Sozialdemokraten aus Stadt und Landkreis Lüneburg stellen ihre Wahlprogramme zur öffentlichen Diskussion

Lüneburg. "Wir werden uns dafür stark machen, dass die Bürgerinteressen noch mehr in politische Entscheidungen einbezogen werden", steht in einer Mischung aus Schreib- und Druckschrift auf einem ovalen Zettel aus grünem Karton geschrieben. Die Botschaft dieser Notiz ist klar: Ein Lüneburger spricht sich stellvertretend für die mehr als 70 000 Einwohner der Hansestadt für Einflussmöglichkeiten aus, die über die Urnengänge für die Kommunalparlamente im Fünfjahresturnus hinausgehen.

Den Ort für seine Meinungsäußerung mit blauem Filzstift hat der anonyme Engagierte bewusst gewählt. Die Gliederungen der Sozialdemokraten in der Hansestadt und dem Landkreis Lüneburg hatten am Sonnabend ihre Programme für die Kommunalwahlen am 11. September dieses Jahres öffentlich zur Debatte gestellt. Etwa 50 politisch Interessierte nutzten die Gelegenheit, um im Gasthaus Krone mit SPD-Abgeordneten im Stadtrat beziehungsweise Kreistag zu diskutieren.

Für den 26-jährigen Lars Drebold aus Neetze war es zum Beispiel wichtig, seine Meinung zur geplanten Autobahn 39 kundzutun. Bei diesem Thema vertritt er ein pragmatisches "Ja, aber". Die ökologischen Nachteile des Straßenbaus sieht er durch die Entlastung vom Durchgangsverkehr auf der Bundesstraße 4 aufgewogen. "Die Laster sollten aus Melbeck herausgehalten werden", sagt er. "Und für den privaten Verkehr sollte es mehr Angebote mit Bus und Bahn geben." Ein anderer Besucher forderte auf seinem Zettel kurz und knapp einen "ICE-Halt in LG".

Dass sich die lokalen Abgeordneten für seine Ansichten zu Fragen der Kommunalpolitik interessieren, findet Drebold gut. "Es ist wichtig, dass die Bürger an den Prozessen beteiligt werden." Das gelte auch für die Gewichtung der einzelnen Themen in den Programmen der Parteien. Für den Lehramtsstudenten hat zum Beispiel die Schulpolitik Vorrang. Um diese Priorität auszudrücken, platzierte er an der entsprechenden Stellwand für jedes der neun Programmthemen einen runden Sticker.

Seit zwei Monaten können Interessierte auch im Internet an den Wahlprogrammen der SPD mitfeilen. Textbausteine stehen als Diskussionsgrundlage auf der Webseite der Partei. Über die Kommentarfunktion formulieren die Besucher online die Vorschläge der Programmkommission teilweise um. "Ergänzungen und Änderungsvorschläge zu unserem Entwurf sind willkommen", so Hiltrud Lotze, SPD-Vorsitzende in Lüneburg.

"Wir wollen unsere Ideen bekannt machen und neue Ideen sammeln", sagt Franz-Josef Kamp. Der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im Kreistag sieht seine Partei manchmal in einem "Elfenbeinturm" ohne hinreichenden Kontakt zu den Bürgern. Das Thema Verwaltungsfusion zum Beispiel interessiere zwar die Volksvertreter, das durch sie vertretene Volk aber nicht: "Die Menschen wollen, dass kommunale Dienste wie die Müllentsorgung gut funktionieren, egal welche Behörde dafür zuständig ist."

Nicole Ziemer sieht aber auch grundlegenden Verbesserungsbedarf bei der Kommunikation mit den Wählern. "Ein Bürger hat mich heute gefragt, was denn bitte schön 'Inklusion' bedeute", berichtet die SPD-Spitzenkandidatin für die Kreistagswahl im Bereich Lüneburg-Südstadt. In der bisherigen Form des Wahlprogramms wird der pädagogische Fachbegriff für den Unterricht bisheriger Sonderschüler in der Regelschule nicht erklärt, sondern lediglich mit dem weiteren Fremdwort "integrativ" beschrieben.

Beschlossen wird der endgültige Text des Kommunalwahlprogramms der Sozialdemokraten im Landkreis Lüneburg am Sonnabend, 9. April. Von 14 Uhr an findet ein Unterbezirksparteitag in der Mehrzweckhalle Wendisch Evern statt. Diese Veranstaltung ist zwar öffentlich. Ihre Stimme abgeben dürfen aber nur die Delegierten der elf SPD-Ortsvereine in der Region.