsere winzige 40-Quadratmeter-Wohnung in Kopenhagen bot nur Platz für Wesentliches", sagt Jensen.

Fernweh verspürte die neue Pastorin schon häufiger. Während ihres Studiums verbrachte sie ein Auslandsjahr in Schweden. Studentenbegegnungen führten sie auch nach Russland und in die Ukraine. "Schon als Schülerin habe ich mich für Sprachen und andere Länder interessiert", sagt Jensen.

Wer gern reist, braucht eine feste Heimat. Die liegt für die junge Theologin in ihrem Glauben und der Kirchengemeinde ihrer Jugend in Hoheneggelsen, Landkreis Hildesheim. Dort hat sie ihr Interesse an Religion über die Jugendarbeit entdeckt. Schon früh hat sie sich in diesem Bereich ehrenamtlich engagiert. "Dabei habe ich sehr viel über mich selbst erfahren", sagt Daniela Jensen. Obendrein wuchs das Selbstbewusstsein.

Ausdrücklich betont die Pastorin, dass sie aus keiner kirchlich geprägten Familie stammt. "Ich wurde getauft und konfirmiert, wie es eben so üblich ist." Der Pastor ihrer Heimatgemeinde förderte ihr Interesse am Glauben. "Von ihm habe ich theologische Literatur bekommen. Die habe ich regelrecht gefressen", sagt Daniela Jensen.

So kommt es nicht von ungefähr, dass Jensen in ihrer neuen Gemeinde ausdrücklich einen Schwerpunkt in der Jugendarbeit setzen will. Dass ihr Vorgänger auf diesem Gebiet ebenfalls sehr aktiv war, freut die junge Frau besonders.

Sie erkennt darin auch zugleich eine der großen Herausforderungen für ihren Beruf: Glauben zu vermitteln. Eine erste Prüfung in diese Hinsicht hat sie schon durch das eigene, sechs Jahre dauernde Studium in Göttingen, Lund und Leipzig hinter sich gebracht. Denn so mancher Theologiestudent scheitert, weil er den eigenen Glauben durch die wissenschaftliche Auseinandersetzung damit verliert. "Es ist oft schwierig, die Balance zwischen Glauben und Studium zu finden. Doch kann das wissenschaftlich orientierte Studium gleichfalls zu einem neuen Verständnis des Glaubens führen, wie auch zu Veränderungen. Dabei wird zwar viel unseres kindlichen Glaubens zerstört. Doch geschieht das nicht auch im richtigen Leben? Der Glaube muss erwachsen werden", sagt Daniela Jensen überzeugt.

Als Beispiel nennt sie die Auseinandersetzung mit dem Alten Testament. Dort werden Begebenheiten beschrieben, die wissenschaftlich nicht nachvollziehbar sind. "Das greift aber meinen Glauben nicht an. Die Evolutionsbiologie kann zwar erklären, wie etwas ist, nicht aber warum. Die Bibel ist kein Biologiebuch, sondern zeichnet ein tieferes Bild von Welt, Mensch und Gott", sagt die Pastorin.

Daniela Jensen weiß um die vielfältige Arbeit, die sie in St. Dionys erwartet. Sicherlich, die Tätigkeit als Pastor kann besonders schön sein, weil sie immer mit Menschen zu tun hat und gerade in existenziellen Lebenssituationen gefragt ist. Doch angesichts der hohen und sehr uneinheitlichen Erwartungen an den Pastor, sei es eine "wichtige Fähigkeit, sich auch der eigenen Grenzen bewusst zu sein und gerade mit ihnen verantwortlich und überzeugend umzugehen", sagt Daniela Jensen. "Das Amt fordert auf der einen Seite die Fähigkeit zu leiten, auf der anderen, mit Menschen - seien sie haupt- neben- oder ehrenamtlich tätig - gut und konstruktiv zusammenzuarbeiten."

Viele ihrer Berufskollegen erkranken nach langen Berufsjahren am Burn-out-Syndrom. Mit Belastungen umzugehen, wird an der Uni nicht gelehrt. Das erfahren die angehenden Seelsorger frühestens im Anschluss an das Studium, während des Vikariats, der berufspraktischen Ausbildungsphase. Weil Jensen ahnt, was auf sie zukommt, hat sie sich Gedanken gemacht: "In der Pfarrwohnung komme ich schnell zur Ruhe und werde versuchen, meinen Tageslauf zu strukturieren." Keinesfalls dürfe ihr der Glaube zwischen Alltag und Seelsorge, Verkündigung und Unterricht verloren gehen. "Mit der Pflege des eigenen Glaubens muss man wachsam sein. Gerade weil ich mit meinem lebendigen Glauben meine Arbeit ausübe", sagt die junge Frau, die am Sonntag in St. Dionys in ihr Amt eingeführt wurde.