Die polizeiliche Kriminalstatistik für den Landkreis Lüneburg weist eine steigende Zahl von Gewalttaten junger Frauen aus.

Lüneburg. "Jugendgewalt ist nicht länger nur ein Phänomen unter jungen Männern", erklärt Steffen Grimme. Der Leiter des Zentralen Kriminaldienstes der Polizeiinspektion Lüneburg ist besorgt, dass eine steigende Zahl weiblicher Tatverdächtiger bei den Körperverletzungen zu registrieren ist. Insgesamt 1260 solcher Straftaten verzeichneten die Ordnungshüter im vorigen Jahr in der Stadt und dem Landkreis Lüneburg.

Grimme: "Anders als früher stellen wir auch vermehrt alkoholisierte Schlägerinnen fest." Von den 1157 aufgeklärten Fällen in seinem Zuständigkeitsbereich, bei denen ein Jugendlicher als Täter festgestellt wurde, war in 47,8 Prozent der Fälle ein Mädchen die Täterin. 2006 betrug die Frauenquote 35,2 Prozent. Ähnlich entwickelten sich die Zahlen für die 19- bis 21-Jährigen.

In der gestern präsentierten Polizeilichen Kriminalstatistik sind 354 Tatverdächtige unter 21 Jahren zu finden, die mutmaßlich eine Körperverletzung begangen haben. Doch gemessen an der Zahl aller Straftaten, gibt es im Bereich der Gewaltkriminalität gute Nachrichten. Das gilt insbesondere für das Stadtgebiet. In der Hansestadt Lüneburg ging die Kriminalität im Vorjahresvergleich um 6,65 Prozent zurück. Die Polizeistatistik weist hier 8611 Straftaten aus, das sind 613 weniger als im Jahr 2009. Landkreisweit verringerte sich die Fallzahl um 5,55 Prozent auf 12 981 Straftaten.

Bei mehr als der Hälfte aller Fälle wurde von der Polizei ein Tatverdächtiger gefasst. Die Aufklärungsquote im Landkreis Lüneburg ist von 54,3 auf 55,8 Prozent gestiegen. Genutzt habe den Ermittlern unter anderem der verstärkte Einsatz bei der Fahndung nach Fahrraddieben. Dadurch ist allein die Zahl entwendeter Drahtesel von 1125 im Jahr 2009 auf 940 gesunken. "Außerdem haben wir die Täter sofort durchsucht", sagt Grimme. "Denn die Aufklärung von Fahrraddiebstählen hat für uns eine Hebelfunktion für die Verfolgung von Rauschgiftkriminalität. Schließlich gelten die gestohlenen Fahrräder als die Währung bei der Beschaffung von Drogen."

Weitere Erfolge bei der Bekämpfung der Kinder- und Jugendkriminalität in der Region verspricht sich Hans-Jürgen Felgentreu vor allem von der Kooperation mit anderen Behörden wie den Ordnungs- und den Jugendämtern. Denn sie sind für die Konzessionen von Gaststätten und Diskotheken beziehungsweise die Betreuung potenzieller Straftäter zuständig.

Allein am Schulzentrum Oedeme habe die Zahl der Straftaten im Vorjahresvergleich um 30 Fälle auf 58 gesenkt werden können. Und dadurch, dass ein Serientäter aus der Graffiti-Szene verhaft wurde, konnte die Zahl der Sachbeschädigungen zurückgeführt werden. In der Stadt und dem Landkreis Lüneburg sank sie um 15,7 Prozent auf 1690.

"Der Nordosten von Niedersachsen ist so sicher wie nie zuvor", kommentiert Friedrich Niehörster den Rückgang der Straftaten. Der Präsident der Polizeidirektion Lüneburg, die für acht Landkreise im Süden Hamburgs verantwortlich ist, weiter: "Der spürbarste Rückgang ist bei Diebstählen zu bemerken", so Niehörster. Dieser erfreuliche Trend werde lediglich durch steigende Zahlen der Internetbetrügereien gebrochen. "Konventionelle Kriminalitätsphänomene verlagern sich aus der realen in die digitale Welt."

Statistisch gesehen, sei im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Lüneburg jedoch die Wahrscheinlichkeit gesunken, Opfer einer Straftat zu werden. "Bezogen auf 100 000 Einwohner wurden im Jahr 2010 nur 6751 Straftaten registriert, gegenüber 7347 im niedersächsischen Landesschnitt", sagt Polizeipräsident Niehörster. "Diese positive Entwicklung ist das Ergebnis der mit hoher Motivation und Engagement arbeitenden Polizisten."

Der für die Landkreise Lüneburg, Uelzen und Lüchow-Dannenberg zuständige Inspektionsleiter Felgentreu gibt indes zu bedenken: "Unsere Beamten sind durch Einsätze bei Demonstrationen rund um Gorleben eklatant gefordert." Das gelte nicht nur für die Zeit der Castor-Transporte, sondern ganzjährig. So waren die Beamten im Nachbarlandkreis erst gestern wieder bei einem Aufmarsch von rund zwei Dutzend Protestlern gefordert.