Nahrstedt ist für den Ausbau der LVA Echem. Grüne reden von Agrarfabrik und pochen auf Koalitionsvereinbarung

Echem. Lüneburgs Landrat Manfred Nahrstedt (SPD) steht im Kreuzfeuer der Kritik, weil er die Pläne der Landwirtschaftskammer Niedersachsen zum Ausbau der Lehr- und Versuchsanstalt (LVA) für Tierhaltung in Echem kürzlich als Vorzeigeprojekt bezeichnet hatte. Nicht nur der grüne Koalitionspartner im Kreistag ist empört darüber, dass der Landrat den Bau eines Stalls für 252 Sauen, 1600 Aufzuchtferkel und 1300 Mastschweine zwischen Echem und Scharnebeck befürwortet. Auch bei den Sozialdemokraten rumort es hörbar.

Die Vorsitzende der Bürgerinitiative (BI) gegen die LVA-Pläne in Echem, Angela Peters, ist nach eigenem Bekunden seit 40 Jahren SPD-Mitglied und denkt jetzt über den Parteiaustritt nach. "Ich weiß nicht, was ihn geritten hat. Der Landrat fällt der BI und der SPD vor Ort in den Rücken im Kampf gegen eine Agrarfabrik", sagt sie. Zudem könne es nicht sein, dass er seine persönliche Meinung als die der SPD öffentlich darstelle, so Peters weiter. "Als SPD-Mitglied verstehe ich nicht, dass der Landrat sich vor den Karren einer CDU geführten Landesregierung und Landwirtschaftskammer spannen lässt, die den Einstieg in die industrielle Landwirtschaft im Landkreis mit dem Ausbau der LVA erreichen will."

Es gehe um viel mehr als nur um den Erhalt der Arbeitsplätze bei der LVA, wie Nahrstedt argumentiert, so Peters. Der Landrat habe auch die Interessen der ortsansässigen Bauern zu vertreten, sagt sie. "Und denen droht eine staatlich geförderte Konkurrenz von der LVA, weil es bei den Ausbauplänen eben nicht nur um die Ausbildung geht, sondern auch darum, Geld mit dem Ferkelverkauf zu verdienen."

Nahrstedt hatte sich für die Pläne der Landwirtschaftskammer ausgesprochen, weil die LVA ein fester Bestandteil der Bildungsregion sei. "Wir leben in einer ländlich geprägten Region. Daher gehört auch gerade eine Landwirtschaftsschule mit der entsprechenden Ausstattung selbstverständlich dazu, nicht nur das Gymnasium oder die Berufsschule mit moderner Automatisierungstechnik", so Nahrstedt vor zwei Wochen in einer Pressemitteilung des Landkreises. Dass die Landwirtschaftskammer die LVA zu einem Aus- und Weiterbildungszentrum für ganz Niedersachsen ausbauen will, begrüße er daher ausdrücklich: "Hier werden 1500 junge Leute in Sachen Landwirtschaft ausgebildet."

Peters macht deutlich, dass die BI nicht generell gegen den LVA-Ausbau sei, sondern sie die Einrichtung vielmehr erhalten will. "Aber mit den vorliegenden Plänen werden junge Landwirte in die industrielle Landwirtschaft und Massentierhaltung gedrängt. Das wollen wir nicht. Und darüber hinaus schon gar nicht, dass eine Agrarfabrik steuerlich gefördert wird."

Für die grüne Kreistagsfraktion sagt Miriam Staudte aus Scharnebeck, dass die Aussagen des Landrates dem rot-grünen Gruppenvertrag widersprechen. "Darin ist festgeschrieben, dass wir gemeinsam mit der SPD gegen die Massentierhaltung im Landkreis sind", sagt sie. Die Grünen werden die ihr zufolge überdimensionierten Pläne der Landwirtschaftskammer nicht unterstützen. "Es handelt sich um eine Agrarfabrik, die für uns - anders, als es der Landrat sagt - kein Vorzeigeprojekt ist, sondern eine Anlage für Massentierhaltung in der konventionellen Landwirtschaft", so Staudte.

Die grüne Kreistagsfraktion erwartet von der Landwirtschaftskammer, dass sie die Ausbaupläne verändert, die Größe der Zuchtanlage erheblich zurückfährt. "Und dass zum Beispiel auch mehr Platz für die Tiere geschaffen wird, sie mehr Auslauf bekommen, auf Tierquälerei wie die Ferkelkastration ohne Betäubung verzichtet wird."

Staudte sagt, die Koalition im Kreistag sei nach den Aussagen des Landrates zwar nicht gefährdet, aber die SPD solle den Bürgern deutlich sagen, wofür sie steht. "Wir kritisieren die wenig eindeutige Haltung. Im Landtag werden von SPD-Abgeordneten große Reden für den Tierschutz gehalten. Aber hier bei uns ist der Landrat plötzlich für den Bau einer Agrarfabrik an der LVA."

Herbert Meyn ist umwelt- und agrarpolitischer Sprecher der SPD-Kreistagsfraktion. Er sagt, er stehe hinter der Haltung des Landrates, die LVA in Echem erhalten zu wollen. "Ihm geht es primär darum, dass die LVA im Landkreis als Teil der Bildungsregion bleibt. Denn sie hat in der Ausbildung inzwischen bundesweite Relevanz."

Dennoch gebe es bei dem gesamten Thema einen Beigeschmack, räumt Meyn ein. "Der höchst problematische Konflikt zwischen industrieller Landwirtschaft und landwirtschaftlicher Ausbildung lässt sich nicht auflösen." Deshalb müsse die Politik auf die Landwirtschaftskammer einwirken. "Sie soll ihre Pläne dahin gehend überprüfen, ob die Massentierhaltung in einem Ausbildungsbetrieb sinnvoll aufgehoben ist", fordert er.

Nach Auffassung des Sozialdemokraten entwirft die Kammer mit ihren derzeitigen Plänen kein "erstrebenswertes Bild" von der Landwirtschaft. Er setzt deshalb darauf, dass die Landwirtschaftskammer ihre Pläne noch einmal überarbeiten wird.